Kapitel 6

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„Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?" Liv sah mich genervt an. Sie hatte mich von Zuhause zur Schule mitgenommen, weil das Wetter heute typisch Washington war. Seit ich in ihr Auto gestiegen war, hatte sie ununterbrochen auf mich eingeredet; irgendwann hatte ich abgeschaltet.

Mittlerweile standen wir schon auf dem Parkplatz der Schule. „Tut mir leid, Liv. Ich war in Gedanken", gab ich zu und sah meine beste Freundin entschuldigend an.

„Noah?", riet sie und strich mir tröstend über den Arm.

Ich nickte. Wir stiegen aus und die kuschelige Wärme von Livs Auto wich dem kalten Wind draußen. Unsere Haare klebten uns sofort – richtig filmreif – im Gesicht.

„Seine Launen machen mir Sorgen. Gestern Abend konnte ich ihn zum Glück mit seinem reparierten Motocross aufmuntern. Das hättest du sehen müssen, Liv – er war plötzlich wieder der Alte", schüttete ich mein Herz aus. Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. „Er hat mich sogar eine rothaarige Hexe genannt."

Olivia grinste. „Mit den Haaren und den grünen Augen erfüllst du aber auch wirklich das Klischee." Dann wurde sie ernst: „Er braucht eine Therapie, wenn du mich fragst."

Ich seufzte. „Ich weiß. Aber meine Eltern – du kennst sie doch. Was würden nur die Nachbarn denken?" Ich schlug mir gespielt geschockt die Hand vor den Mund.

Liv verdrehte grinsend die Augen.

„Ich hoffe, dass das Biken ihm hilft", meinte ich.

Wir waren inzwischen schon fast am Eingang; doch heute war etwas anders. Logans Gang stand vor der Treppe. Bei ihnen war ein Typ, den ich vorher noch nie in Forks gesehen hatte.

Liv dachte offenbar das Gleiche: „Meinst du, dass ist dieser Ian? Der sieht schon verdammt heiß aus", fügte sie hinzu.

Das einzige, was ich von ihrem morgendlichen Monolog mitbekommen hatte, war, dass sie sich endgültig von Matt getrennt hatte, weil er wieder einmal etwas mit einer anderen am Laufen gehabt hatte.

Ich fand schon immer, dass er ein dämlicher Idiot war.

Aber so wie es aussah, konnte sie sich bereits für einen Neuen interessieren.

Ich musterte den Typen genauer. Seine Haut war kalkweiß, was durch den Kontrast zu den dunklen Haaren zusätzlich betont wurde. Liv hatte Recht. Er sah wirklich verdammt gut aus. Sein Gesicht sah aus wie des eines griechischen Adonis.

Und trotzdem kam mir sein Aussehen irgendwoher bekannt vor.

Während wir an ihnen vorbeigingen, bemühte ich mich, Logan zu ignorieren. Mein Vorhaben wurde allerdings dadurch durchkreuzt, dass dieser mir entgegenrief: „Ava, können wir nachher reden?"

Ich blieb stehen und Liv sah mich eindringlich an.

Der fremde Typ ergriff das Wort, bevor ich etwas antworten konnte: „Du bist also Ava? Dann schätze ich, dass deine Freundin Olivia heißt." Er lächelte warm.

Ich nickte nur automatisch.

„Logan, du hast mir verschwiegen, dass deine Freundinnen solche Schönheiten sind", beschwerte er sich.

Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie Liv tatsächlich errötete. Ich stöhnte innerlich.

Ich ging nicht auf dieses Kommentar ein, sondern sagte schlicht: „Ja. Wir können nachher reden." Dann zog ich Liv hinter mir her.

„Mann, Ava! Der Typ war zum Anbeißen! Und nett war er auch. Wieso mussten wir denn gehen?", beschwerte sie sich, während hinter uns die Eingangstüre der Schule zufiel.

this is lycanthropy (Embry Call)Where stories live. Discover now