4. Wenn Gedanken schwer wiegen

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»Wie viel Platz hätte ich wohl in meinem Kopf, wenn ich mich nicht ständig mit ihrem Partner vergleichen würde?«

Itachis Haupt schnappt hoch, als er registriert, dass er gar nicht alleine ist. Dass er stattdessen mit einer Freundin beim Ichiraku-Nudelshop isst und sich eigentlich verabredet hat.

(Dass er sich nach Langem mal wieder mit jemand anderem trifft als Shisui).

»Itachi? Du bist total unaufmerksam, und diesmal kannst du mir nicht sagen, dass deine Misu-Suppe dir so den Verstand raubt, weshalb du nicht mehr antwortest.«

Ablenkung! Das war doch dein Vorsatz, oder willst du den schon nach einem Monat über Bord werfen?

»Verzeih mir, Izumi. Vielleicht ein anderes Mal. Vielleicht bin ich da aufmerksamer.«

Ihre Züge werden weicher, während sie die Stäbchen zur Seite packt.

»Schon gut«, lächelt sie sanft. »Aber es wäre trotzdem schöner, wenn du richtig anwesend wärst. Das ist meine Bitte

Izumis Lächeln wird nicht kleiner. Itachi schlürft seine Nudeln weiter, während er bemerkt, dass ihr Blick ziemlich an ihm klebt.

Immer diese verschlingenden Augen.

»Izumi? Ich ...«

»Sie hat mich geküsst!«

Noch bevor Itachi seinen Satz richtig beantworten kann, platzt ihrer ihm zuvor.
Geküsst. Was?

»Was?«

Die Uchiha schüttelt grinsend ihren Kopf und wiegt ihr Gesicht leicht in ihren Händen. Das Grinsen auf ihren Lippen wird Itachi nie vergessen können. Wie sie da vor ihm sitzt, eigentlich ihre Suppe isst und trotzdem mit den Gedanken ganz woanders schwebt.

Der Laden duftet nach Essen. Aber ihre Sinne sind benebelt.

»Weißt du nicht mehr?«, beginnt Izumi benommen. »Ich habe dir doch schon öfter von ihr erzählt. Von dieser Person, die ich wirklich liebe.«

Von dieser Person, die ich wirklich liebe.

Und plötzlich ...

Dabei dachte ich immer, rote Rosen seien die einzigen Blumen, die für Liebe stehen.

»Itachi?«

Seine Gedanken sind schwer, sein Herz voll. Vielleicht wäre er schon längst an einem Genickbruch gestorben, weil sein Kopf abgeknickt wäre.

Zwischendrin immer derselbe Gedanke. Shisui Uchiha.

Kann jemand meine Gedanken bitte mit einem Feuer-Jutsu abfackeln? Ich halte das echt nicht mehr aus!

»Verzeih mir.«

Vorsätze? Pff. Brauche ich nicht! Ich scheitere schon an meinem, den ich mir vor fünf Jahren machte. 

»Itachi, geht es dir wirklich gut? Ich weiß, wir haben Winter, aber inn noch lange nicht überlebt. Schließlich beginnt der erst offiziell am 21. Dezember und endet nicht gleich nach Weihnachten, sondern zieht sich bis zum 20. März, aber trotzdem wirkst du blass. Vielleicht leidest du tatsächlich an Vitamin-D-Mangel?«

Mit ihren langen Wimpern klimpert sie vor sich hin und beäugt ihn.

»Mir geht es gut«, meint Itachi einfach heiser.

Sie atmet laut und erschöpft aus.

»Okay.«

Izumi gibt sich geschlagen.

Manchmal sollte man es bei einer Lüge belassen.

»Meine geistige Abwesenheit tut mir leid. Erzähl mir einfach deine Absichten von vorne.«

Leute rauschen an ihnen vorbei. Liebespaare und Familien und Kinder. Der Wind hat diese kalte Briese an sich, doch wenn Itachi sich ihr Lächeln anschaut, weiß er, dass es nicht gelogen war.

Izumi muss diese andere Frau wirklich lieben.

»Also, es begann dort, wo wir auf dieser Party waren. Es war eine kleine, ganz unschuldige, aber bei ihr ist nie etwas ganz unschuldig. Auf einmal fing sie an, sich zu drehen, mich mit, und wir waren auf der Tanzfläche umgeben von Leuten.«

Itachis Kopfkino dreht sich auch. Als könnte er die bunten Lichter auf seiner eigenen Haut spüren, sie überlaufen sehen.

»Und dann ...« Izumis Atem stockt. »Griff sie nach meinen Wangen, so zärtlich und berauschend, und küsste mich.«

Sie lebt ihre Hände an ihre linke Brust und wirft den Kopf in den Nacken. Bestimmt spürt sie auch diesen Moment noch mal. 

Die schönsten Momente hält man nie mit einer Kamera fest. Sie stecken tief im Herzen.

Itachi weiß das. Trotzdem verbrannte er alle Bilder, die er in Foto-Automaten machte.

»Am nächsten Tag schenkte sie mir eine rote Lilie. Rot ist total ihre Farbe! Alles Rote verbinde ich mit ihr. Mein Herz, Lilien, Erdbeeren. Und weißt du, wieso sie das tat? Sie wollte sich für den Kuss entschuldigen.«

Izumi rutscht ungeduldig auf dem Sitz herum, was der Clan-Erbe alles kritisch mit seinem Blick verfolgt.

»Ich glaube, ich habe mich wirklich in sie verliebt, Itachi ...«

Augen befüllt mit Herzen.

Zum ersten Mal sieht Itachi sie leuchten. Bei anderen. Bei ihr. Und es tut so gut, sie so zu sehen.

Langsam werden ihre Wangen rosa-rot. Es ist süß, was die Liebe mit einem macht. Itachi spürt die Hitze über den gesamten Tisch.

Entweder enteist Liebe den Winter oder sie verursacht ihn.

Indirekt beweist Izumi das dem Jungen. Dass die Liebe schön ist, zwar nicht perfekt, aber unperfekt ist auch schön. Und wenn du die richtige Person hast, ist alles am allerschönsten.

Dann ist Liebe anders.

Dann ist Liebe wie der Herzschlag des Universums: unendlich.

Erst recht bei Itachi und Shisui. Bei ihnen war Zeit immer unendlich. Sind sie zusammen, vergeht die Zeit nie in normaler Geschwindigkeit. Eher zeitlupenartig, wie festgehalten für die Ewigkeit.

Wieso denke ich so oft an ihn?

Am liebsten würde Itachi seine Stirn auf den Tisch knallen, danach seine Gedanken im Wasserbad ertränken und sein Herz in Schnee tauchen, damit es endlich abkühlt. Damit es endlich nicht mehr rast.

Verdrängt tut jeder Schmerz weniger weh. Aber was tut man, wenn das Herz rast, obwohl man sich nicht regt? Was tut man, wenn Gedanken schwer wiegen, sodass der Nacken bricht?

»Weißt du, das ist so komisch und kitschig und lächerlich, aber wenn sie bei mir ist, bleibt die Zeit stehen und alles andere wird egal. Verstehst du, was ich meine?«, posaunt Izumi ratlos drauf los.

»Ich verstehe.«

Das tut er wirklich. Verstehen. Von der Liebe.

Es war nie so, dass er nicht auch mal auf Wolken schwebte und nie wusste, was die Leute mit Schmetterlinge im Bauch meinen.

Auch wenn er nie weiß, wieso seine Freundin darüber ausgerechnet mit ihm spricht.

Auch wenn er nie genau weiß, von wem Izumi eigentlich die ganze Zeit schwärmt.

Roses Are Red Where stories live. Discover now