»17« Chloe

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Lorenzo
Amerika, Chicago

Wir standen nun vor der Tür ihres Zimmers.
„Sie ist immer noch sehr traumatisiert", sagte Carlos und blickte mich warnend an.
„Lorenzo, du musst nicht nach ihr sehen.
Es wäre besser, wenn wir uns zuerst um den blutigen Part kümmern würden."

Ein leises Knurren entrang sich meiner Kehle, als meine Hand den Türgriff umklammerte.
„Warte hier", befahl ich Carlos mit einem bestimmten Unterton, während ich die Tür langsam öffnete. Sein Mund öffnete sich, um etwas zu sagen, aber mein Blick brachte ihn zum Schweigen.
Ich wollte nichts hören.
Wenn ich jetzt nach ihr sehen möchte, tue ich das auch.

Als ich schließlich die Tür öffnete, schweiften meine Augen durch das Zimmer. Es war klein und passte nicht zum restlichen Ambiente des Clubs. Während der Club luxuriös gestaltet war, wirkte das Zimmer eher veraltet.

Im Raum befanden sich lediglich ein Bett, ein Schrank und ein Schminktisch – nicht mehr. Sowohl die Wände als auch die Möbel sahen abgenutzt aus und strahlten keine Eleganz aus, wie der Rest des Clubs es tat.

Mein Blick blieb an dem zierlichen blondhaarigen Mädchen haften. Offensichtlich hatte sie nicht bemerkt, dass ich im Türrahmen stand, da sie konzentriert auf ihre zwei geöffneten Hände starrte. Ich schloss die Tür hinter mir, und das Knirschen ließ sie zu mir aufblicken. In dem Moment, als sich unsere Blicke trafen und ich ihr Gesicht sah, wusste ich sofort, wer vor mir saß.

Chloe. Chloe Durand.

Sie war Französin, vor einem Jahr hatte ich sie hierher gebracht. Ich führte Geschäfte in Frankreich und hatte sie zufällig in einer Bar kennengelernt.
Sie gestand mir, dass sie auf der Straße als Prostituierte arbeitete und da sie keineswegs hässlich war, bot ich ihr an, für mich zu arbeiten, wo sie Unterkunft und Verpflegung erhalten würde.
Seitdem ist viel passiert, und nun arbeitet sie schon seit einem Jahr für mich.

Als ich ihr Gesicht musterte, konnte ich sehen, wie angeschwollen ihre blauen Augen waren, und auch die tiefen Augenringe waren unübersehbar. Ihre blonden Haare wirkten ungekämmt, und ihr Outfit hatte sie von sexy Unterwäsche auf ein langes, weites T-Shirt-Kleid umgetauscht.

Ihre blauen Augen musterten mich, bis sie mich überraschend ansahen. „Was machen Sie hier?"
Ihr französischer Akzent war immer noch deutlich erkennbar.
Ich bewegte mich langsam auf sie zu, blieb jedoch vor ihrem Bett stehen.
Ich wusste nicht, ob sie sich wohl fühlen würde, wenn ich jetzt näher an sie herantrat.
„Carlos hat mir alles erzählt. Ich wollte nach dir sehen", erwiderte ich und versuchte dabei sanft zu klingen.

Chloe wich beschämt meinem Blick aus. Ich beobachtete, wie ihr zierlicher Körper anfing zu zittern und ihre Hände sich fest an ihrem T-Shirt klammerten. In diesem Moment weckte ihre Angst eine unkontrollierbare Wut in mir.
Ich bin wütend.
Wütend auf Carlos. Wütend auf meine Männer.
Ich will diesen Kerl einfach nur tot sehen.

Ich stellte mich vor ihr und blickte auf sie hinunter.
„Ich habe dir Sicherheit und Loyalität versprochen. Ich werde ihn mit meinen eigenen Händen töten, Chloe", sagte ich entschlossen.
Ich hielt inne und beobachtete, wie sie ihr Gesicht in ihren Händen verbarg und schluchzte. Ein Gefühl von Wut durchflutete meine Muskeln, und meine Hände ballten sich zu Fäusten.
Entschlossen nahm ich ihr Kinn fest in meine Hand und hob es sanft an, sodass sie mich mit ihren angeschwollenen Augen ansehen musste.

„Ich gebe dir mein Wort", sagte ich mit einer gefährlichen und bedrohlichen Stimme.
Mein Ausdruck war finster und leer. Jedoch war jedes Wort, das ich sagte, ernst gemeint.
Der Typ hat sich mit den Falschen angelegt.

Chloe zwang sich zu einem leichten Lächeln, während ihre Tränen runter liefen.
„Ich werde gehen, Mr. de Santis", erwiderte sie stotternd.
Ich blickte sie verwundert an und lockerte daraufhin meinen Griff um ihr Kinn. „Du willst aufhören?"
Ich blieb zwar ruhig, doch mein Kiefer spannte sich vor Aufregung an.

Chloe nickte langsam.
„Ich gehe zurück nach Frankreich, in meine Heimat. Dort habe ich eine Freundin, bei der ich vorübergehend wohnen kann", erklärte sie, während sie mir mit ihren glasigen Augen tief in die Augen sah.
„Bitte. Erlauben Sie mir zu gehen", flehte sie mich an, und erneut verließ eine Träne ihr Auge, was mich zum nachdenken brachte.

Ich verengte meine Augen und dachte intensiv nach. Es war keine leichte Entscheidung. Chloe gehörte zu den beliebtesten bei den Kunden, und ihr Verlust würde sich deutlich bemerkbar machen. Ich blickte hinunter zu ihr und musterte sie.
Chloe saß immer noch auf ihr Bett, mit ihrem kurzen T-Shirt-Kleid und mit ihren zerzausten blonden Haaren. Ihre Haut wirkte blass, ihre Augen rot und geschwollen. Sie sah gebrochen aus.

Ich blieb realistisch und erkannte, dass sie tatsächlich nicht mehr in der Lage war, weiter für mich zu arbeiten.
Ich musste der Realität ins Auge sehen.

„Du wirst höchstpersönlich von meinem Privatjet nach Frankreich gebracht. Zwei meiner Männer werden dich begleiten und sicherstellen, dass unterwegs nichts passiert", entschied ich bestimmt und lockerte daraufhin meinen Griff um ihren Kinn.

Merci, Mr. de Santis."
Sie bedankte sich und lächelte mich gekonnt an.
Prends soin de toi." Pass auf dich auf.
Mit diesen Worten löste ich mich von ihr und verließ das Zimmer.

Daraufhin traf ich auf einen ungeduldigen Carlos.
„Endlich. Wieso hat das so lange gedauert?" fragte er und sah mich neugierig an.

„Organisiere zwei Männer, die Chloe begleiten werden, und ruf John an. Er muss sie nach Frankreich fliegen", sagte ich bestimmend und blickte ihn kühl an. Carlos schnaubte genervt und griff nach seinem Handy.

Auf dem Weg zu meinem Auto, gefolgt von dem telefonierenden Carlos, fasste ich meinen Entschluss. Jetzt, da das geklärt ist, kommen wir zum zweiten Schritt. Töten.

Lorenzo de Santis | Dark RomanceNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ