10. Wenn Schnee schmilzt

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»Da ich dich beim letzten Mal mit meiner Gedankenfrage bombardierte, bist du heute dran«, säuselt Izumi süß. 

Ihr Kinn hat sie auf ihren Händen gestützt, wobei ihre perfekt rot lackierten Nägel direkt ins Auge stechen. Auch ihre roten Kirschlippen fallen auf. Perfekt umrandet, ohne Abweichungen vom originalen Umriss. 

Beide sitzen in einem kleinen Café, das minimalistisch eingerichtet und klein ist. Genug, um sich bei Matcha-Tee zu verabreden, während an den Fensterscheiben Regentropfen um die Wette rennen. 

Wie Atomregen lassen die Tropfen den Schnee zu Matsch werden, der sich langsam, aber sicher auflöst. 

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass du nichts in deinem brillanten Verstand hast, das dich nachts nicht schlafen lässt.« 

Immer noch wartet Izumi auf eine Antwort. Der Regen peitscht laut gegen das Glas und dämmt ihre Stimme.

Sorry, ich habe deine Frage nicht verstanden. Der Regen ist so laut, dass ich dich leider nicht hörte. Würdest du das bitte noch mal wiederholen, damit ich mir in der Zeit eine gute Ausrede überlegen kann? 

Wohl eher nicht. 

»Itachi?« 

Er zwirbelt seinen Kopf vom Fenster zu ihr herum und blickt tief in ihre hellen Augen. 

»Wenn das nicht so deins ist, dann sag mir, wie’s dir geht.« 

Ihr Lächeln ist ehrlich. Itachi sieht das daran, wie ihre linken Mundwinkel ein kleines Grübchen bilden. Wie an ihren Augen diese winzigen Lachfalten liegen, über die sie sich im späteren Alter beklagen wird, nur um teure Produkte zu kaufen, damit ihre Haut wieder so glatt und ebenmäßig wie mit 20 glänzt. 

»Mir geht es gut.« 

Itachi geht es gut. Wirklich, wirklich gut. Das ist, pauschal gesagt, nicht mal gelogen. 

»Das freut mich.« Sie trinkt einen Schluck ihres Heißgetränks. »Warte, ich muss dir was erzählen! Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, ob es dich dermaßen interessiert, aber, da ich seit Beginn die Gesprächsthemen angebe, nehme ich mal vorsichtig an, es stört dich nicht.« 

Er nickt schwach und lauscht ihrer Stimme, während um sie herum Bestellungen aufgenommen und Stühle über den Boden gekratzt werden. 

Konoha schläft nie. 
Und heute ist ein Tag, wo es stimmt. 

»Ich habe dir doch vor Kurzem erzählt, dass es da diese Person gibt, nicht wahr?« 

Mit einem breiten Grinsen schluckt sie. Izumis braunen Bambi-Augen weiten sich wie ein Sternenmeer. 

»Sie hat mir den süßesten Liebesbrief geschrieben, den man sich nur vorstellen kann. Das ist so unser Ding, dieses Briefschreiben. Das machen wir schon seit Jahren, aber dieser war anders. Da steckten neue Gefühle drinnen, die wir beide immer geheim hielten.« 

Mit ihren Händen fuchtelt sie willkürlich in der Luft umher. Ohne Sinn, ohne Orientierung. Als würden ihr alle Worte fehlen. Genau dann, als sie alles sagen will. 

»Sie hat sich nach meinem Wohlergehen erkundet und mir Komplimente gemacht. Mir ist klar, dass wir dieses rosa-rote Gefühl nur am Anfang vom Verliebtsein fühlen, bis es zur richtigen Liebe wird, aber …« 

Izumi schnappt nach Luft. Ihre Worte schweben in der Luft, sind zu schwer zu greifen, aber eigentlich so verdammt nah, doch dann … 

»Was hätte Liebe für einen Sinn, wenn wir sie nicht zu riskieren wagen?« 

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