[20 Tsd. Special]

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Ich atmete frustriert aus, zerknüllte die Blätter welche vor mir lagen und senkte mein Kopf. Meine, mittlerweile nur mehr, schulterlangen Haare fielen vor mein Gesicht und ich war ihnen in diesem Moment für meine Identitätsverschleierung dankbar. Für diesen kurzen Augenblick an Seriösität. So brauchte ich ihn nicht zu betrachten. Ein lauter Atemzug vor mir holte mich zurück in die Realität und ich beschloss, ihm ins Gesicht zu schauen, Blickkontakt herzustellen. Braune Augen trafen auf noch dunklere.

Ich spielte mit dem Gedanken, ihm die Unterlagen vor mir, an den Kopf zu werfen. Ihn anzubrüllen und zu fragen, weshalb er mich unter Druck setzte? Mich vor die Wahl stellte? Aber schlussendlich hielt ich mein Mund und ließ ihn beginnen. "Es ist deine Abteilung." Sagte er monoton. "Also wird es nicht in meinem Interesse liegen, wie du handelst." Fuhr er fort und ich biss mir auf meine Wange. Sie war bereits zerstört, kaputt und am bluten, doch es war meine eigene Schuld, weshalb ich mich nicht beklagte. "Ist das alles, was du mir rätst?" Fragte ich leicht entgeistert, vielleicht sogar etwas wütend. Taeyong schloss seine Augen, drehte sich in dem Stuhl vor meinem Schreibtisch zur Fensterfront hin und betrachtete diese stumm. Er erhob sich aus dem Sitz, lief zur Tür hin, öffnete diese und schaute zu mir. "Ja." Sagte er und verließ den Raum. Diesen schwarzen, dunklen Raum, welcher durch die teuren Möbel wohl modern wirken sollte.

Ich griff nach dem Henkel meiner Schublade, zog sie auf und suchte drei Unterlagen, meiner Alphabetisch geordneten Reihe an Mappen, heraus. Mit diesen in meiner Hand stand ich auf und verließ ebenso den, mir eigentlich so unvertrauten und befremdlichen, Raum. Mein Name stand an dem Ausweisungsschild vor der Tür, dieses Zimmer war mir zugeschrieben worden, dieses Büro gehörte genau genommen mir. Allerdings verbrachte ich meine Hauptzeit nicht dort, ich war im Tanzraum 19 oder im Tonstudio 4. Am liebsten ging ich ins Tonstudio, dort war ich für mich selbst, für mich allein und mittlerweile war mir nur auch alt zu klar geworden, dass diese Räume der Bass erfühlten Tanzarenen, nicht mein Zuhause waren. Ich stieg in den, von einer weiteren Person genutzt werdenden, Fahrstuhl und fuhr eine Etage hinunter. "Hallo," kam es von dem mich anlächelnden größeren und auch mich verließ eine schnelle, zur Höflichkeit dienende, Konversationsgeste. Ich blickte zu den, in meiner Hand liegenden, Unterlagen hinunter und biss mir erneut auf das Fleisch der inneren Seite meiner Wange. Ein Ausgleich um meine Nervosität zu besänftigen, so beschrieb ich es immer. So sollte es auch weiter beschrieben werden. Ein Druckausgleich, mehr nicht.

"Wieder mal nur mit dem Kopf bei der Arbeit was?" Kam es von dem jungen Mann neben mir und ich schaute emotionslos auf. Er lachte bei meiner unveränderten Miene und auch in mir begann etwas zu Lächeln. Doch nur wegen ihm. Er hatte eine faszinierende Atmosphäre um sich herum, ein so ehrliches Lachen und dennoch so eine männliche Stimme. Einfach nur faszinierend. "Aber so kennen wir dich ja Taemin," lachte er erneut und jetzt schmunzelte auch ich. Doch dieses Mal, da ich mich geschmeichelt fühlte von einer so bekannten Person wie ihm als normal behandelt zu werden. Nicht wie eine Angestellte vor der man sich hätte verstellen müssen, nein, ganz vertraut. Die Tür vor uns trennte sich in zwei und ich stieg aus, drehte mich kurz zu ihm um und verbeugte mich. "Viel Erfolg bei deiner Arbeit Taemin!" Rief er mir hinterher und ich lächelte. "Danke Chanyeol." Meinte ich leise und lief meinen Weg weiter, mit genauem Ziel.

Ich betrat das Tonstudio, doch es war verlassen, komplett leer. Ich schnalzte mit meiner Zunge und der Griff um das Papier in meiner Hand wurde fester. Hinter mir erklangen Schritte und ich zuckte erneut auf. "Keine weitere Zeit verlieren Taemin," murmelte ich zu mir selbst hin und schloss die Tür wieder, als ich dem Raum meinen Rücken zudrehte. Ich schaute nach links und nach rechts. Theoretisch hatten sie nun Gesangsstunden und hätten im vorherigen Zimmer aufzufinden sein müssen. Doch praktisch entsprach es nicht der Theorie und ich lief zum Tanzzimmer hinunter. Meine Beine setzten sich wieder in Bewegung und ich überlegte über mögliche Faktoren nach, welche das ungewohnte, aus dem Plan fallende Verhalten von ihnen erklären könnte.

⁰³ BROTHERS LITTLE SISTER | nctWhere stories live. Discover now