29 - Camilla

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"Katharina aus Irland kommt zu Besuch!", begrüßte mich Cedric, als ich heute Morgen in den Stall gefahren kam. Das war doch mal eine wirklich erfreuliche Nachricht.
"Wann kommt sie denn?"
"In zwei Wochen. Und dann bleibt sie auch für zwei Wochen.", erklärte er mir und nahm mich erst einmal in den Arm, so wie wir das immer machten wenn wir uns eine Nacht lang nicht gesehen hatten. So kalt wie es an diesem Sonntagmorgen war, genoss ich die Umarmung um so mehr. Hätte ich gewusst das es für längere Zeit die letzte war, hätte ich ihn glaube ich erstmal nicht los gelassen.

"Sehr schön, das freut mich.", antwortete ich ihm und lief mit ihm zusammen zum Stall. Dort erwartete uns Linda mit einem Mädchen, welches so unglaublich hübsch war,dass man ne ihrem Anblick fast schon geblendet wurde. Cedric schien das genauso zu sehen, denn er konnte seine Augen nicht von ihr lassen. Und sie offensichtlich nicht von ihm.

Hör auf sie anzustarren! Versuchte ich ihn zu beschwören, doch es half nichts.
"Das ihr lieben, ist Camila, sie ist praktisch meine Stiefschwester.", stellte uns Linda das Mädchen, mit den langen Aschblonden Haaren, den perfekten Wangenknochen, den strahlend blauen Augen und dem charmanten Lächeln vor, dass die gerade meinem Freund zu warf.

Ich dachte nichts könnte Linda mit ihrer nervigen pieps Stimme topen, aber die Tatsache, dass sie jemanden abgeschleppt hatte die ziemlich viel Potential besaß mir meinen Freund auszuspannen machte mich noch wahnsinniger.
"C..c.. Cedric.", stellte er sich stotternder Weise vor und streckte ihr seine Hand hin. Bitte, bitte las das ganze nur ein schlechter Traum sein.
"Und du bist?", sie lächelte mich ebenfalls an und riss mich damit aus meinen Gedanken.
"Oh, Entschuldigung ich war so in meinen Gedanken, ich bin Nala.", stellte ich mich ebenfalls vor.
"Sehr gut, dann lass ich dich bei deinen neuen Freunden.", flötete Linda und verschwand wieder.

Nein, nimm sie wieder mit. Heute schien aber auch wirklich keiner auf meine Gedanken zu hören und dann hackte sie sich einfach bei ihm ein und verließ mit ihm den Putzplatz um zu den Boxen zu kommen. Laut räusperte ich mich, doch die beiden schien es nicht zu interessieren. Pff, sollten die doch machen was sie wollen. Trotzig schaute ich nach welches Pferd ich heute reiten durfte, klar, das blödste, das momentan hier auf dem Hof stand. Erst verliere ich meinen Freund, weil ich nicht hübsch genug bin und dann auch noch weil ich nicht reiten konnte, konnte denn der Tag noch schlimmer werden?

Er konnte es, zehn Minuten bevor ich auf Doodle, dem verrückten zu klein gebliebenen Westfalen stieg, bekam ich einen Anruf von Diana, dass Prinz sich vertreten hatte und nun lahm ging und nicht geritten werden konnte, die nächsten zwei Wochen. Ich versprach ihr, trotzdem die nächsten zwei Samstage zu kommen um mich um ihn zu kümmern.
"Ich bin im übrigen auch noch da!", stellte ich fest, nachdem mich die beiden beim putzen mehr oder weniger ignorierten.
"Jetzt unterbrich doch Camila nicht.", ermahnte mich Cedric. Wütend funkelte ich ihn an, konnte aber nichts sagen weil mir schon die Tränen in die Augen stiegen. So schnell es ging war Doodle gesattelt, getrenst und auf den Platz geführt. Sollte er es heute einmal probieren mich abzubocken, wäre ich auch nicht mehr nett zu ihm. Doodle schien meine Energie zu spüren, er wollte einmal im Galopp buckeln und sofort rammte ich ihm die Sporen an die Seite. Was mir im Nachhinein wieder leid tat, ich wollte ihn nicht bestrafen, das war auch überhaupt nicht meine Art, aber scheinbar hatte es geholfen, er machte nicht mal mehr den Ansatz eines Bucklers, er ließ sich dann auch fallen und ich konnte ihn toll arbeiten.

"Wow, seit wann kann der denn so gehen?" Seitdem ich sauer auf meinen Freund bin? Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Mr. Ashworth und seine Linda am Platz aufgetaucht waren, auch Cedric und Camila kamen angelaufen, bis die soweit waren, hatte ich ja schon fast ein Pferd komplett geritten.
"Er ist genial heute drauf!", strahlte ich die beiden an. Mr Ashworth nickte mir zu und damit wären wir schon wieder abgeschrieben, nun ging es um Camilas Reitkünste.

Wer hätte es gedacht, die hübsche Blondine konnte natürlich auch noch sehr gut reiten, zumindest auf Cedrics sehr gut geritten Spitzenpferd, auf das selbst ich nur einmal im Schritt drauf durfte. Da ich es nicht mehr weiter ertragen wollte, beschloss ich mit Doodle noch eine Schrittrunde zu machen. Kaum hatte ich den Hof verlassen, liefen meine Tränen unaufhaltsam über meine Wangen. Sie liefen und liefen und liefen. Das ich gar nicht mitbekam wie ein Traktor von vorne angerauscht kam, ich hatte Doodle am langen Zügel laufen lassen und als er erschrak machte er einen großen Satz auf die Seite mit einer 180 Grad Wendung, nichts wirklich tragisches, aber eben blöd wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Ehe ich mich versah, lag ich im Dreck.

Man sollte nie mit der Hand bremsen, das hatte ich heute gelernt. Denn obwohl sonst eigentlich ziemlich wenig weh tat, weil ich in einem weichen Acker gelandet war, schmerzte meine Hand so sehr, dass mir schwindlig wurde und ich mich nachdem ich aufgestanden war, gleich wieder hin setzen musste, weil es mir so schwindlig wurde. Doodle war natürlich schon nach Hause galoppiert. Mit der linken, also der ganzen Hand, zog ich mein Handy aus der Tasche und rief Cedric an. Der ging natürlich nicht ran. Also wählte ich Mr. Ashworth Nummer, der wenigstens beim zweiten klingeln gleich abnahm.

"Doodle müsste in wenigen Augenblicken angaloppiert kommen, ein Traktor kam uns entgegen und wir beide haben uns getrennt, nur dass Sie Bescheid wissen.", redete ich in das Telefon.
"Ist dir etwas passiert, wo bist du,sollen wir dich holen?" Seine Stimme klang besorgt. Ich erklärte ihm die Situation und kurze Zeit später kam Linda mit dem Auto, innerlich hatte ich gehofft, dass Cedric mich holen würde.

"Wir sollen gleich in ein Krankenhaus fahren, keine Widerrede!", eröffnete mir Linda in ihrer pieps Stimme.
"Kommt Cedric nicht mit?", fragte ich etwas enttäuscht.
"Nein meine Süße, der muss doch noch reiten." Erstens war ich nicht ihre Süße und zweitens wenn Cedric vom Pferd gefallen wäre, hätte ich alles stehen und liegen lassen, um sofort zu ihm zu kommen.
"Ach so.", so gut es ging versuchte ich meine Enttäuschung vor ihr zu verbergen und schaute aus dem Fenster.

Vier Stunden später kamen wir aus dem Krankenhaus wieder heraus mit dem Ergebnis einer gebrochenen Hand, beziehungsweise gehörte der gebrochne Teil schon zum Arm. Glücklicherweise ein glatter Bruch, der in sechs Wochen wieder verheilt sein sollte. So konnte ich gerade eben noch Moritz in Frankfurt führen. Zurück am Hof war von Cedric weit und breit keine Spur, es hieß, er zeigte Camila ein bisschen die nahe gelegene Stadt.

Meine Eltern hatte ich bereits im Krankenhaus angerufen, sie wussten also Bescheid und da Cedric ja verhindert war, fuhr mich Mr Ashworth nachhause.

Danke der Nachfrage, mir geht's beschissen!!! Schrieb ich Cedric am Abend per WhatsApp, nachdem er so gar nicht mal daran dachte nachzufragen, wie es mir ging. Es dauerte ein bisschen, dann antwortete er, es tut mir so leid Schatz,dass ich nicht vorbei kommen kann, aber ich schaffe es heute nicht mehr :(
Ich versteh schon, du hast besseres vor. Blondinen gehen eben vor Handbrüchen.
Bist du irgendwie sauer? Was ist los? Wow, er war gerade mal einen Tag mit einer Blondine unterwegs und schon dachte er wie eine.
NEIN!!!!!!, schreib ich darauf hin nur zurück und schmiss mein Handy in die nächste Ecke um erneut in Tränen auszubrechen.

Verliebt in einen SpringreiterWhere stories live. Discover now