9. Gründe

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Sie keuchte. Heftig atmend, stieß sie die Tür des Bootshauses auf und stolperte auf dem nassen Steinboden. Sie hielt sich, nach Luft ringend, an einem alten Holzboot fest und schluckte angsterfüllt. Schweiß lief ihre Stirn herunter und völlig durchschwitzt blickte sie sich hektisch um. Wo war er? Vor der grün-melierten Glasscheibe lag keine rote Blutlache. Kein sterbender Mann. Niemand.

Es war vollkommen still.

Eine unheimliche Stille.

Wo war er? Sie hatte Angst. Aus irgendeinem Grund, zitterte ihr ganzer Körper und ihr Verstand schien wie eingeschlafen. Wieso hatte sie plötzlich solche Angst? Ein Schauder lief ihr über den Rücken.

Bebend vor Furcht, horchte sie plötzlich auf. Stimmen.

„...du warst mir ein guter und treuer Diener, Severus.", sprach eine dunkle, krächzende Stimme. „Aber du weißt, nur ich kann ewig leben."

Sie stieß einen erstickten Schrei aus und hielt sich instinktiv eine Hand vor den Mund. Heißer Atem schlug gegen ihre Handfläche und angsterfüllt kniete sie sich hinter das Holzboot. Jetzt konnte sie ihn sehen.

Er. Du-weißt-schon-wer. Lord Voldemort. Tom Vorlost Riddle.

Ihr Herz raste. Er stand mit dem Rücken vor ihr und bewegte sich wie eine Schlange. Langsam und bedrohlich drehte er sich plötzlich um und betrachtete seinen Zauberstab. Den Elderstab.

„Mein Lord...", sagte eine dunkle, raue Stimme. Erschrocken wich sie einige Meter zurück und prallte dabei gegen die Wand. Sie schnappte nach Luft und schüttelte langsam den Kopf.

Nein. Nein. Das war Severus. Nein.

Ruckartig drehte sich Voldemort um, hob seinen Zauberstab und schwenkte ihn wie ein Messer. Snape keuchte und presste seine Hand an seinen Hals. Blut strömte aus der offenen Wunde. Es floss auf seinen Umhang und tropfte nach wenigen Sekunden auf den Boden.

Voldemort flüsterte etwas in Parsel und Nagini schlich langsam auf den verletzten Snape zu.

Nein. In ihrem Kopf hämmerte es. Adrenalin durchzuckte ihre Adern und ihre Brust bebte vor Anstrengung. Ein heißer Schauer lief ihren Rücken herunter.

Nein.

„NEIN!", schrie sie, stürzte hinter dem Boot hervor und sah grade noch, wie die Schlange Snape attackierte – immer und immer wieder.

Sie brüllte und sah direkt in die Augen des berühmt, berüchtigten Lord Voldemort. Er lachte heiser, hob seinen Zauberstab und flüsterte bedrohlich: „AVADA KEDAVRA."

Sie holte noch einem tief Luft, als ein gleißend, grüner Lichtstrahl vor ihr aufblitzte und es schwarz vor ihren Augen wurde.

***

Snape lag, mit offenen Augen an die Decke starrend, auf dem Rücken des roten Sofas und seufzte innerlich. Seine Narbe war noch angeschwollen und der Schmerz kehrte langsam wieder in seinen Arm zurück. Er fühlte sich immer noch leicht betäubt und sein Verstand arbeitete langsamer, als er es gewohnt war. Eigentlich hätte er unter den ganzen Tränken schlafen müssen wie ein Baby, aber er war wach. Hellwach. Unruhig und nachdenklich.

Es war tiefe Nacht und draußen tobte ein Gewitter. Blitze zuckten durch ein Fenster, dessen Jalousien heruntergezogen waren und Donner grollte. Der Regen peitschte wild gegen das Haus und brummend versuchte Snape sich auf die Seite zu drehen.

Nachdem Granger in ihr Schlafzimmer gegangen war, war er ins Badezimmer gegangen um zu duschen. Ausgiebig. Den Schmutz, den Schweiß und das Blut abgewaschen – danach hatte er sich wie neugeboren gefühlt. Seine Haare waren mittlerweile getrocknet und Snape hatte sein Shirt zum Trocknen auf die Heizung gelegt. Er hätte es mithilfe eines Zaubers trocknen können, aber Grangers Geschichte über die Wandlung des Ministeriums beunruhigte ihn. Auch wenn er wusste, dass das unvermeidliche irgendwann hätte eintreten müssen – jeder Zauber wurde registriert? Er fühlte sich wie ein Muggel! Zwar hatte er jahrelang ohne Magie gelebt, aber er hätte immer wieder Zaubern können...jetzt jedoch, war es von vornerein ausgeschlossen. Die Auroren würden nur Minuten brauchen um hier aufzutauchen.

AlpträumeWhere stories live. Discover now