Kapitel 18 - James

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(Einige Zeit zuvor)

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(Einige Zeit zuvor)

Die Dunkelheit senkt sich langsam über die Stadt, als ich, wie angekündigt, vor ihrem Stadthaus ankomme. Heute habe ich meinem Fahrer freigegeben und bin daher alleine gefahren, wobei ich die einsame Autofahrt in vollen Zügen genossen habe. Die abendliche Atmosphäre auf den Straßen, durchzogen von Lichtern, die in der Dunkelheit funkeln, hat für mich einen ganz besonderen Reiz. Begleitet von klassischer Musik während meiner Fahrt wirkt es zusätzlich wie reiner Balsam für meine gestresste Seele.

Das Licht im Haus ist bereits eingeschaltet, also steige ich voller Vorfreude aus dem Auto und begebe mich zum Eingang, um höflich zu klingeln. Ganz im alten Gentleman Stil würde ich sie zu einem eleganten Abend abholen, sie bewundern und ihr sagen, wie wunderschön sie heute aussieht. Das würde sie jeden Tag von mir zu hören bekommen. Doch als ich mich der Tür nähere, höre ich dumpfe Schreie, die aus dem Inneren des Hauses dringen. Nach mehrmaligem Klingeln erfolgt keine Reaktion, und meine Sorgen um Agathea wachsen. Ich habe versprochen, auf sie Acht zu geben, sie zu beschützen. Die nächsten lauten Schreie, eindeutig aus ihrer zierlichen Kehle, lassen meine Entschlossenheit wachsen.

Ohne lange zu überlegen, entscheide ich mich, gleich meine Pistole zu ziehen und auf das Schloss zu schießen. Ein kräftiger Tritt würde folgen, um einzubrechen. Doch bevor ich meine Waffe ziehen kann, öffnet sich unerwartet die dunkle Holztür.

Auf dem Weg hierher konnte ich noch nicht erahnen, welches Desaster mich im Haus erwarten würde ...

(Gegenwart)

„Ich wollte das nicht", schluchzt sie verzweifelt, ihre Stimme gebrochen vom Weinen. Sie sitzt auf dem Boden vor Alastors bewusstlosem Körper und hält seinen verwundeten Kopf auf ihrem Schoß. Ich stehe neben ihr, bewahre gekonnt die innere Ruhe und analysiere die Szenerie vor meinen Augen: Es tritt ein wenig Blut aus seiner Wunde hervor, doch es scheint keine lebensbedrohliche Verletzung zu sein.

„Habe ich ihn umgebracht?", fragt sie, ihre Augen voller Angst und Zweifel auf mich gerichtet. Obwohl ich gerade dabei bin, meine Leute anzurufen, entscheide ich mich, mein Handy wegzustecken und mich zu ihr zu hocken. Am liebsten würde ich ihren zerbrechlichen Körper zu mir ziehen und sie in eine innige, warme Umarmung schmiegen. Bei mir wäre sie vor ihren Dämonen sicher.

„Schh, ich weiß, dass du das nicht wolltest. Er lebt, alles wird gut", versuche ich zu beruhigen, meine Hand gutmütig auf ihre Schulter legend.

„Du weißt gar nichts!", bricht es plötzlich in einem Schrei aus ihr heraus, bevor ich sie in meine Arme ziehen kann. Ihre Verzweiflung entlädt sich in einem Ausbruch von Emotionen, und sie stößt mich von sich. Doch ihre Kraft reicht nicht aus, mich auch nur um Zentimeter zu bewegen. Ich beschließe, wieder aufzustehen und meine Leute zu rufen, es würde zu viel Zeit kosten, ihr alles zu erklären, auch wenn das schlechte Gewissen an mir nagt. Die Zeit ist einfach zu unpassend. Sie ist zu aufgelöst und muss zunächst zur Ruhe kommen. Alastor lebt noch und muss dringend medizinisch versorgt werden. Sie fängt erneut an bitterlich zu weinen, vergräbt ihren Kopf in seinen regungslosen Körper und es bricht mir innerlich mein versteinertes Herz, sie so zu sehen.

Nach kurzer Zeit treffen einige meiner Leute im Haus ein, gefolgt von einem äußerst diskreten Arzt. Während Alastor's Wunde noch vor Ort versorgt und das Haus aufgeräumt wird, bringe ich Agathea in einen ruhigeren Raum nebenan. Ich halte sie fest an mich gedrückt und streichele ihr beruhigend über die Haare, bis das Haus wieder vollkommen sauber und leer von dem ganzen Trubel ist. Dann kommt auch schon der Arzt auf uns zu und versichert, dass ihr Freund keine schwerwiegenden Verletzungen erlitten hat und ins Krankenhaus gebracht wird. Doch das tröstet Agathea kaum, sie ist immer noch völlig aufgelöst und möchte mich gar nicht mehr loslassen. Ich beschließe kurzerhand, sie zu mir zu nehmen. Sie braucht jetzt Unterstützung und jemanden, der für sie da ist. Ich kann sie so nicht alleine lassen.

~

In meinem Haus angekommen, bringe ich Agathea sofort in mein Schlafzimmer und lege sie behutsam auf das weiche Bett ab. Sie ist bereits im Auto eingeschlafen und hat daher gar nicht mitbekommen, dass wir zu mir gefahren sind. Ihr Atem ist ruhig, sie schlummert friedlich, aber ihr Gesichtsausdruck verrät eine tiefe Erschöpfung des langen Tages. 

Vorsichtig beginne ich, ihr die Kleidung abzustreifen, die noch von den blutigen Ereignissen des Abends gezeichnet ist und lasse sie in ihrer Unterwäsche ruhen. Jede Berührung mit ihrer geschmeidigen Haut ist ein Genuss, ein köstlicher Anblick, an dem ich mich niemals satt sehen könnte. Sie lässt es geschehen, ihr nackter Körper schlüpft beinahe widerstandslos unter die Bettdecke und ihr Kopf sinkt erschöpft in die Kissen.  Auf dem Nachttisch stelle ich vorsichtshalber ein Glas Wasser und eine Kopfschmerztablette für sie ab.

Ein Moment des Nachdenkens überkommt mich, während ich sie betrachte. Ich konnte es ihr nicht sagen. Die Wahrheit auf den Tisch zu legen und ihr zu erklären, welche Rolle ich in diesem verdorbenen Netzwerk spiele, war unmöglich an diesem Abend. Ich nehme mir vor, es ihr morgen früh zu gestehen. 

Schließlich lege ich mich zu ihr ins Bett. Ich streichle sanft über ihren Rücken, während sie allmählich in einen ruhigen Schlaf gleitet. Meine Nase vergrabe ich in ihrem Haar, atme tief den süßen Duft ein und lasse mich von ihrem Frieden und ihrer Nähe umhüllen.

Das Labyrinth der BefreiungWhere stories live. Discover now