Kapitel 34 | Tappen im Dunkeln

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|Tappen im Dunkeln|
Ich versuchte ganz normal meinem Alltag nachzugehen. Während mein Vater genas, übernahm ich mehr und mehr Verantwortung auf der Arbeit. Ich bekam sogar ein eigenes kleines Büro auf der Chef Etage und darüber war ich durchaus erleichtert, denn so begegnete ich Joshua nicht mehr tagtäglich. Es war als hätte ich ihn verraten. Erst hatte ich ihm dauernd hintergeträumt, ihm dann durch einen Kuss ein indirektes Versprechen gegeben, um es dann plötzlich mit Harry zu brechen. Irgendwo schämte ich mich dafür, doch bereuen tat ich nichts.

Ich packte alles was auf meinem Schreibtisch stand in einen Karton. Meine Kollegin rechts von mir lehnte sich lässig in ihrem Drehstuhl zurück und grinste mich schadenfroh an. „Na, gefeuert?" Diese Frau hatte mich noch nie leiden können. Ich schloss den Karton. „Nein, befördert." Ihre Gesichtszüge entglitten. Triumphierend lächelnd wandte ich ihr den Rücken zu und machte mich auf den Weg ins Hauptgebäude.

Mein Büro bestand aus einem Regal, einem Schreibtisch mit Computer und Stuhl, einem Mülleimer und einem schmalen Stück Glasfront. Staub wirbelte auf als ich meine Sachen auf besagtem Tisch abstellte. Seufzend sah ich mich um. Sauber machen war wohl zu viel verlangt. Also bewaffnete ich mich mit einem Lappen aus der Küche und began alles auf Vordermann zu bringen. Eine ganze Stunde später befand sich der Raum in einem geordneten und von mir eingerichteten Zustand. Sobald ich nichts zu tun hatte, dachte ich wieder an Harry. Das kurze Telefonat von vorgestern schien Ewigkeiten her zu sein. Eigentlich hatte er nochmal anrufen wollen, doch ich hatte vergeblich darauf gewartet. Ich selbst hatte mich nicht getraut, schließlich wollte ich nicht lästig sein. Vielleicht war er einfach beschäftigt. Entschlossen zückte ich mein Handy und wählte seinen Kontakt aus.

09:53
Hey, ich wollte nur fragen was du so machst. Ich hoffe ich störe nicht. M.

Schon allein deswegen schlug mein Herz ein paar Takte schneller. Dann widmete ich mich wieder der Arbeit.

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In meiner Mittagspause machte ich mich auf dem Weg zum nicht weit entfernten Supermarkt. Frische Luft konnte nicht schaden. Etwas später saß ich in meiner Jacke eingemummt und mit einem Sandwich in der Hand auf einer Bank und beobachtete die vorbeikommenden Menschen.

Bling.

Mein Handy informierte mich über eine neue Nachricht.

12:36 ~ Lockenkopf
Natürlich störst du nicht. Sorry, dass ich gestern nicht angerufen habe, ist in dem ganzen Trubel der Party untergegangenen. Ich habe eine kleine Wiedergutmachung für dich. 19:00 am Canada Square? Ich hoffe du kommst Honey. Alles Liebe, H.

Über das ganze Gesicht strahlend, las ich die Nachricht. Canada Square bedeutete, dass er wieder in London war. Und er wollte sich mit mir treffen, noch heute. Generell fand ich seine Antwort unglaublich süß. Ich wusste nicht einmal wirklich wieso. Vielleicht weil er sich entschuldigte für den versäumten Anruf. Oder weil er sich so charmant ausdrückte. Jedoch gab es eine Sache die nicht verstand.

Über was für eine Party redete er? Vor allem der Artikel machte mich stutzig. Es hörte sich so an als ginge es um eine ganz bestimmte Feier, von der sogar ich wusste, obwohl ich nicht dort gewesen war. Schnell rief ich mir das Datum ins Gedächtnis. Gestern war der 31. Januar gewesen, doch außer dem Geburtstag von Justin Timberlake wollte mir einfach kein wichtiges Ereignis einfallen. Da ich bezweifelte, dass das etwas mit Harry zu tun hatte, tappte ich weiterhin im Dunkeln.

12:41
Ich werde da sein Haz, ich freue mich schon! M.

Mein Stolz verbot es mir, peinlicher Weise nachzufragen. Mir würde schon noch einfallen um was es ging oder spätestens heute Abend könnte ich Harry unauffällig darüber ausquetschen.

Ich schmiss die leere Sandwichverpackung in den Mülleimer und machte mich auf den Weg zurück zur Arbeit. Schade, dass man die Zeit nicht vordrehen konnte. Sechs Stunden warten war definitiv zu viel.

Wenn ihr nicht wisst um welches Ereignis am welchen Tag es geht, komme ich bei euch Zuhause vorbei und haue euch mit der Bratpfanne eins über.

Nein keine Sorge, aber mal ehrlich: jeder hier weiß es. Oder?

Alles Liebe,

Lia

Honey - Never lie || h.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt