Regret

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Ray & Erik
Original Characters

Ray ist vor Kurzem in das Dorf gezogen, wo Erik wohnt und die beiden gehen zusammen zur Schule und haben sich angefreundet. Natürlich hat Ray einen kleinen Crush auf Erik entwickelt, aber Erik weiß davon nichts und die beiden sind dementsprechend noch nicht zusammen.

RAY
-he/him
-trans man
-17 years old

Erik
-he/him
-cis man
-17 years old

Wörter: 1101

Ray sah auf seine Füße herunter. Er hatte die Hände auf den Rand der kleinen Steinbrücke gestemmt und ließ seine Füße nach unten baumeln. Zu fallen wäre nicht schlimm. Vielleicht zwei Meter. Es würde wahrscheinlich wehtun, wenn er nicht auf den Füßen landen würde, da der Fluss unter ihnen nicht wirklich tief war. Aber es wäre nicht schlimm. Er würde nass werden. Sein Shirt würde durchsichtig werden und an ihm kleben und... Fuck.

Er lehnte sich zurück, griff seine Jacke und zog sie sich über. Er schloss den Reißverschluss nicht. Die Jacke würde sich nur komisch wellen und auch nicht helfen, seine Brust zu verstecken.

"Ist dir kalt?" fragte Erik ungläubig. Ray zuckte mit den Schultern.

Nein, ihm war nicht kalt. Im Gegenteil. Es waren knapp 30°C und er schwitzte jetzt schon. Er könnte die Wahrheit sagen. Erik wusste, dass er trans war. Aber das würde alles nur schlimmer machen.

Erik schien zu akzeptieren, dass er keine verbale Antwort bekommen würde. Er lehnte sich ein bisschen nach hinten und sah die Straße entlang. Die Brücke hatte kein Geländer oder etwas in der Art. Ray konnte sich zwar nicht vorstellen, dass das legal war, aber er konnte auch nicht wirklich etwas sagen. Er mochte die Brücke. Er konnte sich sogar auf ihr hinlegen.

Und Autos kamen hier eh nicht, also musste er sich nicht wirklich Sorgen darum machen, überfahren zu werden.

"Hund." sagte Erik und nickte in Richtung des Dorfes aus dem sie gekommen waren. Ray drehte den Kopf und sah in die gleiche Richtung. Ein alter Mann mit einem großen Wolfshund kam auf sie zugelaufen. Der Hund war an einer langen Leine, aber er schien sich eh nicht für die beiden zu interessieren.

Ray lächelte: "Der ist wirklich süß." "Er heißt Ralf." Geschockt drehte Ray sich in die andere Richtung, um Erik ansehen zu können: "Entschuldiggung?"

"Was? Bist du immer noch überrascht, dass ich die Menschen kenne? Ich dachte, du hast dich langsam daran gewöhnt."

Ray schüttelte den Kopf: "Es ist ein Mix aus dem Fakt, dass ich geschockt bin, dass du alle Leute und ihre Tiere kennst, und dem Fakt, dass der Hund Ralf heißt? Warum würde man das einem Hund antun?" Den letzten Teil flüsterte Ray nur, weil der alte Mann immer näher kam und er wirklich nicht wollte, dass sein erster Eindruck von dem neuen Stadtkind war, dass er seinen Hund beleidigte.

Erik lachte nur: "Alte Menschen machen das halt so."

"Alte Menschen haben ein Rad ab." seufzte Ray und lehnte sich nach hinten, bis er mit dem Rücken auf dem Boden lag. Die groben Steine, aus denen die Brücke gebaut war, drückten unangenehm gegen seinen Hinterkopf, aber noch bevor er sich Gedanken darum machen konnte, fiel sein Blick auf seine Brust. Auf seine ganz und gar nicht flache Brust. Trotz Binder.

Schnell setzte er sich wieder auf, zupfte an seinem Shirt, damit es nicht mehr an ihm klebte und zog die Jacke zusätzlich vor sich.

"Alles klar bei dir?" fragte Erik. Er zog seine Augenbrauen zusammen und wieder entstand diese steile Falte zwischen ihnen.

Ray atmete tief ein, dann atmete er mit so viel Druck durch seine Nase wieder aus, dass es schon fast ein Schnauben war.

"Ich schätze, das heißt Nein." stellte Erik fest. Er zog sein eines Bein hoch auf die Brücke, drehte sich ein bisschen, um den anderen besser ansehen zu können. "Was ist los mit dir?"

"Nichts." sagte Ray nur. Er lehnte sich wieder nach vorne und seine Schultern knackten unter dem Binder. Es war so laut, dass es ihn selbst erschreckte und er konnte im Augenwinkel sehen, wie Erik die Augenbrauen hochzog.

"Das klang nicht gut, Mann." "War nur mein Rücken." Ray zuckte mit den Schultern. Oder er versuchte es zumindest. Mit eingezogenem Kopf, abgestützten Händen und durchgedrückten Ellenbogen ging das gar nicht so einfach.

"Du bist wie ein Knicklicht." Ray drehte sich zu ihm um, zog seine Augenbrauen zweifelnd zusammen und drehte sich dann kopfschüttelnd wieder weg, um auf seine Füße zu starren.

"Komm schon, rede mit mir. Irgendwas stimmt nicht. Du bist so verdammt scheiße drauf heute." Erik gab Ray einen leichten Stoß gegen die Schulter, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen.

"Ich bereue so sehr es dir gesagt zu haben." erwiderte Ray bitter. Er starrte immer noch auf seine Schuhe. Die schwarzen Converse, die an den Seiten der Fußballen schon Risse im Gummi hatten. Deren Schnürsenkel nicht mehr weiß, sondern eher ein dreckiges Grau waren.

"Mir was gesagt zu haben?" Erik war offensichtlich verwirrt und er fragte so vorsichtig, dass Ray sich schon jetzt schlecht fühlte, überhaupt etwas gesagt zu haben.

"Dass ich trans bin. Ich hätte es dir nie sagen sollen."

"Was? Warum nicht? Habe ich etwas gemacht, was-" "Nein, aber jetzt weißt du es! Vorher hast du mich als Jungen gesehen! Du dachtest vielleicht, dass mein Gesicht zu feminin ist, aber du hast es nicht hinterfragt. Es war einfach so! Jetzt fällt dir alles auf. Mein zu weibliches Gesicht, meine Hüften, die Art, wie ich laufe, meine Brüste... Alles! Du wirst mich nie wieder als Junge sehen!"

Wütend raufte Ray sich die Haare. Er hasste, dass er angefangen hatte zu heulen. Er hasste, dass man es in seiner Stimme hörte. Er hasste, dass er alles, was er gesagt hatte, in diesem Moment nur bewies.

Kein Junge würde so reagieren. Kein echter Junge.

"Ray, ich..." "Was? Du siehst mich als Junge? Dir ist nichts aufgefallen, wobei du dir dachtest 'Oh ja, es fällt schon auf, dass sie eigentlich ein Mädchen ist.'?"

Ray wusste nicht, ob er sich selbst gerade bei den falschen Pronomen genannt hatte, weil er Eriks Gedanken immitierte oder weil er es einfach immer noch nicht schaffte, es für sich selbst richtig zu machen. Für sich selbst zu akzeptieren, dass er ein Junge war. Dass seine Pronomen und sein Name wirklich galten.

"Ray!" versuchte Erik es nochmal, aber Ray schüttelte nur den Kopf. "Spar es dir einfach. Ich würde dir eh nicht glauben."

"Du bist ein Arschloch." sagte Erik und stand auf, griff seinen Rucksack vom Boden und ging.

"Fuck..." seufzte Ray und schnippte einen Kieselstein von der Brücke. Er verlor ihn aus den Augen noch bevor er das Wasser traf.

"Sehr gut, Ray. Verlier den einzigen Freund, den du gerade hast." murmelte er zu sich selbst und zog sich die Kapuze über den Kopf.

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Was trauma a good way to first introduce them?
I don't know but I did it.

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LGBTQIA+ OneshotsWhere stories live. Discover now