Kapitel 7

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Ich kam etwa gegen vier Uhr nach Hause, worüber ich meinem Stundenplan äußerst dankbar war. Ich hatte also noch vier Stunden Zeit bis ich nach La Push musste. Durfte. Das waren etwa zwei Stunden für mein Mitbringsel, ich hatte vor, Blaubeermuffins zu backen, und zwei Stunden, um mich fertig zu machen. Natürlich war es nicht mein Ziel, irgendeinen Schönheitspreis im Reservat zu gewinnen, aber ich plante eine großzügige Stunde für ein heißes Schaumbad ein.

Mum stand bereits in der Küche, als ich ihr dort Gesellschaft leistete. „Na, wie wars in der Schule?", begrüßte sie mich.

Wenn man meiner Mutter begegnete, würde man sie vermutlich nicht direkt mit mir in Verbindung bringen. Das lag vorwiegend auch daran, dass sie mir, genauso wie mein Vater, nicht wirklich ähnlich sah. Bei Noah war das anders, er hatte nämlich dieselben braunen Haare wie die beiden. Ich dagegen wirkte mit den roten Haaren auf Familienfotos immer fast wie eine Fremde.

Ich zuckte mit den Schultern. „Eigentlich wie immer."

Als ich die Zutaten für meine Muffins raussuchte, schenkte sie mir einen erstaunten Blick. „Du backst?"

„Ja. Blaubeermuffins. Ich bin heute noch in La Push eingeladen, wegen der Hausarbeit."

Meine Mutter nickte nur langsam. Wahrscheinlich hatte sie längst vergessen, dass ich eine Hausarbeit schreiben musste, geschweige denn, über was. Ich nahm es mir nicht zu Herzen, denn ich war es gewohnt. Seit Noahs Unfall war sie irgendwie... zerstreut.

Und Dad bekam ich kaum noch zu Gesicht, da er quasi auf der Arbeit wohnte. Ich wunderte mich also nicht, dass er nicht Zuhause war.

„Wann bist du wieder Zuhause?", fragte meine Mutter beiläufig.

„Ich weiß nicht." Das war die Wahrheit – ich hatte tatsächlich keine Ahnung, wie lange es heute Abend werden würde.

Wie lange brauchte man denn, um sich Stammeslegenden zu erzählen?

„Nur nicht so spät, Schatz. Morgen ist Schule." Sie klang nicht wirklich streng, was daran lag, dass meine Mum nie wirklich Regeln aufstellte. Mein Dad war da anders; aber da er ja kaum da war, hatte auch er kaum noch Autorität Zuhause. Ich kaufte ein, machte einen großen Teil vom Haushalt und kümmerte mich um Noah.

Meine Mutter verbarrikadierte sich im Keller und töpferte.

„Übrigens habe ich Noah zu einem Kurs angemeldet, bei dem er lernt, mit der Prothese umzugehen", sagte ich zu ihr, während ich das Mehl abwog. Ich wollte es nur mal gesagt haben, damit sie nicht allzu verwirrt war, wenn ich sie mal bat, ihn dorthin zu fahren. Und wenn sie sich wunderte, für was ihr Geld abgebucht wurde

„Ich dachte, er möchte sie nicht tragen", sagte sie ratlos.

„Ich hab ihn überreden können", erwiderte ich nur ausweichend. Wie ich ihn dazu gebracht hatte, musste sie ja nicht unbedingt wissen. „Ich hab dir die Kopie des Anmeldeformulars auf den Schreibtisch gelegt."

Sie nickte nur mechanisch und ging dann wieder Richtung Kellertür. Ich seufzte innerlich. Ich liebte meine Eltern, aber seit diesem Unfall konnte man mit ihnen fast nichts mehr anfangen.

Nachdem ich das Muffinblech schließlich in den Ofen geschoben hatte, beschloss ich, in der halben Stunde, die sie zum Backen brauchten, Noah auf die Nerven zu gehen.

Auch wenn mein Bruder fast nicht aus seinem Kabuff von einem Zimmer herauskam, war er es, der mich – abgesehen von Liv natürlich – mit dem neusten Klatsch und Tratsch vertraut machte. Er hatte ja den ganzen Tag Zeit, im Internet Facebookseiten zu stalken und Informationen aus Leuten herauszuquetschen, die eigentlich arbeiten sollten. Und auch seine restliche Zeit verbrachte er entweder vor dem PC oder seiner PlayStation.

this is lycanthropy (Embry Call)Where stories live. Discover now