40: Rose

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Für einige Momente herrschte zwischen uns ein explosives Schweigen. Die Einzige, die nicht entsetzt, irritiert oder zumindest überrascht war, war Rose selbst. Die hatte die Arme vor der Brust verschränkt und blickte uns mit unergründlichen, grünen Augen an. Ihre braunen Haare fielen ihr wie ein Wasserfall auf ihre Schultern.
"Gut", brach ich schließlich das Schweigen.
"Du willst reden? Dann rede"
Rose lächelte.
"Das werde ich. Aber ohne, dass dein Lover zuhört"
Ich spürte, wie ich bei dieser Betitelung für Phil rot anlief.
Phil zog die Augenbrauen hoch.
"Von den Toten wiedererweckt zu werden, hat wohl deine Erinnerung gelöscht. Ich bin niemanden Lover. Und außerdem...", fügte er hinzu.
"...kannst du alles, was du ihr sagen willst, auch ins beiden sagen"
"Hach, wie süß"
Rose feixte.
"Das klingt ja, als wärt ihr schon so gut wie verheiratet"
Weder am Telefon, noch in den Nachrichten war sie wie das Miststück herübergekommen, das sie offensichtlich war.
Sie blickte auf ihre Hände und studierte ausgiebig ihre kurzen Fingernägel.
"Nein", entschied sie dann.
"Ich will nur mit Mia reden"
Sie machte eine Bewegung in Phils Richtung, als würde sie versuchen eine radioaktive Fliege zu verscheuchen. Für einige Momente dachte ich, sie hätte genau das getan, denn es passierte nichts Nennenswertes. Dann aber keuchte Phil. Er öffnete den Mund, anscheinend um etwas zu sagen, doch aus seinem Mund kam kein Wort, nur ein unidentifizierbarer Laut, wie von einem verwundeten Tier. Seine grauen Augen blickten Rose mit einem entsetzten Ausdruck an, einem, den ich von ihm nicht kannte.
"Was zum Geier bist du?"
Er hatte seine Stimme offenbar nicht verloren, jedoch klang er, als hätte er einen Karpfen quer im Hals stecken- als könnte er kaum atmen.
"Ein Schatten?"
Rose lächelte mitleidig, sie fühlte sich offensichtlich unglaublich überlegen.
"Ich bin viel mehr, als das"
Phils Gesicht schien rot anzulaufen. Er griff sich an die Kehle und sah sich panisch um, als könne er seinem eigenen Körper oder der Situation irgendwie entfliehen. Vielleicht versuchte er sogar zu Fliegen, schaffte es bloss nicht. Schlussendlich fiel er auf die Knie.
"Was machst du mir ihm?!"
Ich versuchte die aufkeimende Hysterie in meiner Stimme zu unterdrücken.
"Ich schwöre, wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst, dann kannst die Elemente gerne einmal von einer anderen Seite kennenlernen. Weder verbrennen, noch ertrinken ist angenehm und ich kann dir beides arrangieren, sogar parallel"
Phil schnappte immer noch nach Luft.
"Sei nicht so eine Spaßbremse. Hätte dein Freund sich einfach herausgehalten, wäre das alles nicht nötig gewesen"
Phil bekam immer noch keine Luft. Während er mit mit grauen Augen ansah, stand Rose über ihn, wie eine bösartige Göttin, die Menschen opfern konnte, noch bevor sie sich morgens einen Kaffee machte. Ich ballte die Hände zu Fäusten, die kurz darauf in helle Flammen aufgingen.
"Was willst du tun?"

Rose fuhr sich spielerisch durch die brünetten Haare. Das Ganze schien sie nicht anzustrengen, höhstens zu langweilen. Hass kochte in mir hoch.
"Willst du mich verbrennen? Glaubst du das wird irgendetwas ändern?"
Sie deutete auf Phil.
"Verbrenne mich und opfere ihn"
Sie streckte die Hände aus.
"Los, Mia! Mach schon!"
Das Feuer verebbte.
"Gut. Ich mache was du willst. Alles was du willst. Meinetwegen können wir alleine reden, ins Kino gehen oder eine Rockband gründen. Aber lass Phil daraus. Bitte"
"Du meinst ich soll ihm sein Element zurückgeben"
Meine Augen weiteten sich. Das hatte sie also getan.
"Du hast ihm... die Luft gestohlen? Wie zum Teufel..."
"Ich erkläre es dir. Wenn wir gleich reden werden. Alleine"

Sie schnippte mit den Fingern und Phil hustete. Er sog gierig die Luft ein und stand auf. Ein eiskalter Wind kam auf, trieb die Wolken über unseren Köpfen zusammen und zerstörte unsere Frisuren. Phils Augen waren ungewöhnlich dunkel.
"Hey...", versuchte ich ihn zu beruhigen.
"...es ist alles in Ordnung"
"Genau"
Rose legte mir eine Hand auf die Schulter.
"Ich und deine Freundin, haben noch viel zu besprechen. Viel, beidem du ganz sicher nicht dabei sein wirst"
Phil blickte ihr genau in die giftgrünen Augen.
"Denkst du, ich lasse sie mit dir alleine, geh nach Hause und sing dabei I believe I can fly?"
"Da deine Alternative ersticken ist, hast du wohl kaum eine Wahl"
Der Wind wurde stärker, wurde zu einem kleinen Sturm, der Steinchen um uns herum aufwirbelte und Blätter von den sich im Wind biegenden Bäumen riss.
"Ich bin auf deine kleinen Tricks vorbereitet, Rosalia. Und glaube mir, was die Luft und ihre Beherrschung angeht bin ich besser als du. Was auch immer du bist..."
"Darauf würde ich nicht wetten"
"Phil..."
Er blickte mich an.
"Es ist in Ordnung. Wirklich. Ich hab in meinem Leben schon mit genug Mistkerlen geredet, da werde ich das auch überleben"
"Aber..."
"Traust du mir das nicht zu?"
Das war wohl genau der einzige Satz, der Phil davon abhielt uns zu folgen. Seine Blicke in meinem Nacken verfolgten uns trotzdem noch ein ganzes Stück.

Ich weiß nicht genau, was ich erwartete hatte. Vielleicht ein heruntergekommendes Haus im Wald direkt vor einem Friedhof, indem man nachts aus Wölfe heulen hören konnte. Tatsächlich besaß Rose den Schlüssel für eine kleine Studentenwohnung, die nicht einmal weit von meinem Zuhause entfernt war. Unwillkürlich fragte ich mich, wie es möglich war, dass Rose zuvor niemanden aus ihrem früheren Leben begegnet war. Rose fuhr ein kleines, graues Auto, etwas, das mich daran erinnerte, dass sie ein paar Jahre älter war als ich. Sowohl an ihrem Rückspiegel, als auch an ihrem Schlüssel baumelte ein Anhänger. Es war eine kleine, schwarze Rose und ich fragte mich sofort in welchem Gothicladen sie die gekauft hatte.

"Jetzt guck nicht so schockiert"
Rose hatte die Tür zu ihrer Wohnung geöffnet.
"Was hast du erwartet? Einen schwarzen Altar? Ein Pentagram?"
Es war nicht die normale Einrichtung, die mich schockierte, sondern die Tatsache, dass Elizabeth uns bereits, mit einem Cocktailglas zwischen ihren schlanken Fingern erwartete. Sie hob es und nickte uns würdevoll zu. Rose ließ sich wie selbstverständlich neben sie auf die dunkelrote Couch fallen. Ich blieb jedoch mit verschränkte Armen in Türrahmen stehen.
"Was gibt es denn so wichtiges zu besprechen?"
Rose lächelte.
"Komm doch noch etwas näher"
Ich trat einen Schritt vor und sofort fiel die Tür ins Schloss. Ich hoffte einfach mal, dass das nur Zufall gewesen war.
"Reden also?"
Ich war mir inzwischen sicher, dass es hierbei nicht nur darum ging, aber man musste die Hoffnung ja nicht direkt begraben.
Rose und Elizabeth tauschten Blicke.
"Richtig. Reden"

Rose stand auf und strich sich die dunklen Haare zurück. In dieser einfachen, fast schon zufälligen Bewegung lag das absolute Vertrauen stets das zu bekommen was sie wollte, eine Selbstsicherheit, die jeden in ihrer Umgebung nur verunsichern konnte.
"Warum setzt du dich nicht?"
"Danke, ich stehe lieber"
Sie spitzte unzufrieden die Lippen, als sie bemerkte, dass sie offenbar doch nicht alles bekam, was sie wollte.
"Dann interessiert es dich nicht, wie ich Phil sein Element genommen habe?"
Ich zögerte kurz.
"Hast du mich deshalb hierhergebracht? Um darüber zu reden?"
"Über das und noch viel mehr. Ich habe vielleicht ungewöhnlich Fähigkeiten..."
"...deren Ursprung ziemlich beängstigend ist..."
"...aber du hast viel mehr"
Ich meinte in ihrer Stimme so etwas wie Sehnsucht oder Neid zu hören.
"Deine Fähigkeiten sind unglaublich. Ich könnte dir beibringen sie zu beherrschen, viel mehr daraus zu machen als Jake dir je beibringen könnte. Mit mir könntest du die Welt beherrschen"
Aha... Herzlich Willkommen in der Wohnung eines klassischen James Bond Schurken. Links sehen sie die hämisch grinsende Gehilfin- alias Elizabeth Spencer-, rechts sehen sie einen Schrank.

"Und wenn ich das gar nicht will..."
Rose seuftzte.
"Ich versuche gerade nett zu sein. Ich bin vielleicht nicht mächtiger, aber eindeutig besser trainiert als du. Das, was ich von dir als Gegenleistung erwartet hätte, bekomme ich so oder so?"
"Und was...?"
Sie lächelte und mein Blut schien in den Adern zu gefrieren.
"Dein Blut"

So... jetzt habe ich euch hoffentlich nicht verschreckt xD

Im Zeichen der Elemente {Unüberarbeitete Fassung} Where stories live. Discover now