30: Fremde und eigene Angelegenheiten

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Ich blickte Phil erstaunt an.
"Was hast du gerade gesagt?"
"Nur das dein Schuh auf ist. Du solltest ihn binden, bevor dein Schnürsenkel in Flammen aufgeht"
Nady, Miss In- Flammen- aufgehen höhstpersönlich, schien von dieser Ausrede nicht begeistert zu sein.
"Sag doch einfach einmal was du denkst, ohne einen Rückzieher zu machen! Wenn du meinst, dass Mia inmitten der mehrfarbenden Flammen schön ist, dann sag das doch! Meine Güte, es war ja auch beeindruckend..."
Sie blickte mich an.
"Du hast gebrannt. Aber auf eine wirklich, wirklich...schöne Art"
Alice legte den Kopf schief und runzelte die Stirn.
"Was? Das stimmt doch überhaupt nicht! Am Anfang, waren da zwar Flammen, aber dann sah es eher so aus, als schlängelte sich ein Wasserstrahl um sie. Als stündest du in einem Ozean"
"Wasser? Bunte Flammen?"
Phil zog die Augenbrauen hoch und grinste.
"Bin ich der Einzige, der da etwas ganz Anderes gesehen hat?"
"Es war auf jeden Fall bizarr", kommentiert Jake das Ganze und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich fragte mich unwillkürlich was er wohl gesehen hatte.

Kurz bevor wir die Lichtung verließen, zog Phil mich zur Seite. Die einzelne Lichtsstrahlen, die durch das dichte Blätterwerk fielen, ließen seine Haare golden glänzen und er roch immer noch nach dem neuen Duschgel.
"Was ist?"
Er räusperte sich.
"Vielleicht hat Nady Recht und ich sollte zu meiner Meinung stehen"
"Wie meinst du das?"
Phil schien einen Moment nachdenken zu müssen. Dann grinste er schief und mein Herz machte einen schnellen, schmerzhaften Satz nach vorne.
"Sagen wir es so, wenn ich mich zwischen dir und einem Lebensvorrat Pizza entscheiden könnte, würde ich wahrscheinlich dich nehmen"
Ich blinzelte ihn irritiert an und seine Wangen nahmen eine leichte rosa Färbung an, das freche Grinsen verschwand jedoch nicht. Nicht zum ersten Mal fiel mir auf, dass er ein wirklich attraktives Gesicht hatte. Hohe Wangenknochen, makante Züge... ich schüttelte den Kopf, um diese Gedanken los zu werden und war wiederholt froh, dass er keine Gedanken lesen konnte.
"Verstehe das bloss nicht falsch... Ich dachte nur, dass das einmal gesagt werden muss"
Und mit dieser kleinen, unlogischen Andeutung ließ er mich ganz allein im Wald stehen. Idiot.

"Das war unglaublich!"
Aidens Wangen waren immer noch gerötet, als wir Zuhause ankamen. Den Verband um sein Handgelenk hatte er wieder angelegt, wahrscheinlich wollte er nicht, dass Ruby sein Tattoo sah. Dabei mussten sie oder sein Vater theoretisch auch eines haben...
"Ja. Wirklich total unglaublich"
Jakes sarkastischer Unterton überraschte mich.
"Alles in Ordnung?"
Er zuckte mit den Schultern.
"Ich frage mich nur gerade... Egal. Es ist eigentlich nicht wichtig"
"Wenn es nicht wichtig wäre, würdest du nicht darüber nachdenken"
Er kniff die Augen zusammen.
"Selbst wenn es wichtig wäre, würde es dich nichts angehen, Bell"
"Vielleicht ja doch, Jacob"
Mein Adotivbruder verdrehte die braunen Augen.
"Gut. Ich habe gerade darüber nachgedacht, woher Aiden sein Tattoo haben könnte"
Ich erwartet jetzt eine längere Erklärung, vielleicht die ein oder andere Verschwörungstheorie, aber stattdessen blieb Jake ruhig, als sei alles gesagt.
Aiden schien das als eine Art Aufforderung zum Reden zu sehen.
"Ein Mädchen hat sie mir verpasst..."
"Lass mich raten", warf ich ein.
"Groß, langbeinig, dunklen Haare, blaue Augen?"
"Sie war ziemlich attraktiv"
"Elizabeth"
Jake spuckte den Namen aus, als sei er Gift.
"Kann sein... ich hab mir ihren Name nicht gemerkt"
Wir standen immer noch im Hausflur.
"Obwohl sie dir ein Tattoo beschafft hat? Das ist nicht gerade klug..."
"Was ich tue und was nicht ist meine Sache, Stuart"
"Nicht wenn es um so etwas geht. Irgendwann wirst du uns damit in Schwierigkeiten bringen"
"Womit?"
"Damit, dass du dich immer wieder in fremde Angelegenheiten einmischt"
Aiden strafte die Schulter und blickte Jake genau in die Augen.
"Auch wenn du es vielleicht nicht wahr haben willst, aber es ist jetzt auch meine Angelegenheit"
"Möglicherweise. Aber das gefällt mir nicht. Ganz und gar nicht"
Jake drehte sich um und machte einige Schritte auf die Treppe zu. Wahrscheinlich wollte er die ganze Diskussion beenden und in sein Zimmer gehen um... was-weiß-ich-was zu tun, doch Aiden war noch nicht fertig.
"Niemanden interessiert es, was du magst und was nicht!"
Jake lachte freudlos.
"Du wirst es noch bereuen, die Sache mit den Elementen herausgefunden zu haben. Ihr beide werdet das", fügte er mit einem Seitenblick auf mich hinzu. Dann stieg er die Treppe hoch in ließ uns im Flur stehen.

In meinem Magen breitete sich ein seltsames Gefühl aus. Es war offensichtlich, dass Jake wieder einmal mehr wusste, als alle Anderen. Und genauso offensichtlich war es, dass er wieder einmal niemand auch nur ein Sterbenswörtchen davon erzählte. Ich fragte mich langsam, ob er das mit Absicht tat. Vielleicht machte es ihm Spaß, irgendwelche gruseligen Sachen anzudeuten und seelenruhig dabei zu zuschauen, wie seine Freunde erst darüber grübelte und dann ins Messer liefen. Wahrscheinlich lachte er sich in seinem Zimmer über uns kaputt und malte eine Comic über Aidens Gesichtsausdrücke während der Unterhaltung. Das wäre auf seine seltsame Weise typische Jake.
Aiden blickte mich an.
"War das gerade eine Drohung?"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Bei Jake ist das immer schwer zu sagen"
Er sagte eine Weile nichts mehr und ich beschloss auch in mein Zimmer zu gehen und vielleicht noch etwas zu lesen, doch er hielt mich auf.
"Stimmt es?"
"Was?"
Aiden blickte mich an, als müsste ich eigentlich wissen, wovon er sprach, doch leider hatte ich absolut keine Ahnung.
"Aiden, was soll stimmen? Wovon redest du?"
"Jake. Stimmt es, dass er in die Zukunft sehen kann"
"Wenn er kein unglaublich guter Schauspieler mit einem unverschämten Glück ist, ja. Ich weiß, dass ergibt überhaupt keinen Sinn. Die Erde hat absolut nichts mit Zukunfsvorhersagen zu tun. Naja, ein bisschen Sinnlosigkeit muss auch erlaubt sein..."
"Eigentlich ist es gar nicht so abwegig. Die Erde steht in vielen Kulturen im Zusammenhang mit der Zukunft. In einigen Naturvölkern wurde die Erde sogar für Zukunfsvisionen angebetet..."
"Bist du dir sicher, dass du nicht doch Aidenpedia heißt?"
Er ließ sich nicht beirren.
"...und in der griechischen Mythologie gründet die Erdgöttin Gaia das Orakel von Delphi"
Mein Wissen über griechische Mythen war begrenzt bis nicht vorhanden (ich wusste es hatte irgendwas mit riesigen Statuen, weißem Marmor und sprechenden Tieren zu tun...), weshalb ich lieber nichts dazu sagte. Stattdessen nickte ich, als hätte Aiden meinen Horizont nachhaltig erweiterte.

Eigentlich waren das für einen Tag schon genug Erlebnisse gewesen. Aber das Schicksal hatte schon oft bewiesen, dass es mich einfach nicht in Ruhe lassen konnte. Andererseits war es zum Teil auch meine eigene Schuld: Ich hätte Roses Nachricht auch einfach löschen können, ohne sie zu lesen. Leider war ich dazu viel zu neugierig. Sie hatte mich während des Rituals schon einmal angeschrieben, diese Nachricht überflog ich jedoch nur einmal kurz. Viel interessanter war, was sir mir vor fünf Minuten geschrieben hatte.
"Schau aus dem Fenster"
"Wieso?"
"Weil es dein Leben retten könnte"
Auch wenn ich Rose gegenüber immer misstrauischer wurde, schielte ich aus dem Fenster. Die Sonne stand schon tief, die Straße, die von meinem Zimmer aus zu sehen war, war in tiefe Schatten gehüllt. Im ersten Moment verstand ich nicht, was Rose gemeint hatte, dann fiel mir eine rothaarige Gestalt auf, die von einem blauen Licht umgeben zu sein schien. Und auch wenn es eigentlich unmöglich war, meinte ich Alecs selbstgefälliges Lächeln von meinem Fenster aus zu sehen.

Danke fürs lesen ^^

Hat sich eure Meinung zu Aiden in den letzten Kapiteln eigentlich verändert? :)

Danke an Julssen02 für das süße Bild?

Im Zeichen der Elemente {Unüberarbeitete Fassung} Where stories live. Discover now