OP-Methoden

6.1K 841 121
                                    

„Du arbeitest immer viel zu lange...", seufzte Harry und zog Anton eng an sich, der nickte und sich an ihn kuschelte. „Ja, das finde ich auch. Wenn ich weiß, dass du schon Zuhause bist, kann ich es immer gar nicht erwarten, auch Feierabend zu haben", gab er zu und strich Harry übers Gesicht. „Hab ich dir eigentlich schon gesagt, dass du Fältchen an den Augen bekommst?"-"Ja hast du. Ungefähr tausend Mal." - „Hab ich auch gesagt, wie sexy dich das macht?"- „Ja, etwa genauso oft, aber ich liebe es nach wie vor, wenn du das sagst." Harry lächelte und Anton strahlte ihn an. Er wusste, dass er seinem Freund immer besser gefiel, je älter er wurde. Männer waren ja bekanntlich wie ein guter Wein. Mit dem Alter wurden sie immer besser und auf Harry traf das definitiv zu. Er war jetzt 37, da kam schon mal die ein oder andere Falte hinzu. Anton hingegen war erst 31 und hatte weder ein graues Haar, noch eine Falte. „Ich liebe dich, Harry." Anton drehte sich auf den Bauch, legte das Kinn auf Harrys Brust ab und blinzelte ihn aus seinen dunklen Augen an. Das Braun in ihnen war beinahe Schwarz und Harry könnte stundenlang hineinsehen und sich darin verlieren. „Ich liebe dich auch...jeden Tag aufs Neue", gab er lächelnd zurück und küsste die Stirn seines Freundes. „Wollen wir Essen?" - „Ohja bitte, ich verhungere gleich. Es ist so gemein, wenn man anderen Menschen den ganzen Abend die tollsten Gerichte servieren darf und selbst nichtmal dazu kommt, einen Schluck Wasser zu trinken", beschwerte sich der Kellner, krabbelte von Harrys Schoß und ging ihm voran in die Küche. 

"Was hast du gekocht?" Er lugte neugierig in den Ofen. „Gemüseauflauf und Nudeln." Harry zog sich Handschuhe über und nahm die Schüssel aus dem Ofen, balancierte sie zum Esstisch und stellte sie in die Mitte auf einen Untersetzer. Alles in dieser Küche passte genau zusammen, denn er hatte sie erst vor einem halben Jahr komplett neu ausstatten lassen und die Sachen hier waren noch so neu, dass er sich manchmal vorkam, als ob sie in einem Ausstellungsstück eines Möbelhauses lebten. „Es wird Zeit, dass wir mal die erste Macke in diesen Küchentisch kriegen. Ich trau mich nicht mal mein Glas abzustellen...neue Möbel sind schrecklich", jammerte Anton und setzte sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches. Er streckte die Beine aus, sobald Harry saß und legte sie auf dessen Knie. Das tat er immer und es war so zur Routine geworden, dass es Harry regelrecht fehlte, wenn er mal allein essen musste.

Den Abwasch übernahm die Spülmaschine und die beiden hatten genug Zeit für sich. Anton war müde vom Arbeiten und seine Füße taten weh, weshalb der Abend vor dem Fernseher endete. Harry hatte sich in eine Decke gewickelt, seinen Freund zwischen den Beinen liegen und las wieder in der Zeitschrift. „Du passt ja gar nicht auf", mokierte sich sein Freund, als er bemerkte, dass Harry las, doch er mochte einfach keine Talkshows. Vor allem nicht, wenn er sein Magazin noch nicht ausgelesen hatte. Suchend blätterte er sich durch die Seiten, bis er das Interview von Louis wiederfand. Abwesend kraulte er Anton den Kopf und fing an zu lesen.

R: Dr Tomlinson, Sie haben in den letzten Jahren große Fortschritte in der Forschung erzielt. Was war Ihr Antrieb, sich diesem Thema zu widmen?

Dr. Tomlinson: „Nun ich habe mich schon immer für alternative Methoden interessiert und mein betreuender Arzt in Deutschland hatte mich auf den richtig Weg gebracht, mich weiter in die Materie einzuarbeiten. Es ist wichtig, dass wir in der Entwicklung nicht stagnieren und immer neue Lösungen für die Beschwerden finden, die unsere Patienten manchmal erst nach Jahren bekommen.

Mein Antrieb war mein erster betreuender Arzt. Er selbst hatte Probleme mit seinem Bein und ich habe miterlebt, wie sehr es seinen Alltag einschränkt. Gerade Menschen, die beruflich auf ihren Körper so sehr angewiesen sind, müssen sich auf unsere neuen Methoden verlassen können. Unsere Aufgabe als Ärzte ist es, zu heilen und nicht, möglichst viel Material zu verbauen. Die Industrie wird das nicht gerne hören, das ist mir klar, aber die Gesundheit sollte an allererster Stelle stehen. Und wenn ich es schaffe, dass es in jedem Land wenigstens einen Arzt gibt, der ohne Fremdmaterial operiert, dann haben wir einen guten Beitrag zum Fortschritt geleistet."

R: Würden Sie Ihrem betreuenden Arzt gerne nochmal persönlich helfen?

Dr. Tomlinson: „Leider weiß ich nicht, wie es ihm mittlerweile geht, aber natürlich würde ich ihm meine Methode ans Herz legen, denn ich bin davon überzeugt, dass sie die richtige und beste ist, die momentan in unserem Bereich zur Verfügung steht. Mein Mentor hat mir mit seinem Wissen einen guten Grundstein gelegt auf den ich bauen konnte und ich hoffe, ihm eines Tages etwas davon zurückgeben zu können."

Harry schluckte und sein Blick huschte zu dem Foto, das Louis und den Reporter zeigte. Es war nur klein abgedruckt, immerhin war das eine Fachzeitschrift und kein Boulevardmagazin. Doch selbst auf dem kleinen Ausschnitt war zu erkennen, dass Louis erwachsen geworden war. Er hielt sich aufrecht und der kurze Bart und die ordentlich frisierten Haare gaben ihm ein deutlich seriöseres Aussehen. Dass sein ehemaliger Schüler noch an ihn dachte und seine Meinung und Arbeit so hoch schätzte, schmeichelte Harry sehr und es war ihm nicht bewusst gewesen, wie sehr er den jungen Mann geprägt hatte. Seufzend legte er die Zeitung weg und bemerkte, dass Anton ihn ansah. „Was ist, du guckst, als würdest du gleich anfangen zu weinen?", fragte er und rutschte zu ihm hoch. „Ich habe gerade ein Interview mit einem ehemaligen Assistenten von mir gelesen. Er hat es wirklich sehr weit gebracht und mich in seinem Interview sehr positiv erwähnt. Das hat mich gerade sehr gerührt", gab Harry zu und Anton strahlte: „Das ist doch toll. Ich sage doch immer, dass dir gar nicht bewusst ist, wie sehr du deine Schüler beeinflussen kannst. Du kannst wirklich stolz auf dich sein." - „Das bin ich auch." Harry seufzte tief und kuschelte sich an seinen Freund, der nach der Fernbedienung tastet und das Gerät ausschaltete. Sie lagen nun im Dunkeln da und konnten durch das große Fenster hinaus auf den Balkon sehen. Der Schnee fiel gleichmäßig vom Himmel und türmte sich immer höher auf dem kleinen Tischchen auf.

„Wo sind wir an Heiligabend?", fragte Anton mit Blick auf den Schnee und gähnte ausgiebig. „Keine Ahnung...haben deine Eltern was geplant?" Antons Familie lebte in Schottland und es war immer ein ziemlicher Aufwand, dorthin zu fahren, wenn es ein Treffen gab.

So gern Harry die Watkins' hatte, so ungern fuhr er im Winter in die Highlands. „Nein, ich glaube meine Eltern fahren über Weihnachten weg...wir könnten zu deiner Familie fahren. Das ist auch nicht allzu weit." Harry nickte und stupste ihm gegen die Stirn. „Lass uns ins Bett gehen, ich bin hundemüde." - „Nur, wenn du mich trägst." Das war nicht sonderlich schwer, da Anton fast zwei Köpfe kleiner war, als Harry. Er trug ihn die Treppe hinauf und stellte ihn im Badezimmer, wie eine Puppe ab.

Nach einer Katzenwäsche, kuschelten sie sich im Bett zusammen und Harry brauchte nicht lange, bis er eingeschlafen war.

3 Years • Part IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt