Kapitel 1

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"Sehr geehrte Damen und Herren, wir bitten sie sich anzuschnallen. Wir werden in kürze den Münchner Flughafen erreichen. Danke dass sie mit lufthansa geflogen sind."

Endlich werde ich meine Schwester wieder sehen. Wir haben uns früher zwar oft gestritten aber das wird jetzt definitiv nicht mehr so sein. Ich muss echt zugeben, dass ich in dem letzten Jahr viel erwachsener geworden bin. Ich Vermisse Tess so Schrecklich. In diesem Jahr hatte ich so Heimweh wie noch nie zuvor. Sowas von mir zu hören ist echt komisch. Ich würde mich selbst nämlich eher als Glücklicher, etwas komischer Einzelgänger beschreiben. Aber so nebenbei wie bin ich überhaupt auf diesen Mist gekommen? Wer kommt bitte auf die Idee sich auf ein Zufalls Auslandsjahr einzulassen? Richtig das war ja ich. Aber hätte mir diese Organisation nicht früher sagen können wohin die Reise geht und in welche Familie ich gekommen wäre?
Natürlich hatte ich mal wieder das Glück in die beste Gastfamilie zu kommen.

Meine Familie in Mexiko hatte kein Internet, kein Strom und kein fließendes Wasser. Kurz gesagt, ich habe dort wie in der Steinzeit gelebt. Aber wie gesagt hätten die mir das nicht früher sagen können? Dann wäre nämlich das einzige was die Mitarbeiter noch von mir gesehen hätten, wie ich aus der Tür renne und nie wieder komme.

Keine zehn Minuten später warte ich schon vor dem Gepäckband auf meinen Koffer. Viele verschiedene Koffer laufen an mir vorbei doch irgendwie scheint meiner nicht dabei zu sein. Während ich das Band beobachte fällt mir auf, dass die zahlreichen Gepäckstücke ihre Besitzer nur zu gut widerspiegeln. Zum Beispiel der eine Koffer hat einen Strand, Meer und eine Sonne auf der Hülle. Der Mann dem der Koffer gehört, trägt ein buntes Hawaii Hemd und eine Short. Seine Haut ist ziemlich braun gebrannt und eine leuchtend gelbe Sonne ziert seinen linken Oberschenkel.

Plötzlich reißt mich eine Umarmung, die mich fast zum Umkippen bringt aus meinem Gedankengang. Ohne ihr Gesicht zu sehen ist mir klar wer mich gerade Umarmt. Ihr Parfum ist so selten, dass es einfach unverkennbar ist. Langsam sauge ich den wohltuenden Duft in mich hinein, dieser sich bis zu meinem Kopf vordringt und mir dort ein schwereloses Gefühl verleiht.

"Sorry das ich so spät bin, ich musste mich erst durch die Menschenmenge da vorne kämpfen. Scheint so als ob es da gratis Hot Dogs gibt" murmelt sie in mein Ohr.

Vorsichtig löse ich mich aus der Umarmung "Ja das wir es bestimmt sein-sage ich leicht ironisch-aber ich brauche noch meinen Koffer"
Das habe ich die ganze Zeit vermisst. Sinnlose Aussagen von meiner älteren Schwester und einfach nur Sie.

Wie eine verrückte renne ich das Gepäckband entlang. Nirgends ist mein beiger Koffer zu sehen. Panisch bemerke ich, dass alle die zuvor noch mit mir im Flugzeug waren schon weg sind. Nur noch eine pinke Tasche dreht ihre runden bei den Gepäcken. Verdammt noch mal wo ist denn mein Koffer. Der kann doch nicht einfach weg sein. Da ist alles drin. Klamotten, Kamera und was weiß ich noch alles. Kurz bevor ich noch hyperventiliere hält mich Tess am Arm fest.

"Beruhig dich mal- sie hält mir meinen Koffer vor meine Nase- den hab ich doch schon bevor ich zu dir gekommen bin mitgenommen" lacht sie mich mit ihren Grübchen an.

Ein erleichtertes seufzen durchzuckt meinen Körper und lässt mich verlegen schmunzeln. Langsam drücke ich den Koffer von meiner Nase ein Stück zurück. Ehe ich irgendeine Regung machen kann, greift meine ältere Schwester nach meiner Hand und zieht mich hinter sich her.

"Wir gehen jetzt die Hot Dogs suchen" ist ihre einzige Erklärung.

Sie zieht mich direkt in die Masse an Teenagern hinein. Zwei Ellenbogen und unzählige Leute die auf meinen Fuß getreten sind später, stehen wir direkt in der ersten Reihe.

Und was sehe ich? Ich hatte echt was anderes erwartet. Also natürlich keine Hot Dogs aber wenigsten was spannenderes kann man ja erwarten.
Aber da ist Nichts! Einfach nur ein Typ mit Sonnenbrille, der einen Wagen mit Koffern vor sich hin schiebt und ein Muskulöser Mann der neben ihm her läuft.

War das alles? Wegen dem stehen hier so viele Leute?
Mein Blick schweift zu Tess, sie schaut mich auch nur schulterzuckend an. Bei uns ist das seit wir klein sind so. Wir können denken und fühlen was der andere denkt und fühlt also sowas wie Telepathie.
Damit haben wir früher schon unsere Eltern an den Rand der Verzweiflung gebracht.

***

Teacher s.m.Where stories live. Discover now