XLV. Jagd

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Jimin P.o.V

"Und wann fliegen wir zurück nach Hause?", aufmerksam schweifte mein Blick durch mein Krankenzimmer. Yoongi, Tae und Hoseok saßen neben mir auf Stühlen, wobei Yoongi wie gewohnt meine Finger festhielt. Kookie und Izumi standen an die Wand gelehnt links von mir. Izumi sah leicht schmunzelnd zu mir. "Wann immer du willst! Immerhin sind deine Verletzungen mittlerweile so gut wie komplett geheilt, wir können wieder nach Korea!" Verblüfft sah ich die Frau an. "Wirklich? Aber... Habt ihr schon einen Flug gebucht?", Taehyung kratzte sich unwohl am Genick. "Wir fliegen nicht mit dem Flugzeug.", erklärte er mir zusammenhanglos. Irritiert runzelte ich die Stirn. "Und wie sonst wollt ihre jetzt von London nach Seoul? Mit dem Auto wird es ein wenig schwer! Ich möchte ja nichts sagen, aber ein Meer ist ziemlich unmöglich mit Wagen zu überqueren!"

"Wir werden zurück fliegen, Jimin!", die raue Stimme von Yoongi durchbrach die Stille. Mein Blick huschte zu dem Jungen. Yoongis Gesicht schien etwas ausgemergelt und seine Haut schien noch blasser als sonst. Seit wir vor vier Tagen gesagt bekamen, dass ich nicht auf der Erde bleiben konnte, war Yoongi immer zurück gezogener geworden. Sprach nicht mehr viel, starrte bloß abwesend auf Wände und es verging keine Sekunde, in welcher er nicht nach meiner Hand griff, als könne er so meinem Schicksal entkommen. Verwirrt runzelte ich die Stirn und schüttelte den Kopf. "Ich verstehe nicht ganz...", fragend legte ich den Kopf schief und musterte meinen Freund. Sobald meine Augen jedoch seine trafen, wandte er mit verzerrtem Gesicht den Blick ab. Ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie sein Verhalten mich verletzte. Er war nicht der einzige, welcher darunter litt, dass ich anscheinend nicht lange auf der Erde verweilen durfte. 

Er schien zu vergessen, dass ich ihn genauso sehr liebte und vermissen würde, wie er mich.

"Wahrscheinlich ist dir selbst aufgefallen, dass du keinen Pass dabei hast. Wir können also nicht mit öffentlichen Flugzeugen fliegen, wir werden also in unserer Vampirgestalt zurückfliegen müssen. Doch es gibt drei Probleme." Hoseok sah eindringlich zu mir, während ich verstehend nickte. "Erstens, wie du siehst sitzen hier drei Vampire und drei Nicht-Vampire, also müssen wir euch tragen, was ein wenig anstrengend wird." Mir fiel die Kinnlade runter. Sie wollten uns bis nach Korea tragen? Nun sprang Tae für seinen Kumpel ein. "Zweitens, wir können nur nachts fliegen, weil es sonst zu riskant ist, gesehen zu werden. Also dauert es höchstwahrscheinlich ein wenig mehr als eine Woche, ehe wir in Korea sind. Und drittens, wir müssen noch jagen gehen."

Augenblicklich hob Yoongi den Kopf und starrte Tae an, während er sich mit der Zunge die trockenen Lippen befeuchtete. "Nein. Schon in Ordnung, ich bleibe bei Jimin während ihr jagt." Taehyung kniff frustriert die Augen zusammen und setzte zum sprechen an, doch ich kam ihm zuvor. "Yoongi, ich will dass du jagen gehst.", meine Stimme klang fest und gebieterisch. Der Vampir zuckte erschrocken zusammen und sah aus eingefallenen, energielosen Augen zu mir. "Warum? Ich halte das aus. Ich kam schon viel länger ohne zu trinken aus.", sturköpfig blickte er zu mir, wobei er trübe den Kopf sinken ließ. "Du siehst gar nicht gut aus, Yoongi! Ich möchte nicht, dass dein Vampir wieder komplett durchdreht oder dich bestraft, weil du ihn nicht fütterst!", ich setzte mich etwas auf, was mittlerweile schon viel besser ging, als noch vor einigen Tagen und hob sanft das Kinn des blassen Mannes vor mir. Seine Augen trafen meine, und ich zuckte fast zusammen. 

Sie waren stechend rot, doch das war nicht, was mich dermaßen erschrak.

Es war die absolute Trauer in seinem Blick.

Als hätte er einen Kampf verloren, für welchen er so lange gekämpft hatte. Fast kamen mir die Tränen hoch, doch ich schluckte sie gekonnt hoch. "Ich werde schon nicht weglaufen, Yoongi. Außerdem bleiben Jungkook und Izumi sicherlich bei mir, wenn ihr drei jagen geht. Du brauchst dir absolut keine Sorgen zu machen!" Ich versuchte so viel Zuversicht und Freundlichkeit wie möglich in meinen Blick zu legen. Kurz glomm eine Emotion in seinen Augen auf, doch sie wurde augenblicklich von Trauer zerfressen. Er blieb für einige Momente stumm und betrachtete still mein Gesicht. Das tat er in letzter Zeit öfter. Er musterte jeden Gesichtszug, jede Regung und jeden Teil, als hätte er mich noch nie zuvor gesehen. Schließlich nickte er sanft. "Na gut... Aber ich bleibe nicht zu lange weg!", seine brüchige, dunkle Stimme fegte durch den Raum. Ich nickte lächelnd und drückte seine Hand, während ich mit meinen Lippen ein stummes 'Danke' formte.

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Yoongi P.o.V

"Wir treffen uns nachher hier, okay?", Hoseok's Stimme durchbrach meinen Gedankengang. Ich schreckte leicht zusammen und sah hoch, in das sorgende Gesicht des Braunhaarigen. "Ja... Ja klar.", ich nickte müde und fuhr mir erschöpft über die Augen. Meine Kehle brannte und meine Glieder schienen steif und bewegungslos. Auch Taehyung nickte hektisch zustimmend und riss sich praktisch das Shirt vom Leib. Sein Blick war starr auf den Wald vor uns gerichtet. Wir warne etwa zwei Meilen von der Klinik entfernt, wegen dem Wald. Sonst konnten wir uns nirgends verwandeln. Tae hockte sich leicht hin. Er fletschte die langen Zähne und knurrte laut, als die Flügel aus seinem nun nackten Oberkörper barsten. Da war aber jemand hungrig! Ich schüttelte leicht schmunzelnd den Kopf und senkte den Blick. 

Dann ließ auch ich mein Bewusstsein fallen.

Ich jaulte laut, als ich das Shirt zerriss und es von mir warf. Meine Sinne schärften sich. Meine Muskeln traten hervor, dehnten und formten meinen Körper. Flügel sprossen aus meinem Rücken, bohrten sich durch meine Haut und schwangen kräftig gegen den Wind. Mein Atem stoppte, meine Augen verengten sich und meine Zähne wuchsen. der Vampir übernahm die Kontrolle. Ich sprang in die Luft und ließ den eisigen, nächtlichen Wind durch meine Haare gleiten. Ich grollte laut und schoss nach vorne. Meine geschärften Sinne rochen ein Reh. Einen Hasen. Gras. Schnee. Erfreut jauchzend stieg der Vampir höher in den Himmel, stürzte wieder gen Boden nur um dann Zentimeter vor dem Gras erneut aufzusteigen. Ich atmete einmal tief durch die Nase ein und konzentrierte mich auf die verschiedenen Gerüche.

Hirsch. Hier war irgendwo ein Hirsch.

Mein Vampir trieb mich mühelos in den dichten Wald hinein, stob durch Äste und Hecken, duckte sich unter Bäumen hindurch und schlängelte durch das Dickicht. Die Urinstinkte eines Jägers saßen mir tief in den Knochen und zeigten mir den Weg. Meine Flügel zerfetzten Baumrinde und Blätter, während ich pfeilschnell durch den Wald schoss. Auf einer Lichtung blieb ich stehen. Ruckartig blickte ich in alle Richtungen, versuchte dabei absolut keine Geräusche zu machen. Etwas knirschte hinter mir.

Meine Instinkte schlugen zu.

Ich warf mich tief knurrend auf das Tier, schlug meine Nägel in seinen Körper und rammte meine Zähne in jeden freien Platz. Gierig fing ich an tiefe Schlucke zu nehmen, spürte dabei, wie sich meine Gedanken klärten, mein Hunger verrauchte und mein Vampir langsam wieder die Kontrolle abgab. Der Hirsch fiepte und hechelte schwach, als ich weiterhin gierig sein Blut verschlang. Ich sank mit ihm auf die Knie, als es zusammen brach und hörte erst auf, als auch das letzte bisschen Blut aus dem leblosen Körper getrunken war. Ich wisch mir über den blutverklebten Mund und stand leise seufzend auf. Langsam kamen meine Gedanken zurück, meine Ängste und meine Menschlichkeit.

Fast wünschte ich mir, mein Vampir würde die Kontrolle wieder übernehmen.

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Oh nein :( Yoongi ist deprimiert! Tut mir leid, dass die Kapitel jetzt ein wenig dark wurden... Ich hoffe ihr hattet viel Spaß und voten nicht vergessen! Bis dann, eure M&M's ;) 

1238 Wörter

My Boss is a Vampire ᵞᵒᵒᶰᵐᶤᶰWo Geschichten leben. Entdecke jetzt