Kapitel 16

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Ich musste mich ordentlich zusammenreißen, so eine betäubende Wirkung hatte er auf mich. Alles in mir wollte sich auf ihn konzentrieren. Doch ich versuchte, mein Gehirn noch halbwegs normal arbeiten zu lassen. „Ich muss Olivia Bescheid geben, sonst bringt sie mich um."

Embry nickte verständnisvoll. „Ich sollte den Jungs auch noch sagen, dass ich dich nach Hause bringe."

Wir gingen zurück zur Sporthalle - diesmal durfte ich sogar selbst laufen - und machten uns auf die Suche nach Liv, Jake und Quil, was sich in der vollen Halle als schwieriger herausstellte als gedacht. Ich spürte Embry dicht hinter mir, während ich so gut wie möglich versuchte mit meinem weiten Petticoat durch die Menge zu kommen. Ich bemühte mich, mich auf meinen Weg zu fokussieren und nicht auf Embrys warmen Körper, der durch die vielen Partybesucher an mich hin geschoben wurde.

Irgendwann sichtete ich jedoch Livs knallroten Petticoat. Bevor ich sie erreicht hatte, trat Logan mir in den Weg. „Ich hab dich gesucht", meinte er und schenkte mir eins seiner strahlenden Lächeln, die die Mädchen normalerweise zum Schmelzen brachten. Als er aber Embry hinter mir bemerkte, verschwand sein Lächeln und machte einem nicht deutbaren Gesichtsausdruck Platz.

„Oh, hi", sagte Logan perplex, „du gehst nicht auf unsere Schule, oder?"

So, wie Logan diese Frage stellte, war klar, dass er sie eigentlich nur rhetorisch meinte. Man sah Embry außerdem seine indianische Abstammung schon etwas an, weswegen klar war, dass er nicht in Forks auf die Highschool ging. Und außerdem: Wer fragte eine fremde Person zuerst nach der Schule statt dem Namen?

Embrys Stimme war relativ leise in dem Lauten Dröhnen der Musik, klang aber dennoch sicher und bestimmt. „Hey. Nein, ich gehe auf die Schule im Reservat."

Logan nickte knapp, um anzudeuten, dass er mit dieser Antwort - natürlich - schon gerechnet hatte. „Quileute also?", fragte er, wobei sich sein rechter Mundwinkel spöttisch nach oben hob - als wäre Embrys Abstammung ein schwerer Makel.

Anscheinend bemerkte Embry diesen Unterton auch, denn er nickte nur langsam. Diese Situation irritierte mich. Mir schoss das Gespräch mit Logan in den Kopf, in dem er seine Haltung den Quileute mehr als deutlich gemacht hatte; damals hatte er von ihnen auch nur als „Indianer" und „denen" gesprochen. Und er hatte sich eingebildet, dass er mich vor ihnen beschützen müsste.

Aber Embry war nicht gefährlich. Er konnte sich zwar in einen riesigen Wolf verwandeln, aber gefährlich war er nicht.

Oder?

Ich verbannte diesen Gedankengang aus meinem Schädel. Er war mein Seelenverwandter. Jede Faser in meinem Körper schrie mir das zu, gerade jetzt, wo er dicht neben mir stand. Er konnte unmöglich eine Gefahr für mich oder andere sein. Logan musste irgendein anderes Problem mit den Quileute haben, auch wenn mir nicht einfiel, was das sein könnte.

„Wir müssen dann mal weiter", entschuldigte ich uns.

Logan sah mich eindringlich an, dann nickte er. „Wir sehen uns."

Als er wieder in der Menge verschwunden war, bemerkte ich Embrys musternden Blick auf mir. Ich schenkte ihm ein entschuldigendes Lächeln und zuckte mit den Schultern. Dann versuchte ich, weiter durch die Menschenmasse zu meiner Freundin zu kommen.

Liv war vielleicht drei Meter entfernt, aber die Zeit, bis wir sie erreichten, erlebte ich wie in Zeitlupe. Embrys Hand lag an meiner Taille, um mich sanft vorwärts schieben zu können; seine Berührung war nur ganz zart und dennoch hatte ich das Gefühl, als würde sich von der Stelle, auf der seine Hand lag, ein wohliger Schauer durch meinen ganzen Körper ausbreiten. Meine Verwirrtheit wegen dem Gespräch, was eigentlich nicht einmal eines war, verpuffte auf einen Schlag und alles in mir konzentrierte sich wieder auf Embrys Anwesenheit.

Als Liv mich auf sich zukommen sah, schrie sie: „Aaaava! Da bist du ja, Süße!" Dass sie offensichtlich nicht mehr ganz nüchtern war, brachte mich zum Lachen.

„Oh. Und du bist?", schrie sie Embry zu und wackelte dabei anzüglich mit den Augenbrauen, während sie dabei absichtlich betont offensichtlich zwischen uns hin und her schaute.

„Ich bin Embry", lachte er.

„Embry", bedeutungsvoll sah Liv mich an und ich wurde knallrot. Ich spürte Embrys Blick auf mir. Noch auffälliger ging es ja nicht, danke Liv.

„Ich bin Olivia. Avas beste Freundin", stellte sie sich vor und machte einen leichten Knicks.

„Freut mich", grinste Embry. Ich wusste, dass er Liv zum Schreien fand, aber er riss sich zusammen.

Ich schaltete mich ein. „Liv, Embry bringt mich nach Hause. Bleibst du noch?"

„Was, du gehst schon? Aber die Party fängt doch gerade erst an, Mäuschen!", empörte sie sich.

„Das heißt wohl, dass du noch bleibst", lachte ich.

Als Antwort hob Olivia ihr volles Cocktailglas hoch. Dann grinste sie wieder zweideutig: „Dann noch viel Spaß euch beiden. Und schön anständig bleiben."

Wieder errötete ich. „Versuch selber, anständig zu bleiben."

Olivia zwinkerte. „Ich kann für nichts garantieren."

~~~
Ist Embry vielleicht doch gefährlich?
Und wieso hat Logan etwas gegen die Quileute?

this is lycanthropy (Embry Call)Où les histoires vivent. Découvrez maintenant