17.

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Die Sonne ging langsam unter. Die Hitze verzog sich. Und es wurde kühl.

Ich bibberte leicht, als wir über einen Sandhügel hinweg wanderten und sich eine gigantische Lagerhalle vor uns erstreckte.
Hier musste es sein. Der Ort für den meine Überlieferung abgesprochen war.
Nachdem ich die Lichter zusammen getrommelt hatte, hatten wir besprochen, dass sie mich „ausliefern" würden und wir sobald die Zeit gekommen war, ein Rettungsmanöver starten würden. Als wäre es etwas nebensächliches, hatte einer der Lichter erzählt, dass es einen bestimmten Ort gäbe, an dem es geschehen sollte.

Und hier war er. Er lag direkt vor uns.
Hier würde es geschehen. Hier würde ich sterben, leben oder Todesqualen erleiden müssen.

Ich atmete einmal tief durch, bevor ich mich zu meiner Gruppe umdrehte.
„Okay, alle mal her hören! Ihr kennt den Plan! Minho, du übernimmst die Führung! Bratpfanne, du und ein anderer, ihr passt auf Newt auf! Und Newt. Du weißt was du zu tun hast." Er würde derjenige sein, der mich ausliefert, so wie es geplant war.

„Ab jetzt befolgt ihr alle die Befehle von Minho!"
Keine Ahnung, wann ich das Kommando übernommen hatte. Aber es erschien mir und den anderen am logischsten, da Thomas mein Bruder war. Und jetzt hatte ich es dem fähigsten Anführer überhaupt übertragen. Minho.

Ich wandte mich wieder von den Lichtern ab und versuchte dem Trubel der hinter mir geschah keine Aufmerksamkeit zu schenken. Stattdessen konzentrierte ich mich auf die Lagerhalle.
„Alles wird gut.",flüsterte mir jemand ins Ohr und hielt mich von hinten an den Schultern. Ich ließ mich leicht nach hinten sacken und lehnte mich an Newts harte Brust. Er legte seine Arme um mich und stützte sein Kinn auf meine Schulter. Ich legte eine meiner Hände auf den Anhänger um meinem Hals.

„Tessa!",rief Minho mich nach einer Weile. Ich schaute ihn an. Sein Kiefer zitterte angespannt und seine Augen glänzten leicht. „Es geht los!"
Ich nickte leicht und sah zu Boden, während Minho und die anderen Lichter sich hinter einer Sanddüne versteckten, von der aus sie die Lagerhalle beobachten konnten.
Newt hob sanft mein Kinn an und zwang mich ihn auszusehen.
„Alles wird gut, verstanden? Wir holen dich und Thomas da raus."
Wieder nickte ich nur. Ein riesiger Tränenkloß setzte sich in meinem Hals fest und verhinderte mein Sprechen.
„Ich liebe dich.",flüsterte Newt. Ohne mir Zeit für eine Reaktion zu lassen, presste er seine Lippen auf meine. Ich brauchte ein wenig, bis ich den Kuss erwidern konnte. Doch als ich es tat, legte ich all meine Sorgen, Probleme, aber auch meine Freude hinein.
Meine Finger vergruben sich in seinem honigblondem Haar.
Seine Arme umschlungen meine Hüften.

Ein Rattern ließ uns auseinander fahren.
Nun war die vollkommene Dunkelheit eingebrochen. Der Zeitpunkt meiner Auslieferung.
Das große Tor der Lagerhalle öffnete sich.
Ein letztes Mal lächelte Newt mich lieb an, hauchte: „Es geht los."
Dann packte er mich grob am Arm.
Natürlich war es nur gespielt, als er mich darauf einen Schritt vorwärts schubste.

Das Tor stand nun ganz offen, doch keine Menschenseele ließ sich sehen.
Nicht ein Licht, ein Ton oder sonst ein Lebenszeichen.

Newt zog mich die Sanddüne herab, auf die gerade gelegene Fläche vor dem Eingang der Halle. Stillschweigend blieben wir stehen und warteten. Wir bewegten uns nicht. Redeten nicht. Man traute sich kaum einen Atemzug zu machen, ohne die Angst, man könne ihn hören.

Ein paar Minuten ging es so weiter und ich spürte, wie ungeduldig Newt war, als eine Reihe von Scheinwerfern anging und grelles Licht auf uns warf. Ich kiff die Augen zusammen und versuchte mich an die Beleuchtung zu gewöhnen, indem ich blinzelte.
Langsam sah ich wieder normal und drei Mädchen kamen auf uns zu gelaufen.
Ich spürte wie sich Newts Griff um meinen Arm festigte.
Kurz nach dem Tor stoppten sie. Hinter ihnen reihten sich weitere auf. So viele, dass es mir unmöglich war, sie alle zu zählen.
Vielleicht 40 oder 50.
Allesamt bewaffnet.
Mit modernen Gewehren, Munition, glänzenden Dolchen.

Doch meine Aufmerksamkeit galt eher den vorderen Dreien.
Wie es aussah hatten sie nämlich das Sagen.

Das mittlere Mädchen trat vor. Sie hatte schwarzes welliges Haar und strahlend blaue Augen.
In ihrer Hand trug sie einen silbernen Dolch.
„Hin knien!",rief sie bedrohlich aus und zeigte mit der Spitze ihres Dolches auf mich.
Ich sah zu Newt, bewegte mich aber nicht. Mein Herz bebte in meiner Brust und Angstschweiß bildete sich auf meiner Stirn. Eine falsche Bewegung und wir könnten tot sein. Doch eine falsche Entscheidung und auch Thomas war für immer verloren.

Newt schaute erst auf das Mädchen, dann auf mich. Fast unmerklich schüttelte ich den Kopf.
„Harriet.",gab die Schwarzhaarige einer etwas dunkleren einen anscheinend abgesprochenen Befehl und diese kam auf uns zu.
Sie bremste nicht ab oder wurde langsamer.
Sie lief in großen schnellen Schritten um mich herum, nahm ihr Gewehr und schlug es mir in meine Kniekehlen.
Vor Schmerzen zischend fiel ich auf die Knie.
Newt hatte mich losgelassen.
Stattdessen hatte Harriet mich gepackt.

„Sonja!",herrsche die Schwarzhaarige erneut das andere Mädchen mit dem blonden Haar neben sich an. „Übernehm ihn!" „Alles klar, Teresa."
Sonja zögerte nicht lange, lief zu Newt und zerrte ihn von mir weg.
Ich riss meinen Kopf in die Höhe und wollte aufstehen.
Doch Harriet zog mir das Gewehr über den Schädel und mein Kopf kickte nach vorn, während Sonja mir die Hände auf dem Rücken zusammen band.
„He...!",protestierte Newt, aber schwieg, da mehrere Waffen von dem Mädchentrupp auf ihn gerichtete wurden.

Mein Gesicht zeigte nach unten.
Eine warme Flüssigkeit bahnte sich den Weg aus meiner Nase und tropfte zu Boden.

„Sie mich an!",sagte Teresa barsch.
„Ich meine dich, Melanie!",verlieh sie ihrer Aussage Nachdruck. Mich wunderte es nicht, dass sie meinen Namen kannte. Schließlich hatte sie Thomas entführt. Und wahrscheinlich jede erdenkliche Information aus ihm heraus gequetscht.
Ich schielte mit den Augen nach oben, durch den Vorhang aus Haaren hindurch.
Eine kühle Brise wehte mir diese aus dem Gesicht.

„Du sollst sie ansehen!",brüllte Harriet und riss meinen Kopf an meinen Haaren in den Nacken. Langsam schritt Teresa auf mich zu.
„Na geht doch.",meinte sie leise.
Ihr Ton war bedrohlich. Etwas was man von ihr nicht erwartete. Vor allem ihr liebenswertes Aussehen und die blauen sympathischen Augen, machten es schwer sie einzuschätzen.
Doch schon jetzt hasste ich sie von ganzem Herzen.

„Du willst deinem Bruder also Gesellschaft leisten?" „Sicher. Der Ärmste muss sich doch einsam fühlen.",lächelte ich gefaket.
„Keine Sorge. Ich besuche in regelmäßig."
Diese Aussage verpasste mir einen seltsamen Stoß. Hatten sie ihm etwas angetan?
Ihn gequält und gefoltert?

Teresa richtete sich an Newt. „Wir werden sie jetzt mitnehmen. Und du bleibst schön hier. Hände hinter den Kopf und auf die Knie."
„Wir haben einen..."
„Wir haben keinen Deal!",schrie sie ihn an.
„Du bliebst jetzt verdammt nochmal da stehen oder du wirst sie nie wieder sehen!"
Newt zuckte zusammen und tat, was ihm gesagt wurde.
Er kniete sich hin und legte die Hände an seinen Hinterkopf.
Mein Herz verkrampfte sich.
Es war soweit.
Meine schlimmste Angst war wahr geworden.
Eine Falle.
Wir waren ausgetrickst wurden.

Sonja griff nach meinem anderen Arm und zerrte mich zusammen mit Harriet hoch.
Teresa lief voran und mehr oder weniger schleiften mich die beiden anderen hinter ihr her. Ich schaute noch ein letztes Mal zu Newt, bevor ich um die Ecke gezogen wurde und er alleine im Schein der grellen Lichter, auf die Knie gegangen und ergeben zurück blieb.

Learn to Lose (Maze Runner ff Newt)Where stories live. Discover now