10. Dezember

8 4 4
                                    

Das Kind und ich sehen uns unseren Fund an. Zwischen den Altkleidercontainern stehen zwei riesige blaue Säcke, prall gefüllt mit etwas Weichem.

Ich stupse vorsichtig gegen das Plastik. Es knistert und ich spüre zwei Knöpfe an etwas weiches, rundes genäht. Aufmerksam sehe ich mich um. In der verschneiten Straße sind wir allein. Nur ein hungriges Eichhörnchen hat bei unserem Lärm innegehalten.

Ich reiße den Sack auf.

Ein Teddykopf mit Knopfaugen sieht mich an, sein restlicher Körper begraben von unzähligen weiteren Kuscheltieren. Das braune Fell ist leicht verfilzt, aber die Nähte sind intakt. Auch die anderen Plüschtiere, die mir entgegenquillen, sind in einem gebrauchten doch guten Zustand.

Ich jaule auf. Ein Schatz! Wie viele Kinder wünschen sich, auch nur eines dieser Kuscheltiere haben zu können?

Das Kind ist ebenso verblüfft wie ich. Für einen Moment steht es reglos vor meinem Loch, im nächsten schaut es sich noch einmal um und dann schleift es den zweiten Sack hinter die schneebeblätterte Hecke zwischen kahlen Bäumen.

Ich laufe ihm hinterher. All diese Kuscheltiere können wir sammeln und verschenken! So viele glückliche Gesichter auf einmal werde ich lange nicht mehr gesehen haben!

Im anderen Sack liegen Puppen, kleine Autos und andere Figuren. Wir plündern beide Säcke und verstreuen den Inhalt vor uns im Schnee. So viel weggeworfenes Spielzeug!

Eines nach dem anderen sortieren wir die Dinge. In den von mir aufgerissenen Sack kommt das, was wir nicht brauchen – leider das Meiste –, in den vom Kind aufgeknoteten legen wir, was heile, sauber und schön ist. Mit den Autos spielen wir selbst noch eine Weile, bevor wir sie in den Beutel für unsere Schätze geben.

In dem ganzen Gewirr packt das Kind ein Stoffspielzeug und hält es mir freudig strahlend hin. Ein alter, bärtiger Mann mit rotem Mantel, roter Mütze und einem braunen Sack zwinkert mir zu. Kind, was ist das?

Wir legen den unheimlichen Mann zur Seite neben seinen Hasen mit der roten Glöckchenschleife. Will das Kind den etwa aufheben?

Nach mehreren Stunden Arbeit ist unser Werk vollbracht: Das Kind zieht den deutlich schwereren Sack wieder zurück neben den Kleidercontainer und den leichteren knotet es zu, wirft ihn sich schwerfällig über die Schulter und sieht mich erwartungsvoll an.

Ja, auf geht's!

Das Kinderheim ist nicht weit von uns, aber wir brauchen trotzdem eine Weile, bis wir endlich vor der Eingangstür stehen und klingeln. Ein junger Mann, fast selbst noch ein Kind, öffnet uns und blickt vom Kind zu seinem Sack und schließlich zu mir.

Als das Kind ihm unseren Wunsch erklärt, lässt er uns ins Haus und begutachtet unsere Geschenke erst einmal selbst, bevor er uns in ein größeres Wohnzimmer begleitet und elf Kinder zusammenruft. Sobald wir vollzählig sind, setzen wir uns in einem Kreis auf den weichen Teppich. Das Kind hat unseren Sack vor sich gestellt und gemeinsam zeigen wir den Kindern, was zwei Geister ihnen mitgebracht haben.

Ein Geist im SchneeWhere stories live. Discover now