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Arion lag bequem in seinem Bett, die dicke Decke über ihm und starrte an die Wand. Seine Gedanken waren bei Svea, wie so oft in den letzten Stunden. Es war mittlerweile Abend und gegessen hatte er schon.

Svea hatte ihn wieder mit genommen in die große Halle zu den anderen Mädchen. Sie hatten heute zwar nicht gesungen, aber das Essen war mindestens genauso gut wie gestern. Danach hatte sie ihn zurück in sein Bett gebracht und war dann gegangen. Sie hatte es irgendwie eilig. Aber daran dachte Arion gerade gar nicht wirklich. Er dachte gerade daran, wie er beim Essen neben ihr gesessen hatte und ihre Wärme spüren konnte. Ihr Lächeln spukte ihm im Kopf herum, er sah es die ganze Zeit vor sich.

Dass sie ihn zu Sammy gebracht hatte, war einfach toll. Er hatte seinen haarigen Freund wirklich vermisst. Arion war sehr froh, dass es auch Sammy wieder gut ging. Dann konnten sie beide nämlich schon bald wieder aufbrechen und ihre Reise fortsetzen. Sie mussten sich so langsam beeilen. Sie waren schon sehr lange hier. Aber es hatte auch keinen Zweck, wenn sie beide mit Schmerzen versuchten den Kaltberg zu erreichen. Da könnten sie sich direkt dem Tod ausliefern.

Er musste Svea fragen, wie weit es noch zum Kaltberg war, denn auch das wusste er nicht. Den Fluss fand er sicher ohne Hilfe nicht mehr wieder. Hoffentlich würde Svea ihm den Weg auch sagen und ihn nicht für verrückt erklären. Heute Mittag musste er seinen Mut zusammen nehmen, um ihr überhaupt zu erzählen, wo er hin wollte.

Zum Kaltberg zu gehen und Balder zu suchen war vielleicht nicht die klügste Idee, aber er musste es einfach tun. Für farfar. Für seine Schwestern und für seine Familie. Für sein Dorf und alle anderen, die in dieser eisigen Kälte ums Überleben kämpften. Im Endeffekt also auch für die Töchter der Skadi und für sich selbst. Irgendwie fühlte er sich verpflichtet eine Lösung oder ein Ende für dieses kalte Wetter zu finden, obwohl ihn niemand darum gebeten hatte. Aber er konnte sich auch nicht vorstellen, dass jemand den Winter gerne wieder zurück haben wollte.

Und er tat es natürlich auch für Svea. Schon schweiften seine Gedanken wieder zu ihr. Er konnte es einfach nicht verhindern. Er musste die ganze Zeit an sie denken, wenn sie zusammen waren und erst recht, wenn sie nicht zusammen waren. Ihre Stimme klang in einem Kopf wie Musik und er liebte es, wie sie seinen Namen aussprach. Bei Odin, wie schnulzig. Solche Gedanken hatte er doch sonst nie gehabt. War das wirklich Verliebtheit?

Arion.

Er schloss die Augen und schwelgte in Erinnerungen.

"Arion!" Erschrocken zuckte er zusammen und riss die Augen auf. Svea stand vor ihm, einen ganzen Berg Stoff und Fell auf ihren Armen. Arion guckte ganz verwirrt.

"Los, wach auf!", sagte sie und lud den Berg auf das nebenstehende Bett ab. Sie war dick angezogen, stellte Arion fest. Mit dicken Hosen, noch dickeren gefütterten Stiefeln, Fäustlinge in der Hand und einer Mütze auf dem Kopf.

"Ähm...", war alles, was Arion von sich gab. Er verstand nicht ganz, was das hier werden soll. Träumte er etwa? War er schon so schnell eingeschlafen?

"Na los doch. Wir müssen uns beeilen!" Svea zerrte ihm schon fast die warme Bettdecke weg.

"Wofür denn beeilen?", fragte Arion und zog automatisch die Füße an den Körper, um die verloren gegangene Wärme zu kompensieren.

"Ich möchte dir etwas zeigen."

"Was denn?"

"Hab ich dir nicht gesagt, du sollst nicht immer so neugierig sein?", fragte Svea zurück und zwinkerte ihm spielerisch zu. Dann zog sie einen Stofffetzen aus dem Kleiderberg auf dem Bett und warf ihn Arion zu.

"Da, zieh das an." Arion musste sich sehr zusammenreißen, um Svea nicht mit Fragen zu bombardieren, aber er biss sich auf die Zunge und tat, wie ihm befohlen. Sobald er sich das Stück Stoff, dass sich übrigens als ein Wollhemd entpuppt hatte, übergezogen hatte, folgte schon das nächste. Und noch eins. Und noch eine Jacke. Dann warf Svea ihm eine dünnere Hose zu, gefolgt von einer dicken gefütterten Hose.

Erwachen des FrühlingsOù les histoires vivent. Découvrez maintenant