Nach St James's Park und Soho

6.5K 766 188
                                    

Das Wetter machte ihnen keinen Strich durch die Rechnung, wie Harry es vielleicht befürchtete hatte. Nachdem sie ausgiebig gefrühstückt hatten, fuhren sie gemeinsam mit der Bahn zurück in die City, die an diesem Tag voller Touristen war. „Du hast Glück, dass wir erst März haben. Er große Ansturm auf London findet meist erst im April/Mai statt", sagte Louis, als sie auf einer der vielen Brücken Londons standen und die Schiffe auf der Themse beobachteten, die Waren in die Stadt brachten. Es war ein geschäftiges Treiben überall und Harry könnte stundenlang hier stehen und zusehen. Louis, der das ganze natürlich kannte, da er hier lebte, drängt irgendwann jedoch weiter. „Das Wetter ist viel zu schön, als dass wir hier den Tag vertrödeln. Komm lass uns in den Park gehen." Er fasste Harrys Hand und zog ihn auf dem Bürgersteig die Brücke hinunter zurück auf die Nordseite der Themse von der aus sie gekommen waren. „In welchen Park willst du gehen?" - „St James's Park. Der ist schön ruhig und ganz in der Nähe vom Palast, wenn du dir den auch ansehen willst."

Der Park war viel größer, als Harry ihn in Erinnerung gehabt hatte und er staunte nicht schlecht, als sie auf einem parallel laufenden Kiesweg von einem trabenden Pferd überholt wurden. „Hier darf man reiten?", fragte er irritiert und sah der Staubwolke nach, die das Tier aufgewirbelt hatte. „Ja, auf den ausgeschilderten Wegen schon", antwortete Louis und rieb sich den Staub aus den Augen. Auf einer großen freien Rasenfläche spielte eine Gruppe Jungs Fußball und als der Ball in ihre Richtung flog, kickte Louis ihn schwungvoll zurück. „Spielst du Fußball?", fragte Harry „der Schuss war ziemlich gut." - „Ja, ich hab als Kind und im Studium viel gekickt, aber jetzt komme ich kaum noch dazu. Der Job nimmt mich echt in Anspruch. Apropos, willst du dir das Barths mal ansehen?" - „Also wenn ich ehrlich sein soll, dann will ich in meiner Freizeit keine Krankenhäuser sehen. Aber deinen Arbeitsplatz würde ich schon zu gerne sehen. Vielleicht, wenn das Wetter schlechter wird." Damit war Louis einverstanden und sie spazierten in ein kleines Wäldchen, in dem es kühl und lauschig war.

„Ich bin froh, dass du mich besuchen kommst. Ich hab dich wirklich vermisst Harry", sagte Louis, blieb stehen und umarmte ihn überraschend. Er drückte sich an ihn und gab Louis einen Kuss auf den Kopf und sie blieben mitten auf dem Fußweg stehen. Die Blätter raschelten um sie her, als eine leichte Brise durch sie hindurchwehte und kein Spaziergängen störte sie. Sein Magen knurrte und Louis, der das Ohr an Harrys Brust gehabt hatte, kicherte: „Das klingt ja wie ein Bär. Sollen wir nach einem Ort zum Mittagessen suchen?"

Man sollte meinen, in London wäre es einfach ein Restaurant zu finden, doch tatsächlich suchten sie ziemlich lange. Im Park direkt gab es ein Restaurant, allerdings konnte man nur noch im Freien sitzen und dafür war es nun doch noch nicht warm genug. Also spazierten Harry und Louis die lange Allee entlang, bis vor ihnen der große Brunnen und dahinter der Buckingham Palace auftauchte. „Hier ist es sehr touristisch. Also wenn wir hier nichts finden, dann weiß ich auch nicht." - „Wollen wir denn wirklich im Zentrum der Touristen essen? Was ist mit Soho oder Chinatown? Gibts da nichts?", fragte Harry und Louis zuckte mit den Schultern. „Wenn du den Bären in deinem Magen noch so lange bändigen kannst, bis wir da sind, ist das kein Problem."

Das Stadtviertel Soho lag Zentral zwischen Picadilly Circus, Charing Cross Road und Tottenham Court Road. Als sie ausstiegen, war es voll, doch je weiter sie sich in die Gassen und Seitenstraßen hineinwagten, desto weniger Gedränge gab es. „Ohne die viele Touristen wäre London eigentlich ganz schön", bemerkte Harry, als sie stehenbleiben mussten, um eine Asiatische Reisegruppe vorbeiziehen zu lassen, die laut schnatternd mit den Handys auf Selfiesticks alles festhielten, was ihnen vor die Linse kam. Da Harry den Arm um Louis Schultern gelegt und dessen Hand genommen hatte, wurden sie einige Male schief angeschaut. Harry lies sich dadurch jedoch nicht beirren und grinste die Leute nur breit an. Sollten sie doch denken, was sie wollten. An einem hohen Haus aus Backstein hing ein Schild, das auf ein kleines Restaurant hinwies und Louis steuerte genau diesen Weg an. „Ich war noch nie dort, aber mein Freund Steve hat mir das mal empfohlen. Er meinte, da gehen wirklich nur die Einheimischen essen." - „Wer ist Steve?", fragte Harry, denn den Namen hatte er Louis noch nie sagen hören. „Ach wir kennen uns von hier. Er arbeitet auch im Krankenhaus im Labor. Wir waren ab und zu feiern, wenn wir beide mal Zeit hatten, was ja wie schon gesagt, viel zu selten vorkommt. So, da sind wir." Louis deutete auf ein schmales Gebäude mit rot gestrichenen Fenstern, dessen Fassade am unteren Teil mit Plakaten vollgepflastert war. Von manchen hingen nur noch Fetzen an der Steinmauer.

3 Years • Part IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt