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Es herrschte eine komische Stille, als Arion, Jarmil und seine Mutter sich auf den Weg zum Kloster machten. Die Frau hatten sie auf Sammy's Rücken gesetzt, ihre Beine waren zu schwach zum Laufen.
Keiner wusste, was er sagen sollte. Umso länger fühlte sich der Rückweg auch an.

Als sie den Hügel erklommen hatten und auf das Kloster blicken konnten, blieb Jarmils Mutter die Luft weg. Arion fand es komisch, sie so zu nennen, schließlich hatte Jarmil das irgendwie so beschlossen. Wie konnte er nur so sicher sein, dass dies seine Mutter war? Aber sie hatte Jarmil sofort erkannt. Das musste ein Beweis sein, oder?

Aber auch Arion hielt unwillkürlich die Luft an, als er auf das Kloster hinab schaute. Es war einfach ein komischer Anblick, wie es so auf grünem Gras stand mit dieser unsichtbaren Abgrenzung vom Schnee.

"Es ist immer noch so grün.", sie fand gar keine Worte. Jarmil zuckte die Schultern. Für ihn war das ja normal.

"Das war doch schon immer so. Die Schwestern haben sicher einen Bann um das Kloster gelegt, oder so."

"Nein, nein", sagte sie bestimmt. Arion und Jarmil sahen sie verwirrt an. "Das waren nicht die Schwestern." Ein leichtes Lächeln lag auf ihren Lippen. Woher wollte sie das wissen?

"Er hat auch einen riesengroßen Garten, in dem alles Mögliche wächst!", platzte Arion heraus.

"Ich bin so aufgewachsen. Es war schon immer so. Es gab ab und zu einige schwere Schneestürme, die das Kloster erreicht haben, aber nie blieb der Schnee liegen." Jarmil versuchte, sich zu rechtfertigen, obwohl er das eigentlich gar nicht brauchte. Seine Mutter nickte wissend. Arion beobachtete sie. Sie sah aus, als würde sie verstehen. Aber was verstehen?

Sie kamen am Kloster an. Arion brachte Sammy in die Stallungen, dann führte Jarmil sie nach drinnen in die Küche. Er stützte seine Mutter, die noch immer sehr wackelig auf den Beinen war. Ida staunte und sah sich im Kloster um.

"Es ist noch genauso, wie ich es in Erinnerung habe. Nur wärmer. Und ohne Schnee."

"Möchtest du etwas essen oder trinken, Mamma?", fragte Jarmil. Sie nickte und ließ sich auf einem der Stühle nieder, die an dem kleinen Tisch in der Küche standen. Arion setzte sich auf einen anderen Stuhl und zog seine Jacke aus. Hier im Kloster war jede zweite Kleidungsschicht eine zu viel. Jarmil feuerte seinen Ofen neu an und erhitzte Wasser.

"Wer... wer hat auf dich aufgepasst, Jarmil?", fragte Ida. Ihre Stimme zitterte. Glitzerten da Tränen in ihren Augen?

"Die Schwestern. Vor allem Schwester Ilysa."

Eine Träne rollte über ihre Wange. Sie nickte.

"Und wie lange bist du schon alleine hier?"

"Vier Jahre.", antwortete Jarmil. Ida vergrub ihr Gesicht in den Händen. Sie schien traurig zu sein, sich schuldig zu fühlen. Arion fand es merkwürdig, dass Jarmil keine Gegenfragen stellte. Er beantwortete die Fragen seiner Mutter einfach nur. Arion hingegen interessierte es brennend, warum Jarmil hier im Kloster alleine lebte. Seine Antworten waren bisher nicht sonderlich zufriedenstellend gewesen. Vielleicht konnte Ida ihm da mehr Auskunft geben. Und warum war sie da draußen gewesen? Eingeschlossen von Eis. Und wie war sie noch am Leben? Bei Odin, Arion hatte so viele Fragen.

"Warum sind Sie fortgegangen?", platzte Arion dazwischen. Sein Kopf brummte nur schon wieder vor lauter Fragen. "Waren Sie eine der Schwestern? Warum haben Sie Jarmil dann hiergelassen?"

Jarmil warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. Ihm passte es wohl nicht, dass Arion sich einmischte. Idas Gesicht tauchte wieder aus ihren Händen hervor.

"Es ist nicht so einfach... Jarmil, ich bin sicher, die Schwestern waren immer gut zu dir und haben sich gut um dich gekümmert. Aber ihr müsst wissen - wir waren Heilerinnen. Uns war es nicht gestattet, Kinder zu bekommen. Deshalb durften nur Frauen hierherkommen, ins Kloster der Göttin Nanna. Ich bin sehr jung hierhergekommen. Das ist gefühlt ewig her. Ich habe hier sehr viel gelernt. Aber dann wurde ich doch schwanger und die Schwestern haben mich ausgestoßen. Ich musste gehen, aber Jarmil musste ich zurück lassen." Tränen begannen über ihr Gesicht zu fließen. "Ich habe eine verfallene Hütte entdeckt, die ich wieder errichtet habe. So konnte ich ein wenig in deiner Nähe sein. Ohne, dass du mich siehst, mein Junge."

Erwachen des FrühlingsWhere stories live. Discover now