Kapitel 2

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Jongins pov.

Das war er also, Do Kyungsoo. Um ehrlich zu sein, hätte ich ihn mir größer vorgestellt, aber man sollte ein Buch ja nicht nach dem Cover beurteilen, stimmt's? Außerdem würde ich ihn morgen bestimmt näher kennenlernen, da sein Auftrag für morgen bei der Agentur, bei welcher ich arbeitete, war. Kyungsoo war Model, doch eine gewisse Sache Unterschied ihn von den restlichen Models - man sah nie seinen Kopf. Jedes Bild endete bei seinen Schultern, selten bei seinem Hals. Nur einmal konnte man ganz leicht sein Kinn sehen. Das sollte jetzt nicht zu krank klingen, aber ich hatte jedes Bild von ihm gesehen.

Am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg zu der heutigen Location. Während ich alles gemütlich vorbereitete, hörte ich, wie Kyungsoo kam und direkt angesprochen wurde, dass er das nächste Mal nicht mehr zu spät kommen sollte. "Meine Bahn kam zu spät", verteidigte er sich sofort, was mir ein Schmunzeln auf die Lippen trieb. Er war interessant, keine Frage. Immerhin konnte nicht jeder das träumen, was letztendlich dann auch wahr wurde. Ob er unsere Begegnung auch geträumt hatte?

"Also, posiere erst einmal so, wie du willst, dann gebe ich dir Anweisungen." Gerade kam der Ältere aus der Maske und wandte erst jetzt seinen Blick zu mir. Unmerklich weiteten sich seine Augen, als er mich wieder erkannte und ein leises Seufzen verließ seinen Mund. Statt einer putzigen Antwort, so wie ich es eigentlich erwartet hätte, machte er einfach ohne ein weiteres Wort seinen Job. Und das verdammt gut. Kein Wunder, dass er ziemlich gefragtes Model war. Zwischendurch merkte ich, wie er mit seinen Gedanken abschweifen zu schien, aber nach einer kurzen Mahnung konzentrierte er sich wieder. Ich machte viele Fotos, in den verschiedensten Posen von ihm. Schade, dass er sein Gesicht nie zeigen wollte, aber ich respektierte seine Entscheidung.

Als die Arbeit verrichtet war, Kyungsoo abgeschminkt wurde und wieder seine normalen Klamotten anhatte, ging ich aus dem Gebäude und wartete auf ihn. Ehe ich mich versehen konnte, stapfte er an mir zielstrebig vorbei. Ein paar Sekunden sah ich ihm hinterher, bis ich ihm hinterherstach und ihn am Handgelenk aufhielt, noch weiter zu gehen. Sofort riss er sich los und drehte sich zu mir um, sein Blick musterte regungslos mein Gesicht. "Was willst du denn noch?"
"Willst du mit mir noch essen gehen? Ich hab Hunger und du bestimmt auch", schlug ich vor und sah ihn fragend an. Kurz herrschte Stille zwischen uns, bis er stumm seinen Kopf schüttelte. Daraufhin schob ich nur leicht meine Unterlippe vor uns sag ihn bittend an. "Komm schon, niemand will gerne alleine essen." Kyungsoo murmelte etwas unverständliches, aber vielleicht war es auch besser so, dass ich ihn nicht verstand, und willigte dann doch ein.

Auf dem Weg zu einem kleinen süßen Restaurant, redeten wir nicht viel. Hin und wieder versuchte ich, ein Gespräch zwischen uns in Gang zu bringen, doch er blickte meist einsilbig wieder ab, weshalb ich es irgendwann aufgab. Ihn schien das nicht im geringsten zu stören.  "Was willst du essen?", fragte ich, als er etwas abseits der anderen Tische in dem Restaurant saßen. Ich studierte die Karte, sah kurz zu Kyungsoo, der nur einen kurzen Blick dem Menü schenkte. "Nummer 169 und ein Wasser", sagte er dann der Bedienung. "Nummer 145 und einen Rotwein, bitte." Die Bedienung nickte und verschwand wieder in der Küche.

"Erzählst mir etwas über dich", forderte ich den Älteren auf und stützte mein Kinn auf meinem Hand ab. "Wieso sollte ich?" "Willst du die ganze Zeit schweigen?" Ich runzelte meine Stirn und sah kurz in das Aquarium neben uns. "Ich hasse unnötige Gespräche, also werde ich nicht eines freiwillig beginnen", erklärte er mir langsam. "Wir werden uns bestimmt noch häufiger sehen, also wieso sollte es unnötig sein? Mein Chef war begeistert von dir, und auf das Geld, welches du bekommst, wirst du bestimmt nicht verzichten wollen." Statt mir zu antworten, stand er nur auf und verschwand auf den Toiletten. Seufzend sah ich ihm nach, spielte dann mit der Serviette, bis das Essen und Kyungsoo wieder kamen.

Wir aßen stumm, keiner von uns machte sich noch die Mühe, ein Gespräch anzufangen. Am Ende, als wir beide fertig waren, zahlte ich für uns. Kyungsoo hatte das zwar nicht gewollt, aber das war mir egal gewesen. Er wollte immerhin nicht mit mir hierher, also wieso sollte er dann dafür zahlen? "Du hättest nicht zahlen brauchen", stellte er fest und trank sein Wasser aus. "Wieso denn nicht?"
"Ich mag es nicht, anderen Leuten etwas schuldig zu sein", erklärte er mir und zuckte mit seinen Schultern. Ich sah ihm direkt in die Augen und er schien, als würde er am liebsten wegsehen, doch als könnte er nicht. Mein Blick hielt den seinen fest. "Du stehst nicht in meiner Schuld. Ich mache das gerne." Außerdem hatte ich heute wieder genug Geld verdient, da störte es mich nicht, ihn zum Essen einzuladen. Was sogesehen auch ein Teil meiner Arbeit war.

Das Einzige, was mir gesagt wurde, dass ich sein Vertrauen gewinnen sollte, aber nicht wieso. Dazu noch viele Hintergrundinformationen zu seinem Leben und, natürlich, seine Gabe, oder Fluch, wie man es sehen wollte. Erst wollte ich es nicht wahrhaben, aber mit der Zeit glaubte ich es. Vielleicht verdrängte ich den Gedanken auch einfach, da die Bezahlung wirklich gut war. Hoffentlich wurde ich nicht verarscht und bekam mein Geld wirklich, da ich es dann doch nicht gerne tat, einen Menschen so zu hintergehen. Am Ende, sollte er es irgendwann erfahren, wäre es ihm vermutlich eh egal und nur ein weiterer Beweis, wieso er den Kontakt zu anderen Menschen nicht gerne suchte.

Nachdem ich ihn einfach nur schweigend angesehen hatte, stand ich plötzlich auf, was den mir gegenüber sitzenden zusammenzuckten ließ. Zusammen gingen wir nach draußen und er atmete tief die frische Luft ein, als wäre er in dem Restaurant fast am ersticken gewesen. Hatte ich ein schlechtes Gewissen? Jetzt noch nicht, aber das kommt bestimmt noch, wenn ich ihn näher kennenlerne. Nicht weiter darüber nachdenkend, umarmte ich den Kleineren zum Abschied und drückte ihn nur für ein paar Sekunden an mich, ehe ich ihn schon wieder losließ, mich umdrehte und ging.
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Kapitel von jiminslostearring

Wenn Träume wahr werden (Kaisoo FF)Where stories live. Discover now