Kapitel 9 | Probleme

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|Probleme|

Hastig schloss ich das Fenster wieder. Mein Magen schlug vor Aufregung Burzelbäume und meine Gedanken rasten sodass ich keinen einzigen klaren, oder vernünftigen fassen konnte. Er. War. Hier. Bei mir. Bei mir? Wieso war er bei mir? Nervös kaute ich auf meiner Lippe herum und wiegte meinen Oberkörper vor und zurück. Was machte ich denn jetzt?! Na ja, außer warten blieb mir nicht viel übrig. Einfach abwarten. Aber das war leichter gesagt (A/N: Oder gedacht;)) als getan.

Frustriert stieß ich einen Schwall Luft aus und setzte mich auf die Kante meines Bettes. Wieso verstrich Zeit nur immer so langsam wenn man auf etwas wartete. Nach weiteren zehn sich endlos anfühlenden Minuten, verwandelte sich meine nervöse Vorfreude langsam aber sicher in Enttäuschung. Das da unten MUSSTE Harry gewesen sein. Viele Fans, braune lockige Haare und ein schrecklich grell gemustertes Blümchenhemd. Verwechslungen quasi ausgeschlossen. Oder war ich schon so weit gekommen das ich mir solche Szenen zusammen fantersierte? Möglich wäre es. Um das zu überprüfen, erhob ich mich zum wiederholten mal von meinem Bett und nährte mich erwartungsvoll dem Fenster. Zum einem wünschte ich mir die Fanmassen zu erblicken , da es heißen würde das Harry hier wäre, aber zum anderen irgendwie auch nicht, denn wer wollte schon eine Horde Zombies unter seinem Fenster stehen haben. Ich zumindest nicht.

Doch gerade in dem Moment als ich einen Blick hinaus werfen wollte, klopfte es zaghaft an der Tür. Sofort schlug mir das Herz bis zum Hals. "Kann ich rein kommen?", vernahm ich gedämpft Harrys Stimme. Ich starrte zur Tür. "Äh..." Erst nach ein paar Anläufen fand ich meine Stimme wieder. "Klar" Die Tür öffnete sich einen Spalt breit und das Erste was ich sah waren herrlich verwuschelte Locken. Wie bestellt und nicht abgeholt stand ich völlig verloren immer noch mitten im Zimmer als grüne Augen mich neugierig musterten. "Hey, wie geht's dir?", fragte der Sänger mich mit einem Anflug von einem Lächeln und schloss die Tür hinter sich. Etwas stutzig musterte ich ihn. Irgendwas stimmte nicht. Und damit meinte ich nicht das Blümchenhemd, das ich wie ich zu meinem Verdruss feststellen musste ihm hervorragend stand, sondern seine Haltung. Sie wirkte erschöpft. In etwa so wie sie in dem Moment im Fahrstuhl gewesen war. Ermüdet von all dem. "Gut.", antwortete ich aus reinem Reflex und verfolgte gespannt seine Bewegungen.

Er legte seinen Kopf leicht schief und klemmte seine Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger. Allein diese Geste warf mich wieder so dermaßen aus der Bahn dass es direkt unheimlich war. "Das stimmt nicht.", stellte er trocken fest. Immer noch etwas zu gefesselt von seiner Präsens, ließ ich eine Erwiederung aus, während er ein paar Schritte in den Raum tat. Schweigend zog er sich einen Stuhl heran, ließ sich nieder und deutete mit ausladender Geste auf das Bett. "Leg dich doch hin. Du musst dich ausruhen.", meinte er führsorglich. Aber ich entschied mich dazu mich ebenfalls auf einen Stuhl zu setzen um es so einfach wie möglich zu machen. "Dir geht es nicht gut Harry, oder?", fragte ich zögerlich und zupfte an meinen Haaren herum. "Alles gut.", behauptete er. Fast hätte ich es ihm abgekauft, aber als ich aufblickte bemerkte ich wie er meinen Blick mied. "Harry.", sagte ich ruhig und ohne jeden Vorwurf in der Stimme. Nun sah er mir direkt in die Augen.

"Verdammt, scheiße! Scheiße geht's mir!" Von seinem plötzlich lauten Tonfall erschreckt, zuckte ich zusammen und starrte mit großen Augen auf sein wutverzertes Gesicht. Aufgebracht fuhr er vom Stuhl hoch und kickte ihn Beiseite. "Ha-", setzte ich an, wurde jedoch unterbrochen. "Ich kann das einfach nicht mehr! Dieser ganze Mist der... der steht mir bis hier!", rief er und deutete mit seiner Hand unter das Kinn um dann nach dem Bettlaken zu greifen und es mit einem Ruck weg zu ziehen. "Harry je-", versuchte ich es erneut und doch wurde ich wieder unterbrochen. "Ich bin doch auch nur ein verdammt normaler Mensch, aber ich werde behandelt wie keiner Ahnung wer und niemanden interessiert es wie es mir dabei geht! Ich wünschte ich wäre ein ganz normaler Mensch, mit ganz normalen Problemen! Ich habe k-...", brauste er auf, doch diesmal war ich es die ihn unterbrach, denn ich hatte entschieden genug. "Harry! Es reicht, okay?!" Erstaunt sah er mich an, doch dann verschloss sich seine Miene zu einer ausdruckslosen Maske. Der Mut verließ mich wieder und ich ruderte etwas zurück. "Es bringt doch nichts. Oder zumindest nicht auf diese Weise...", murmelte ich. Keine Reaktion. Mühsam stand ich auf und suchte mir Jogginghose und Hoodie aus der Tasche die mir meine Mum mitgebracht hatte raus. Die Kombination war nicht wirklich chick, aber der leichte weitgeschnittende Stoff würde meine Knie kaum berühren. "Warte kurz.", meinte ich und verschwand schleunigst im Bad.

Als ich wieder heraus kam, stand Harry noch genau so wie eben da. Er hatte sich keinen Milimeter bewegt und sein Blick ruhte abwesend auf einem unbestimmten Punkt an der Wand. Ich nahm meinen (etwas demolierten) Mantel vom Harken und griff nach der Türklinke. Entweder würde er mir folgen oder nicht. Da ich das Zimmer bis heute noch kein einziges mal verlassen hatte, sah ich mich neugierig im Flur um. Plötzlich bemerkte ich einen großen Mann neben der Tür. Erschrocken wich ich ein wenig zurück. Neutral blickte mich der menschliche Schrank an. "Bodyguard", sagte er mit gratziger Stimme und ich verstand. "Oh.", rutschte es mir heraus und innerlich schlug ich mir gegen die Stirn. Dumm. Natürlich hatte Harry ein Bodyguard. Obwohl als ich ihn das erste mal getroffen hatte, war von dem nicht viel zu sehen gewesen. Ich musste etwas säuerlich geguckt haben, denn der Schrank zog seine Augenbrauen hoch. Auch wenn es wahrscheinlich nicht seine Schuld war, irgendjemanden musste ich die Schuld geben an dem "Dilemma" vor wenigen Tagen. Ich wandte mich ab. Zurück zu meinem eigentlichen Ziel. Zum Treppenhaus ging es nach... links. Ich drehte mich zu Harry. "Komm.", forderte ich ihn auf. Langsam drehte er seinen Kopf zu mir. Seufzent schloss ich die Tür. Dann eben nicht. Etwas enttäuscht schlenderte ich den Flur entlang. Aber ich würde sicherlich nicht damit anfangen irgendwelche Erwartungen an ihn zu haben, denn anscheinend hatten das schon genug Leute. Nach gefühlten Ewigkeiten bekam ich es hin die Tür zum Treppenhaus mit einer Hand zu öffnen und begann die Treppen hoch zu steigen. Doch nach einem einzigen Treppenabsatz bereute ich meine Entscheidung bereits wieder. Meine Knie taten so sehr weh, dass ich mich vorsichtig auf eine der furchtbar kalten Treppenstufen sinken lassen musste. Na supi. Mein eigentlicher Plan war es gewesen Harry mit auf das Dach des Krankenhauses zu nehmen (Mrs Welsh's Geheimtipp) um ihn ein wenig von seinen Sorgen abzulenken und jetzt saß ich alleine auf einer Treppe und wusste nicht weiter.

Tatsächlich war ich sehr überrascht von Harrys offenen Gefühlsausbruch mir gegenüber. Dass nicht alles immer Friede, Freude, Eierkuchen war wie es die PR-Argenturen und Stars verkauften war mir auch klar, aber dass wirklich so ein enormer Druck auf dem brünetten Sänger lastete sodass er sich sogar mir, einer fast völlig Fremden öffnete, zeigte mir dass sein Leben momentan anscheinend nicht wirklich prickelnd verlief. Noch einmal ließ ich mir seine Worte durch den Kopf gehen, aber mir viel einfach keine Lösung für sein Problem ein. Es gab keine. Schließlich war Berühmtheit nichts was sich an- und abstellen ließ. Er konnte zwar eine Auszeit machen, aber das würde auch nicht viel ändern sondern lediglich die Aufmerksamkeit verteilen. Hinschmeißen der Karriere wäre keine Option, dem war ich mir bewusst. Erschöpft lehnte ich meinen Kopf gegen die Wand.

Wäre doch Josh oder Helena hier, mit denen könnte ich reden. Aber da fiel mir ein: wir waren momentan verstritten und zwar aus entweder ziemlich dummen oder unklaren Gründen.

Kleine Anmerkung nebenbei: mir hat gerade jemand Raspberry Ice Tea mitgebracht (love it) und ich wollte eigentlich schon um 06:30 Uhr updaten, aber Wattpad hat gestreikt :(

Honey - Never lie || h.s.Where stories live. Discover now