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Jarmil blieb stehen und legte sich eine Hand auf die Brust. Als würde er nicht genug Luft bekommen, atmete er mehrmals tief durch.

"Alles in Ordnung, Jarmil?" Arion drehte sich zu ihm um.

"Ja, es geht schon. Der Druck wird nur immer stärker. Es kann nicht mehr weit sein."

Es war gerade früher Nachmittag. Arion und Jarmil waren schon früher weitergelaufen nach nur zwei Stunden Rast. Arions Gedanken ließen ihn nicht zur Ruhe kommen und Jarmil wollte Hödur unbedingt finden. Er hatte noch nicht einmal versucht, sich auszuruhen.

Nun waren sie schon wieder eine ganze Weile unterwegs. Es ging stetig den Berg nach oben. Die Luft wurde immer kälter und der Schnee war nicht mehr locker, sondern hatte sich zu einer gefrorenen Schicht verwandelt. Manchmal musste er aufpassen, nicht wegzurutschen.

"Halte Ausschau nach Einkerbungen im Berg.", sagte Jarmil. Richtig, er hatte ja gesehen, dass Hödur in einer Höhle wohnte.

Arion ließ den Blick schweifen. Der Ausblick von hier wäre sicherlich fantastisch, wenn vorhin nicht Wolken und Nebel eingezogen wären. Um sie herum standen große Tannen, aber diese waren weniger geworden, je höher sie den Berg bestiegen hatten. Er sah wieder nach vorne und stockte in der Bewegung.

"Jarmil? Diese Höhle vielleicht?"

Links von ihm tauchte ein riesiges Loch im Berg auf. Es war mindestens vier Meter breit und doppelt so hoch wie Arion. Von oben hingen große und kleine Eiszapfen, die auf die Steine vor der Höhle tropften. Langsam und mit vor Staunen offenem Mund ging Arion auf das Loch im Berg zu. Er schaute vorsichtig hinein. Doch nach nur einem Meter wurde alles Licht verschluckt. Man konnte nichts erkennen.

"Er ist hier.", flüsterte Jarmil. Arion schaute ihn strahlend an. Sie hatten es tatsächlich geschafft? Sie hatten Hödur gefunden! Jarmil lächelte zurück.

"Und er ist wirklich da drin?", fragte Arion nervös. Jetzt flatterten ihm doch etwas die Nerven. Sie hatten keinerlei Waffen dabei, um sich angemessen gegen einen Gott verteidigen zu können. Sie konnten nur hoffen, dass Hödur sie nicht angreifen würde.

"Ich spüre seine Präsenz. Ob er da drin ist, finden wir nur heraus, wenn wir rein gehen."

Vorsichtig ging Arion vor. Die Wassertropfen der Eiszapfen hallten gespenstisch in der Höhle wider. Als er nur einen Schritt in die Höhle setzte, schien es dunkler zu werden. Jarmil hatte schnell eine ihrer kleinen Laternen angezündet und reichte sie Arion. Doch viel mehr sah er damit auch nicht. Diese Dunkelheit verschluckte wirklich jegliches Licht.

Der Boden der Höhle war uneben und mit Steinen und Eisbrocken übersäht. An den Wänden hatte das Eis komische Formationen gebildet, es sah fast aus wie eine Schneewehe, die seitlich an der Wand klebte. Das Eis jedoch war glasklar und glitzerte im leichten Schein der Laterne. Die Höhle war unangenehm kalt und feucht, das spürte Arion selbst unter seinen vier Schichten aus Kleidern. Er war plötzlich froh um jede einzelne, als ein kalter Windzug durch die Höhle fuhr und ihm eine Gänsehaut bescherte.

Ein unheimliches Geräusch kam vom Inneren der Höhle und hallte von den Wänden wieder. Es hörte sich an wie ein Seufzen, ein Wimmern. War das nur der Wind? Oder war das Hödur?

Schritt für Schritt tasteten sie sich vorwärts. Arions Herz klopfte ihm bis zum Hals. Er traute sich kaum zu atmen. Jedes Geräusch, das sie verursachten, wurde von den Wänden zurückgeworfen. Hatte Hödur sie schon bemerkt? Wusste er, dass sie in seiner Höhle waren?

Ein lautes Stöhnen und Brummen dröhnte durch die Höhle. Der Boden schien ein wenig zu vibrieren. Verschreckt sah Arion zu Jarmil. Der bedeutete ihm, weiterzugehen. Warum war Arion nur so ein Angsthase? Er wäre am liebsten umgedreht und aus der Höhle gerannt. Es war viel zu dunkel hier. Mit der Laterne leuchtete er auf den Boden, um nicht über große Steine zu stolpern.

Erwachen des FrühlingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt