Kapitel 4 | Der Prinz auf dem weißen Pferd

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|Der Prinz auf dem weißen Pferd|

Nachdem der Überraschungsmoment vorbei war, tat ich das, was mir als erstes einfiel. Ich biss in die Hand. Zwar ließ die Hand nicht los, aber mein Angreifer war abgelenkt und das nutzte ich. Mit den Füßen stieß ich mich vom Boden ab und machte quasi eine Rückwertsrolle in die Person hinter mir. Das gute an hohen Schuhen. Sie taten weh. Ein Schrei halte durch die Seitenstraße. Verdutzt blickte ich das Mädchen an das anstatt mir auf dem Boden lag und sich die Nase rieb. "Was zum?!" Ich presste mein Knie auf ihren Bauch und hielt ihre Hände auf dem Boden, genauso wie sie es immer in den Filmen taten. Ich schätze sie auf Anfang zwanzig. Sie hatte rote, lockige Haare und olivfarbende Augen die mich wütend funkelnd ansahen. Sie kam mir bekannt vor. "Was willst du von mir?!", blaffte ich sie an. Die Rothaarige antwortete nicht, aber als ich mein Knie fester auf ihren Bauch drückte, zischte sie: "Du wirst ihn nicht treffen!" Zuerst war ich verwirrt, doch dann kapierte ich. "Ich wollte sowieso gerade nach Hause." Harry. Sie meinte natürlich Harry. Das war das Mädchen das gefragt hatte, ob ich seine Freundin wäre. "Ach wiklich?", ertönte plötzlich eine tiefe Stimme.

Meine und Rotschopfs Augen wurden groß. Sie schubste mich runter, sodass ich gegen die nächste Hauswand kullerte. Autsch. Verärgert rappelte ich mich auf und rieb mir den Kopf. Da stand er. Mit einem bis zu den Augenbrauen gezogenen Beanie, in einen Mantel eingehüllt und in einen Schal eingemumt, blickte er uns belustigt an. Während die Rothaarige hyperventilierte und wie ein Schweinchen anfing zu quieken, schnaubte ich entrüstet und klopfte notdürftig den Dreck von meinem Mantel. "Du findest das also lustig?", fragte ich und schaute in seine grünen Augen. Ein Fehler. Sofort schlug mein Herz bis zum Hals. Man sagte immer, die Augen wären der Spiegel zur Seele. Doch bei Harry hatte ich das Gefühl als wäre der Spiegel verhangen. Ein wenig Nostalgie, ein wenig Traurigkeit fand ich. Doch diese Gefühle hatten nichts in den Augen von einen jungen Mann wie Harry verloren. Es machte mich Irre nicht hinter den Vorhang sehen zu können. "Ja, irgendwie schon. Aber dein Purzelbaum war filmreif", verkündete er grinsend. Sarkastisch antwortete ich ihm: "Danke, mein Prinz auf dem weißen Pferd, für die heldenhafte Rettung."

"Bitte! Aber ich glaube du konntest dir selber gut helfen." Seine Grübchen traten zum Vorschein und Rotschopf viel fast in Koma und quiekte nocheinmal drei Oktaven höher, sodass sie nun ein sterbendes Schweinchen darstellte. Ich schüttelte mein Kopf. Ein Zombie. Scheiße. Wenn sie wusste, dass ich und Harry hier sein würden...wer noch? Was wenn die Massen wiederkamen? Ich spürte die aufkommende Panik. Schwer atmend stürzte ich nach vorne, ich musste nach Hause. Doch Harry hielt mich auf. Tränen schossen mir in die Augen. "Lass mich los!", kreischte ich und trommelte gegen seine Brust. Ich hatte das Gefühl keine Luft zu bekommen. Doch er tat es nicht. Stattdessen warf er mich wie ein Sack Kartoffeln über die Schultern und sagte etwas zu Rotschopf was ich in meiner Panikattacke nicht mitbekam. Dann setzte er sich hin und strich über meine Haare. Immer wieder. Immer wieder. Irgenwas flüsterte er in mein Ohr und wippte mich auf und ab. Irgendwann ebbte die Panik ab und ich konnte mich auf seine Worte konzentrieren. Seine tiefe Stimme und die Art wie er langsam jedes einzelnes Wort aussprach beruhigten, nein, hypnotisierten mich gerade zu. "Und dann hat sie ihren Kopf die ganze Zeit gegen die Wand geschlagen und bekam Kopfweh. Ich sagte damals: Du darfst nicht bumm machen" Er lachte leise. Es klang heller als wenn er redete. "Wir sind dann zum Arzt gefahren. Der fragte Gemma: Was hast du denn gemacht? Und sie antwortete: Ich habe gebumst! Wir ziehen sie bis heute noch damit auf. Mit sechs ist etwas früh oder nicht?" Er lachte erneut. Dann kapierte ich und musste kichern. Erschöpft lehnte ich mich gegen Harry und schloss die Augen. Du bist anstrengend, Harry.

Wieder vernahm ich gedämpftes Lachen an meinem Ohr. "Ich wurde schon vieles gennant: talentiert, Boybandfuzzi, Womanizer, Betrüger...aber noch nicht anstrengend!" Ich stöhnte auf. Na toll. Ich hatte das laut gesagt. "Ich hab' dich heute schon zwei mal zum Stöhnen gebracht.", stellte er fest und ich deutete gleichzeitig heftige Doppeldeutigkeit, Stolz und Witz in seiner Stimme. "Weißt du Harry-", mit einem aufreizenden Wimpernaufschlag von unten baute ich sein Ego auf. Gleich würde ich es mit beiden Füßen auf dem Boden zertreten. Muhahahahaaaa. "Ich denke du könntest mich heute noch viel öfter zum Stöhnen bringen, aber es gibt jemand der das viel besser kann als du, Harry." Ich rutsche auf seinen Schoss. "Und wer soll das sein?", fragte er und fühlte sich direkt nicht mehr ganz so überlegen. Mit meinen Lippen fuhr ich über seinen Hals. So wie du mir, so ich dir. "Josh. Mein Freund", log ich gegen seinen Hals. Er umfasste meine Taille und hob mich schwungvoll hoch während er aufstand. "Dann kann es nicht gut sein. Schließlich hast du gerade eine Verabredung mit mir." Ich mochte seine Offenheit. Unschuldig lächelnd sah ich ihn diesmal von oben an. "Oder ich will einfach nur dein Geld."

"Ich denke du hast genug davon." Ich lachte. "Harry, Harry, Harry. Nichts - wissender Harry. Das gerade du das nicht weißt! Menschen die viel Geld haben, horten ihr Geld. Sie wollen immer mehr Cash. Das ist der Kreislauf des Lebens. Geboren werden. In die Schule gehen. Studieren und oder Arbeiten. Das alles um Geld zu verdienen. Es auszugeben und guter letzt zu sterben. Okay, oder man ist so jemand wie du und ich." "Du solltest Philosophin werden", schlug er mir vor und setzte mich ab. "Hm nein. Ich werde menschliches Verhalten analysieren und mir die Schwächen zu nutze machen um Geld zu verdienen", grinste ich. Mit Ironie und Sarkasmus konnte ich Unsicherheit am besten überspielen. Ja, er machte mich unsicher. "Dann analysiere mich mal...scheiße ich weiß nicht wie du heißt." Wir tauschten einen ungläubigen Blick aus. "Camila! Ich heiße Camila!", rief die Rothaarige zu uns rüber. Ich hatte sie komplett vergessen. Die Augen verdrehend wandte ich meinen Kopf zu ihr. "Supi Camila. 'Nen schönen Abend noch."

Sie sollte verschwinden. Stattdessen kam sie zu uns herüber. "Haaaaaarryy...kann ich bitte, bitte, ein Autogramm haben? Und ein Foto und..." Es reichte mir. "Und sein Leben oder was?! Mach mal einen Punkt Camila. Stell dir doch mal vor wie es wäre wenn du ihn persöhnlich und ALLEINE treffen könntest und dann käm ich und würde die ganze an ihm hängen. Das vermiest es doch!" Heute war nicht mein Tag. Definitiv nicht. Schuldbewusst blickte sie erst mich und dann Harry an. Dann fing sie an zu weinen. "Nein, nein so hab' ich das nicht gemeint. Äh sorry ich...", gestresst strich ich eine Strähne die sich aus meinen Zopf gelöst hatte hinters Ohr. Der braunhaarige Sänger hingegen, schien mit weinenden Mädchen besser klar zu kommen als ich. Natürlich kam er besser klar. Er war ein Mädchenschwarm seit er 16 war. Etwas neidisch beobachtete ich die Szenarie. Er nahm sie in den Arm, flüsterte ihr Sachen zu, gab ihr ein Autogramm, machte mit ihr ein Foto. Die Tränen versiegten so schnell wie sie gekommen waren und Camila strahlte wieder. Ich räusperte mich. "Es tut mir echt leid wegen eben, das...Das war nicht okay." "Ist in Ordung. Du hast eigentlich ja Recht. Schönen Abend noch!", zwinkerte sie uns zu und ging. Perplex starrte ich ihr nach. Ich dachte sie würde mich hassen. Aber das tat sie nicht.

"Das war nicht in Ordnung.", sagte Harry und blickte mich ernst an. "Ich weiß." Eine kurze Stille entstand. „Neuanfang?", fragte ich und kaute nervös auf meiner Lippe herum. Unser kennenlernen war stessig und kurz gewesen. Kein guter Start. "Wie meinst du das? Ach so. Neuanfang", lächelte er.
"Hallo ich bin Harry. Harry Styles.", begrüßte er mich mit seinem Grübchenlächeln. Verdammt, wusste was er damit für eine Wirkung hatte? Bestimmt. "Mein Name ist Harris. Melina Harris", sagte ich völlig ernst, formte eine Pistole und erschoss Harry. Dramatisch ließ er sich auf die Knie sinken und keuchte: "Wieso? Wieso hast du das getan?!" Mit meiner Bondstimme fuhr ich fort: "Weil alle Engländer James Bond lieben."

Dann prusteten wir los.

Honey - Never lie || h.s.Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum