Kapitel 9

5.4K 335 100
                                    

»Hat er das getan?«
*

Das Auto machte eine scharfe Kurve und fand direkt vor der Notaufnahme einen abrupten Halt.

»Schatz?« fragte Ünal panisch und ging sicher, ob ich noch bei mir war. Schnell stieg er aus und schleuderte meine Tür auf.

Mit unregelmäßigem Rythmus, atmete ich ein und aus, als Ünal vorsichtig unter meine Beine griff. Langsam zog er mich aus dem Auto, aber so wie er mich nun in den Armen trug, tat meine Schulter noch mehr weh.

»Lass mich runter!« schrie ich mit tränenden Augen.
»Züleyha!« schimpfte Ünal wütend und festigte seinen Griff um meinen Körper »Jetzt ist nicht die Zeit!«

Seine Wut hatte ihn schon wieder blind gemacht. Ünal dachte, ich würde nicht von ihm getragen werden wollen, weil ich Schluss gemacht hatte. Aber in diesem Moment konnte ich an rein gar nichts denken, außer meiner schmerzenden Schulter.

»Es tut weh, du Idiot! Lass mich laufen!« befahl ich schmerzerfüllt und krallte meine Finger in sein Oberteil. Er hörte mir nicht zu, sondern lief mit großen Schritten zum Eingang der Notaufnahme. Bei jeder Bewegung rüttelte er mich noch mehr, so dass jedes Mal die Qual noch heftiger meine Schulter durchbohrte.

Eine Krankenschwester kam auf mich zugerannt und versuchte zu verstehen, was los war. Ünal brüllte mir regelrecht ins Ohr.

»Was schauen Sie so?! Bringen Sie eine Liege! Sie hat sich verletzt!«

Langsam setzte mich Ünal auf eine Patienten-Liege runter. Mit einem besorgten und gestresstem Gesicht, blickte er auf mich herab. Ich sah weg und entdeckte eine andere Schwester neben mir, wie sie gerade etwas in meinen Arm stach. Das stechende Pulsieren ließ nach und Ünals Gesicht verblasste endlich.

*

Brennender Schmerz weckte mich aus einem viel zu tiefen Schlaf. Ich biss meine Zähne zusammen und zischte, um es auszuhalten, aber es wurde schlimmer und schlimmer.

»Schwester! Sie kommt zu sich« hörte ich eine bekannte Stimme rufen.

Langsam öffnete ich meine Augen und versuchte gegen das grelle Licht zu erkennen, wer das war. Ich sah einen Beutel über mir hängen und wusste, dass ich in einem Krankenbett lag. Neben mir entdeckte ich Elvan, meine Freundin.

»Züleyha? Hast du Schmerzen?« fragte sie fürsorglich und hielt meine Hand. Ich nickte leicht und gab mir Mühe zu Schlucken.

Nachdem die Krankenschwester Schmerzmittel brachte, ging es mir schon viel besser. Gleich danach kam ein Arzt zu mir und zur selben Zeit traten meine Eltern in das Zimmer.

»Frau Erbay, wie fühlen Sie sich?« wollte der Doktor wissen. Ich las seinen Namen; Dr. Yılmaz.
»Besser« antwortete ich kurz und versuchte die nervösen Blicke meiner Eltern zu ignorieren. Mein Vater kam zu mir und hielt besorgt meine Hand. »Was genau ist passiert?« fragte er.
»Ihr Körper wurde gegen den Sicherheitsgrut gepresst und dies führte zu einem Schlüsselbeinbruch.«

Das erklärte, wieso ich meinen Arm nicht bewegen konnte. Ich senkte langsam meinen Kopf runter und merkte erst dann, dass meine obere Hälfte und meine Schulter in weißem Verband umhüllt war.

»Das kann durchaus passieren und ist sogar einer der häufigsten Verletzungen bei Notbremsungen dieser Art. Vor allem, wenn die Knochen herausragen.«

Sprechende HändeWhere stories live. Discover now