14. Dezember

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Ich haste die Straßen entlang, an Autos und Menschen vorbei in die Innenstadt. Mein Weg ist so viel länger, seit ich am Stadtrand wohne.

Auf dem Weihnachtsmarkt ist der Trubel noch dichter geworden. Überall quetschen sich Menschen zwischen die Stände und lachen, singen, essen, trinken oder spielen die Spiele der Stände mit.

Bei so vielen Menschen sollte es nicht auffallen, wenn ich mich untermische.

Mein Geist hat gestrahlt, als es den Nachbarshund gesehen hatte und ist aufgeregt zu ihm hingelaufen, hat mit ihm gespielt, ihn gestreichelt. Ich möchte dem Kind auch eine Freude machen. So, wie es das für mich schon oft getan hat.

Die Kinderstände sind überfüllt mit Familien, die sich an Spielen mit spitzen Pfeilen oder aus einem Pult herausschnellenden Weihnachtselfen versuchen. Das kann ich nicht machen, aber ich habe eine andere Fähigkeit.

Ich bin klein. Und ich bin unsichtbar. Alles, was ich brauche, ist das richtige Geschenk.

An einem Stand schmettert ein Kind kleine Plastikringe auf grüne Elfen. Wahrscheinlich sollte es die Ringe zwar um die schlanken Figürchen werfen, aber zumindest einmal hat es das geschafft und darf sich nun ein Kuscheltier aus einer Ecke des Standes aussuchen.

Ich wähle den schwarzbraunen Hund mit hellbraunen Flecken. Nur, dass ich keine Ringe werfe.

Zwischen der Tür und der Rückwand des Standes zwänge ich mich in den Innenraum hinter das Pult. Von hier sehe ich noch viele weitere Kuscheltiere in Plastiknetzen versteckt. Jetzt muss ich nur noch den Hund suchen.

Ich wühle mich durch die vielen bunten Einhörner, Dinosaurier und Drachen, finde Mäuse, Autos, Schneemänner und was es nicht alles gibt. Erst ganz hinten berge ich den Hund, den ich suche. Inzwischen gekonnt reiße ich das Netz auf und angle mir mein Plüschtier.

Ich warte mit meinem Hund, bis neue Kunden den Betreiber ablenken. Dann husche ich ungesehen wie ein Geist ins Freie und mache mich auf den Weg nach Hause.

Nach Hause. Allein, diese Worte zu verwenden, ist immer noch so unwirklich. Als ob das alles nur ein schöner Traum ist, aus dem ich bald aufwache und wieder allein in einer Ecke liege; hoffend, dass mich niemand findet.

Aber wenn es schon nur ein Traum ist, kann ich ihn doch voll auskosten, um eine schöne Erinnerung bei mir zu behalten, wenn ich aufwache.

Zuhause – dieses wunderschöne Wort – warte ich, bis mein Geist nach mir sieht.

Heute Abend ist es nur mit einem der anderen Kinder bei mir, füllt mir mein Schälchen und redet mit mir. Als es eine Pause macht, hüpfte ich in mein Häuschen zurück und ziehe meinen Plüschhund hervor.

Meinem Kind klappt der Kiefer herunter und selbst das andere staunt, bis ihm fast die Augen ausfallen. Mein Geist nimmt das Tier in die Hände und betrachtet es von allen Seiten. Schließlich drückt es erst das Geschenk fest an sich, dann mich ganz vorsichtig.

Es ist das erste Mal, dass ein Mensch mich berührt und es keine Schläge sind.

Ein Geist im SchneeWhere stories live. Discover now