Kapitel 21 - Dessert zum Frühstück

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(Gegenwart)

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(Gegenwart)

Frisch geduscht nehmen wir im Esszimmer an einem üppig gedeckten Frühstückstisch Platz, der groß genug für bis zu zwölf Personen ist. James sitzt am Kopfende. Doch ich befinde mich in seiner Nähe, seitlich an der Fensterfront, wo die warmen Sonnenstrahlen meinen Rücken kitzeln. Trotz der Größe des Hauses, in dem viele Menschen sein müssten, umgibt uns eine angenehme Stille beim Essen. Zumindest bis sein Handy auf dem Tisch anfängt zu vibrieren und er sich mit einem entschuldigenden Blick das Telefon ans Ohr hält, um den Anruf anzunehmen. Dann steht er auf und schlendert langsam zum Fenster am anderen Ende des Raums, vertieft ins Gespräch. Das heimliche Doppelleben bedeutet leider auch doppelte Arbeit für ihn.

Plötzlich tritt ein junges Mädchen durch die massiven Flügeltüren in den Raum. Ich hebe meinen Kopf und blicke sie überrascht an. Sie ist hübsch und jung, ein Tablett mit frisch geschnittenem Obst in ihren Händen tragend. Langsam und nahezu lautlos kommt sie auf mich zu und stellt den Teller auf dem Tisch ab. Ein zaghaftes, jedoch herzliches Lächeln schmückt ihre Lippen, nachdem sie mich erblickt.

"Danke", sage ich freundlich, allerdings sinken meine Mundwinkel, sobald sie sich umdreht und den Raum wieder verlässt. James bemerkt nichts davon, zu sehr auf seinen Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung konzentriert, während er aus dem Fenster schaut.

Ich erkenne frische Erdbeeren, genau wie ich es mir gewünscht hatte und er darauf bestand, mir diesen Wunsch zu erfüllen. Dennoch erreicht mich die Freude darüber nicht mehr, weil ich anfange, mich unwohl zu fühlen. Bisher war mir nicht bewusst, dass er hier weibliche Bedienstete hat - oder sind es womöglich gekaufte Sklavinnen? War seine Offenbarung in der vergangenen Nacht nur eine Täuschung, um mich endlich zu verführen? Kann ich ihm wirklich vertrauen?

Das Gefühl der Überforderung und leichte Eifersucht überrollt mich, wenn der Gedanke aufkommt, ob er mit ihr geschlafen haben könnte. Sie vielleicht ab und zu benutzt, wenn ihm die Lust danach ist und seine Bedürfnisse befriedigt werden wollen. Schließlich kenne ich den wahren James noch kaum.  Bei diesen verwirrenden Gedanken vergeht mir sofort der Appetit.

Er kommt zurück und setzt sich wieder an seinen Platz. Ich höre ein leises "Entschuldigung" in meine Richtung und dann das Schaben des Bestecks über seinem Teller, während er etwas durchschneidet. Ich vermeide es, ihm in die Augen zu sehen, aus Angst, darin zu erweichen. Stattdessen spiele ich gedankenverloren mit dem Essen auf meinem Teller herum und suche nach Ausreden, um schnellstmöglich von hier zu verschwinden. Ich muss zu Alastor. Ich muss sicherstellen, dass es ihm gut geht.

Eine Nacht mit James war alles, worauf ich gehofft hatte. Jetzt, da ich mein Gewissen beruhigt habe, kann ich meinen eigenen Weg weitergehen, auch wenn ich zugeben muss, dass ich seine Nähe vermissen werde, besonders die Intimität, die wir geteilt haben. Der Sex war unglaublich intensiv. Verdammt. Was ist nur los mit mir? Habe ich etwa schon Gefühle für ihn entwickelt?

James Augen haften an mir, doch ich traue mich kaum, zu ihm aufzusehen. Vielleicht ist seine fürsorgliche Art, für ihn ganz normal und ich habe mir in meiner eigenen euphorischen Gefühlswelt etwas eingebildet, mich zu sehr reingesteigert.

"Agathea?"

Seine Stimme durchbricht unerwartet die unangenehme Stille zwischen uns, fest und bestimmt. Ich ignoriere es, als hätte ich es in meinen Gedanken überhört. Bevor ich reagieren kann, steht er auf und kommt zu mir herüber. Er umfasst mein Kinn und hebt meinen Kopf an.

"Sieh mich an", fordert er sanft. Meine Augen treffen seine. Er sieht besorgt aus und ich frage mich, was in seinem Kopf vorgeht.

"Was ist auf einmal los mit dir?", fragt er, offensichtlich ähnlich verwirrt wie ich.

„Hast du sie gekauft?", frage ich vorsichtig. Mein Herz rast in meiner Brust. Ich habe Angst vor seiner Antwort.

Irritiert schaut er zwischen mir und den Erdbeeren hin und her.

"Die hübsche Bedienstete ...", helfe ich ihm auf die Sprünge.

„Du meinst Lola? Ja, aber ich ...", versucht er sich zu erklären, doch ich unterbreche ihn sofort mit der nächsten Frage.

„Fickst du sie?"

Er lässt mein Kinn los, geht wortlos zurück zu seinem Platz und setzt sich mit einem Schnauben hin, ohne den Blick von mir abzuwenden.

„Nein, das tue ich nicht, Agathea", erklärt er ruhig. „Sie ist die Schwester von Tommy. Der junge Mann, den ich dir als Geschenk auf Wunsch meiner Mutter anbieten sollte. Ich habe sie aus dem Handelsverkehr herausgezogen. Tommy bat mich um Hilfe, seine Schwester zu finden. Wir leben hier alle unter einem Dach, so wie du mit deinen Männern. Ich biete ihnen Schutz."

„Oh ...", murmele ich, meine Wangen vor Scham errötend. Im Gegensatz zu James habe ich sehr wohl mit einem meiner gekauften Männer geschlafen und beinahe sogar mit Alastor.

„B-Bist du jemals mit jemandem aus dem Netzwerk intim geworden, außer mir?", frage ich, diesmal mit einem sanften Lächeln. Ich möchte ihn nicht verärgern. Ich meine, ich bin selbst nicht besser, gestehe ich mir erneut ein. Aber ich möchte ihn einfach besser kennenlernen und sein Wesen verstehen. Seine Geschichte erfahren, verstehen, warum er so handelt, wie er handelt.

„Zu meinem 18. Geburtstag hat meine Mutter mir eine Sklavin geschenkt. Ich durfte mit ihr alles tun, wonach mir war, mich vollkommen ausleben. Es war mein erster direkter Kontakt mit ihrem Geschäft. Ich nehme an, sie wollte mich auf diese Weise näher an das Netzwerk heranführen, denn zuvor hatte sie versucht, mich so weit wie möglich davon fernzuhalten. Immerhin war ich ihr einziger Sohn, der einzige Erbe.  Aber zu ihrem Bedauern habe ich mich, das junge naive Ich, in das Mädchen verliebt ...", er macht eine Pause und zieht scharf Luft ein, als würde es ihm schwerfallen, weiterzureden.

„Was ist dann passiert?", frage ich mit neugierigen Augen.

Das Labyrinth der BefreiungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt