Nachsitzen

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Als ich den Raum betrat schaute ich mich um. Der Raum war komplett leer, also hatte ich freie Platzwahl. Ich ging Richtung Fenster und hatte jetzt schon keinen Bock mehr auf Nachsitzen. Bevor ich mich auf den Stuhl setzte öffnete ich ein Fenster. Wir hatten Sommer. Die Sonne brannte herunter und die Luft war viel zu Warm. In der Schuluniform war es nicht unbedingt einfach. Lange enge Hose und ein Hemd, dass bereits an mir klebte. Ich lehnte mich in meinen Stuhl und es kam eine kühle Brise geflogen. Ich schloss meine Augen und genoss es. Nachsitzen nervt! Bestimmt liegt jeder andere an einer kühlen Wasserquelle sei es ein Pool, ein Teich oder etwas anderes, nur ich wieder nicht. Warum musste ich mich auch mit Keith streiten. Wo bleibt er überhaupt? Auch wenn wir Freunde waren stritten wir oft und das über belanglose Themen. Entweder wollte ich oder er besser sein. Es hat uns viel Ärger, aber auch gutes beschert. Ich öffnete meine Augen und blickte hinaus, dabei dachte ich an manche Momente. Einmal waren wir alleine im Kino. Wir haben uns echt gut verstanden. Wir kamen uns auch näher als sonst, aber dann war der Film zu Ende. Als wir dann zu ihm gefahren sind fingen wir erneut das Streiten an. Am Anfang des Streites haben wir über die Charaktere geredet und welcher uns am Meisten gefiel, dann ist es ausgeartet. Irgendwann haben wir so laut gestritten, dass ein Auto uns angehupt hat, dass zufälligerweise an der Ampel neben uns stand. Danach mussten wir laut los lachen. Die restliche Nacht danach war sehr harmonisch. Wir haben auf der PS4 gespielt ohne einen Wettkampf daraus zu machen. Wir haben gelacht, Witze erzählt oder von der Vergangenheit geredet. Um 2 Uhr sind wir ins Bett gegangen, aber ich wollte noch ein, zwei Folgen von Stranger Things anschauen. Da legte er seinen Kopf auf meine Schulter und schaute sie mit mir an. Irgendwann bemerkte ich seinen gleichmäßigen Atem und kam zum Entschluss, dass ich seinem Beispiel folgen sollte, schlafen! Ich legte daraufhin mein Handy vorsichtig weg und machte es mir etwas bequemer ohne ihn aufzuwecken. Ich konnte mich so drehen, dass er in meinen Armen lag und wir so gemeinsam schliefen. Es war einfach der süßerste Moment, aber wieder jeder andere musste auch er zu Ende gehen. Wenn wir etwas unternahmen kam es öfter zu so etwas, aber mehr nicht und sowas kam auch nur vor, wenn wir alleine waren. Manchmal wünschte ich, dass man in sein Herz blicken könnte oder er mehr zeigen würde. Ich habe oft überlegt ein Schritt weiter zu gehen, doch ich wusste nie wie Keith reagieren würde. Plötzlich wurde ich durch einen lauten Knall aus meinen Gedanken gerissen. Ich drehte meine Kopf zur Tür. Dort stand der Schwarzhaarige mit hoch rotem Kopf und seine Tasche lag auf dem Boden. „Alles ok?" Erst starrte er mich an, dann versteckte er sein Gesicht in seinen Händen. „Schau mich nicht an!" „Warum nicht?" Ich stand auf und schritt langsam zu ihm hin. „Weil, weil ich nicht möchte, dass du mich ansiehst." Als ich vor ihm stand nahm ich seine Hände und drückte sie von seinem Gesicht weg. „Ich soll dich nicht ansehen, weil du rot bist?" „Jaa!" Leicht musste ich grinsen. „Das ist doch nicht schlimm." „Machst du dich witzig über mich?" „Tu ich nicht." „Doch tust du, schließlich lachst du." „Ich lache, weil es süß ist. Das hab ich zum ersten Mal bei dir gesehen." Ungläubig blickte er mich an. Eine Zeitlang schauten wir uns nur in die Augen bis es mir zu anstrengend war die ganze Zeit leicht in der Hocke zu sitzen. Es war zwar niedlich, dass er kleiner war, aber es gab auch Nachteile. Schnell hob ich seine Tasche auf und wollte sie ihm geben, als der Lehrer sich hinter uns räusperte. „Habt ihr euch schon wieder gestritten?" „Nein, ihm ist nur die Tasche runter gefallen." „Ok, wenn ihr dann hier fertig seit könnt ihr mich durch lassen." Wir gingen sofort zu unseren Plätzen, also ich an das Fenster und er setzte sich hinter mich. „Ich muss noch kurz etwas korrigieren. In der Zeit könnt ihr euch leise unterhalten, danach habe ich eine Arbeit für euch." Man hörte von uns beiden ein genervtes Stöhnen. Arbeit und das bei dieser Hitze? Der will uns doch quälen! Ich lehnte mich wieder an das Fenster und schaute hinaus. Irgendwann war es mir zu blöd und ich drehte mich um. „Mullet, Schläfst du?" „Nein." So wie er auf dem Tisch lag und sein kleiner Zopf in die Höhe stand hatte ich keine andere Wahl, als damit herum zu spielen. Ich drehte seine Haare mal nach links, dann nach recht zwischendrin hab ich es bisschen geflochten. Es machte mir sehr viel Spaß, da sein Haar perfekt dafür ging und es war so flauschig. „Kannst du das lassen?" Mit verstellter Stimme antwortete ich ihm: „Wieso das denn?" „Weil es nervt, schließlich will ich meine Ruhe haben." „Aber es macht Spaß." „Ich bin nicht deine Unterhaltung." „Och komm. Sei doch nicht so." Provokant spielte ich noch einmal damit herum. Da packte er meine Hand und blickte mir direkt in die Augen. „Hast du nicht gehört, Dumpfbacke!" „Ach komm, geb zu, so ganz unter uns, es gefällt dir doch." Er riss seine Augen auf und erneut kam ein leichter Rotschimmer über seine Wangen. Seine Minie verdunkelte sich wieder und schließlich antwortete er mir auch: „Bist du dir sicher?" „Jaa!" Plötzlich packte er mich am Kragen und zog mich näher zu sich. Unsere Gesichter trennten nur noch paar Millimeter. „Weißt du, deine blauen Augen sind im Licht echt wunderschön und deine Anwesenheit ist manchmal sehr angenehm, da es nie langweilig wird, aber sei nicht so von dir überzeugt." „Also war ich der Grund, weshalb du die Tasche fallen lassen hast?" „In der Tat, aber bilde dir nichts darauf ein." „Warum nicht? Ich gefalle dir doch." „Wovon träumst du eigentlich? Niemals!"  „Da sind aber unsere Treffen ganz anderer Meinung." „Lass diese aus dem Spiel!" „Ach, Keith." Ich legte meine Hand so auf seinen Kopf, dass ich erneut an seinem Zopf herum spielen konnte. In seinen Augen konnte ich klar und deutlich sehen wie er nach dachte. Bestimmt habe ich jetzt gewonnen, schließlich meckert er auch nicht. „Lance, freu dich nicht zu früh." Verwundert schaute ich ihn an. Was meint er jetzt? Worauf soll ich mich nicht zu früh freuen? „Was meinst du?" „Du hast laut gesprochen und du hast lange noch nicht gewonnen. Mein ultimativer Zug kommt erst noch." Als er den Satz beendete verband er unsere Lippen. Ich war wie angewurzelt da gesessen. Kurz bewegte er seine weichen Lippen, danach löste er sich wieder und legte sein Kopf auf den Tisch. Ich konnte nicht fassen was gerade passiert war. Er hat mich geküsst! Langsam löste ich mich aus meiner Starre und ich war jetzt derjenige mit dem roten Kopf. „Was war das? Du kannst mich doch nicht einfach küssen und dich umdrehen!" „Ich hab doch gesagt freu dich nicht zu früh. Ich habe noch einen ultimativen Zug mit dem ich gewinnen würde und das habe ich." „Dein Ernst?" „Ja." Ich war zwar vollkommen total wütend, aber konnte mich erstaunlich ruhig verhalten. Unser Lehrer bemerkte nichts vom Kuss. „Mister Kogane und Mister McClain, jetzt wird gearbeitet!" Der Schwarzhaarige schnappte sich seine Tasche und stampfte ihm hinterher. Ich hingegen starrte Keith nach und regte mich noch immer über diese Aktion auf. Er kann mich doch nicht einfach küssen! „MCCLAIN!! Beweg deinen Arsch", schrie mein Lehrer aus dem Gang. Auch ich schnappte mir meine Sachen und rannte zu ihm.
Er führte uns nach außen in einen alten Schuppen. „Da das Wetter so schön ist werdet ihr die Blumen gießen. Einer von euch kann mit dem Gartenschlauch arbeiten und der andere muss Gießkannen tragen." „Aber warum müssen wir das tun? Haben wir nicht eine Garten AG", fragte ich. „Die ist momentan auf einem Ausflug, also heran an die Arbeit. Erst wenn das fertig ist dürft ihr heim gehen." Keith drückte mir zwei Gießkannen in die Hand und er nahm den Gartenschlauch. „Wir können uns abwechseln." Jetzt tut er ganz normal? Was bildet er sich eigentlich ein. Er küsst mich und erklärt nichts dazu, außer das er gewonnen hat. Er weiß gar nicht, wie sehr er mit meinen Gefühlen spielt! Ich bestrafte ihn mit schweigen und stampfte beleidigt davon. „Ach komm schon, Lance. Sei nicht wütend auf mich." Gekonnt ignorierte ich ihn und fing meine Arbeit an. Nach locker 45 Minuten brauchte ich eine Pause. Ich hatte bereits mein Hemd ausgezogen, da es so warm war. Zusätzlich war es total voll geschwitzt. Ich ging um die Ecke und sah wie Keith die Blumen gießt. Wie kann er nur so im Hemd da stehen? Schwitzt er denn nicht? Eine Zeitlang beobachtete ich ihn, als mir die perfekte Racheaktion in den Kopf schoss. Ich schlich mich zum Schlauch und stellte mich auf ihn drauf, somit würde ich das Wasser anstauen. Verwirrt drehte er den Schlauch so, dass das Wasser in sein Gesicht spritzen würde. Ich ließ meinen Fuß locker und er wurde vollkommen nass. Völlig verärgert schaute er hinter sich und dort stand niemand anders als ich. „Rache ist süß, obwohl deine Aktion um weiten fieser war!" Er hielt den Gartenschlauch in meine Richtung und somit wurde auch ich Nass. Ich tropfte echt von Kopf bis Fuß, sowie er, aber es war irgendwo eine angenehme Abkühlung.
Er zielte weiter auf mich. „Hör auf, Keith!" Doch er nahm ihn nicht weg, daher rannte ich auf ihn zu. Als ich versuchte ihn weg zunehmen fiel ich auf ihn drauf, da er den Schlauch so beschissen weg ziehen musste. Ich drückte sein Handgelenk auf den Boden und grinste frech. „Ich würde sagen du hast verloren." „Nö." „Wie nö? Ich hab dich klar und deutlich besiegt, also geb dich geschlagen!" „Nur unter einer Bedingung." „Na gut und die wäre?" Sein Blick wanderte von meinen Augen zu meinen Lippen über meinen Oberkörper und zuletzt starrte er komplett weg. „Würdest." Er machte eine Pause und holte nochmal tief Luft. „Würdest du mir einen Kuss schenken? So wie ich dir." Jetzt war ich überrascht. Erst das im Klassenraum und jetzt die Bedingung? So aktiv und offen war er noch nie! „Bist du dir sicher?" „Wenn du so herum trödelst, dann nicht mehr." „Da ist wieder der alte Keith." „Boah! Vergiss es einfach und geh runter von mir!" Ihn auf die Palme zubringen macht echt Spaß. Um ihn nicht weiter zu ärgern gab ich ihm endlich seinen Kuss. Als sich unsere Lippen berührten explodierten meine Gefühle. Mein kompletter Körper erwärmte sich, obwohl es schon total warm war. Meine Schmetterlinge im Bauch spielten verrückt. Ich lockerte meine Griff und eine Hand verhakte sich mit der Freien von Keith. Er drückte fester zu als ich unseren Kuss intensiver werden lies. Ich drang mit meiner Zunge in seine Mundhöhle und erkundete diese. Auch er versuchte meine zu entdecken, doch es entbrannt ein heißer Kampf. Irgendwann brauchten wir auch wieder Luft, also lösten wir uns schweren Herzens. Ich ging wieder von ihm herunter und er konnte sich anständig hinsetzen. Da der Schlauch vorne ein Ventil hatte konnten wir das Wasser abdrehen. Keith war der Erste, der die Stille brach. „Was ist das zwischen uns?" „Ich, Ähm, weiß nicht. Vielleicht Liebe?" Mit einem ernsten Blick schaute ich ihm in die Augen. Ich war mir sicher, dass ich ihn liebte, aber er mich? Er war kalt und doch barmherzig. Er war gefühllos, aber in manchen Momenten der gefühlvollste Mensch. Er war ein einziges Rätsel. Ich bin ein offenes Buch bei dem man einiges schnell heraus lesen konnte. Er ist dafür ein geschlossenes Buch, bei ihm musste man jede Seite genauestens lesen, damit man es verstehen kann. „Wenn sich liebe so anfühlt, dann soll es für immer bleiben." „Wie fühlt es sich denn bei dir an, Keith?" „Wie soll ich sagen. Oh man! Ich komm mir vor, wie in einem Liebesfilm. Ich bin kein Mensch für lange Erklärungen, aber ich kann es nicht anders beschreiben. In deiner Nähe fühle ich mich sehr wohl. In deinen Armen zu liegen ist wie, wie als wäre ich in einer Blumenwiese. Bei dir ist alles so friedvoll. Meine Probleme lösen sich in Luft auf, nur wenn ich ganz kurz in deine wunderschönen Augen blicke. Du bist meine Nummer Eins mit der ich überall hingehen würde. Bei dir vergesse ich immer die Zeit und konzentriere mich nur auf den Moment. Deine Berührungen lassen mich explodieren. Du bist auch ein total nerviger Mensch, aber dass ist das was ich brauche. Das Lied ‚Nummer Eins' von Stereoact würde sehr gut dazu passen." Ich war überglücklich und überrascht. Auf einer Seite hätte ich sowas nie von Keith erwartet, schließlich war es total Kitschig. Auf der anderen Seite fühlte er das gleiche wie ich und das freut mich. „Lance, was sagst du dazu?" Seine Augen steckten voller Hoffnung mit einem Funken Angst. Ich konnte keine richtigen Sätze bilden und gab nur einzelne Wörter von mir. „Kribbeln. Schmetterlinge im Bauch. Wärme. Liebe. Hoffnungslos verliebt." Erst schaute er mich völlig verwirrt an. „Was meinst du?" Danach begriff er und fing zum grinsen an. „Du auch?" Ich lächelte ihn ein wenig an und vermied Augenkontakt. Wie konnte er in so einem Moment so ruhig bleiben? Mein Herz pochte wie verrückt. Ich musste schwer schlucken und würde am liebsten meinen Kopf in ein eiskaltes Becken stecken. Er kam mir etwas näher und legte zwei Finger unter mein Kinn. Vorsichtig drückte er es nach oben, deshalb war ich gezwungen ihm in die Augen zu schauen. „Mit dieser Erkenntnis kann ich mit stolz sagen, dass ich dich liebe, Lance." „Ich dich auch." Er gab mir einen zarten Kuss, den ich sofort erwiderte. Wir küssten uns immer öfter und während den Pausen sprach ich: „Willst.. du... mit mir... zusammen... sein?... So ganz... offiziell?" „Gerne." Noch ein paar Küsse kamen, bevor wir aufgestanden sind. Er schnappte sich den Gartenschlauch und drehte sich zu mir um. „Steh hier nicht so herum, mach deine Arbeit fertig." „Idiot." Mit einem fetten grinsen im Gesicht erledigte ich meine Arbeit.
Am Nächstes Tag zeigten wir es der ganzen Schule. Die einen oder anderen lästerten. Manche waren total überrascht und einige Mädchen quietschten los. Unsere Freunde selbst waren total froh und wollten dies nach der Schule feiern.

Klance Oneshots/KurzgeschichtenWhere stories live. Discover now