22. Dezember

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Mir ist kalt. Mir ist schlecht. Mir tut alles weh.

Sterbe ich jetzt?

Ich humpele wieder zum Stadtzentrum. Vielleicht gibt mir der Imbissbesitzer eine letzte warme Mahlzeit, bevor ich meine Augen für immer schließe. Vielleicht erlaubt er mir sogar, im Warmen zu sterben.

Aber ich breche noch lange vor seinem Imbiss zusammen. Besser so. Auf mich wartet ohnehin niemand mehr. Warum dann noch jemandem zur Last fallen?

Vor mir liegt ein in Plastik eingefasstes Bild. Mein Geist lacht, umarmt von einem herausgeschnittenen Mann und der grausamen Frau. Wird sich das Kind an mich erinnern, mich gar vermissen? Am Ende der Plastikeinfassung hängt ein silberner Ring. Er hält das Bild und zwei Schlüssel.

Na, sowas. Gehört das der Frau?

Ich krieche näher. Ja, es riecht tatsächlich nach der Frau.

Ob ich das Kind noch ein letztes Mal wiedersehen kann, wenn ich zu seinem Haus gehe? Jetzt kann mich die Frau mal. Ich bin eh bald weg.

Vorsichtig hebe ich den Ring auf und hinke in Richtung des Hauses meines Kindes. Mein Bein bewegt sich gar nicht mehr. Kann nicht auftreten, nicht belastet werden.

Und mir ist kalt. Die Welt vor meinen Augen dreht sich, während ich mich Schritt für Schritt durch den Schnee quäle. Ich werde es nie bis zu meinem Kind schaffen. Wo steht das Auto der Frau? Bis dorthin komme ich vielleicht noch.

Ich folge der Fährte. Der Geruch meines Kindes brennt mir in den Augen. Ich werde es nicht wieder sehen. Nur diese griesgrämige Frau. Vielleicht richtet sie dem Kind mein letztes Lebewohl aus.

An ihrem schwarzen Auto kauert sie, die Knie zu sich herangezogen, das Gesicht in ihnen und ihren Haaren vergruben, und weint. Ihre Fingerknöchel leuchten weiß, so sehr bohrt sie ihre Nägel in ihre Hose. Sie flucht, sie schluchzt, sie jammert. Alles das – nur schreit sie nicht.

Niemand sieht zu ihr, niemand hilft ihr. Die Menschen gehen an ihr vorbei.

Ich klimpere mit ihren Schlüsseln und lege sie in den Schnee, bevor ich zur Seite flüchte.

Nur knicken meine Beine ein. Ich verbiete mir einen Aufschrei, falle aber trotzdem in den Schnee, nur wenige Schritte neben dem Schlüsselbund.

Das Knirschen unter den Stiefeln der Frau kommt näher. Ich sehe hoch. Eine schwarze Silhouette steht über mir.

Das war's. Jetzt ist der Tod für mich gekommen.

Entfernt klingeln die Schlüssel. Kalte Hände nehmen mich auf.

Tust du mir noch einen letzten Gefallen, Frau? Sagst du meinem Kind, dass sein Geist im Schnee ihn ganz, ganz doll lieb hat? Dass ich meinen eigenen Geist vermisse und hoffe, dass es ihm gut geht?

Richtest du meinem Geist mein Lebewohl aus?

Ein Geist im SchneeTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang