Kapitel 12

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Los kommt Leute!", flüstert Jean vor uns. „Den Gang dort vorne müssen wir noch kontrollieren, dann sind wir für heute durch." Er dreht sie zu uns um ohne auf den Scheinwerfe seiner Taschenlampe zu achten und leuchtet mir dadurch voll ins Gesicht. Ich stöhne genervt und schiebe seine Hand mit der Taschenlampe bei Seite. „Wenn du schon unbedingt jemanden blenden möchtest", sage ich. „dann doch bitte die Wand." „Oh sorry.", antwortet dieser und dreht sich wieder nach vorne und schleicht leise weiter vorwärts. Timo, Luki und Konrad folgen dicht hinter ihm. Ich bleibe noch einen Moment stehen und bilde die Nachhut. Nach langem Überlegen, habe ich mich dann dazu entschlossen, mich endgültig voll und ganz dem Aufklärungstrupp von Jean anzuschließen. So kann mir Daisy zumindest nichtmehr vorwerfen, dass ich nur faul im sicheren Lager herumlungere. Eigentlich wollte ich Al auch nochmal nach den Gerüchten fragen, die Daisy mir über ihn erzählt hat. Aber immer, wenn ich in Al's Nähe kommen will, ist Mitch auch schon sofort an seiner Seite und beide wollen dann nicht gestört werden. Allgemein scheint Mitch mir seit ein paar Tagen so verändert. Ich habe ihn eigentlich als sehr gefühlskalten und ruhigen Charakter kennengelernt. Doch jetzt wirkt er dauerhaft gestresst. Vielleicht liegt das aber auch einfach nur daran, dass wir, aufgrund der vielen Beamten der Polizei und O-F-U-A, so schnell an keine Versorgungssäule gelangen werden und ihm daher seine Zigaretten langsam ausgehen, hat Luna lachend gemeint, als ich sie gefragt hatte. Mitch ist seitdem Al angeschossen wurde dauerhaft auf den Beinen zu sein. Es wirkt so, als sei er immer unterwegs, aber trotzdem scheint er auch dauerhaft an Al's Seite zu sein. Das macht es also praktisch unmöglich mal mit Al alleine zu reden. Und mit beiden zusammen möchte ich, nach der Geschichte, die ich gestern gehört habe, nicht unbedingt alleine sein.

Dass die O-F-U-A uns nun schon seit über einer Woche immer noch so dicht im Nacken sitzt, entspannt die Gesamtsituation auch nicht gerade. Stattdessen scheint Al mit jeder Sekunde angespannter zu werden. Wenn die Gerüchte, die Daisy mir erzählt hat, wirklich stimmen sollten, scheint Al also ein ernsteres Problem zu haben, wenn die O-F-U-A uns hier finden sollte. Und wenn er wirklich jemanden getötet haben sollte, werden seine Verfolger bestimmt nicht so schnell nachlassen, wenn sie erst einmal eine sichere Spur haben. In dem ganzen Durcheinander scheint eine Person aber verhältnismäßig locker drauf zu sein. Daisy. Sie scheint in dieser brenzlichen Situation stärkere Nerven zu haben, als wir alle anderen zusammen. Ich frage mich nur, vorher ihr plötzliches Interesse an mir kommt. Seit Tagen scheint sie mich dauerhaft zu beobachten. Ob sie wohl gucken will, wie Al darauf reagiert, wenn ich mit ihm über die Gerüchte spreche oder ob sie einfach nur sehen will, ob ich mich gut einlebe. Sie war es ja auch, die mir geraten hat, mich Jeans Gruppe anzuschließen und so meinen Teil in der Gemeinschaft zu leisten.

Und so kam es dann schließlich, dass ich Jean, Timo, Konrad und Luki durch die stockfinsteren Gänge der Kanalisation folge. Die Taschenlampe von Jean kann an diesem Umstand leider auch nichts ändern. Sie ist perfekt um andere damit zu blenden, aber wenn man sie dafür benutzen will, wofür sie eigentlich gedacht ist, leistet sie den wohl denkbar schlechtesten Job. Ich seufze und schließe zu den anderen auf. Immerhin scheint es ja gleich vorbei zu sein. Man kann das Ende des letzten Gangs bereits im schwachen Licht der Taschenlampe erkennen. Soweit scheint alles ruhig zu sein, aber die Tatsache, dass sich hinter jeder nächsten Ecke bereits ein Ermittler der O-F-U-A befinden könnte, verstärkt unsere angespannte Stimmung noch mehr. Da hilft es auch nichts, dass uns bisher heute noch keine Ermittler über den Weg gelaufen sind.

„Ok, das sollte reichen." Jean hört endlich auf zu flüstern und leuchtet mir wieder volle Kanne mit seiner Taschenlampe ins Gesicht. Ich halte mir schützend die Hand vor die Augen und deute ihm mit der Hand die Taschenlampe wieder zu senken. Jean fängt an zu lächeln. „Abmarsch zurück." Er schiebt Timo, Luki und Konrad vor sich her. Ich merke den Kleinen an, wie erleichtert sie jetzt wirken, nun da es endlich zurück geht. Mir geht es ganz ähnlich. Auch ich bin froh wieder zurück in die Höhle zu dürfen. Diese ganze Dunkelheit und die Ungewissheit darüber, wer oder was sich hier in diesen Gängen herumtreiben könnte, sind eindeutig nichts für mich.

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