Kapitel 9 - Gegenflüche

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Draco saß im Slytherin-Gemeinschaftsraum in einem samtenen Sessel und las den Tagespropheten. Das eine Bein elegant angewinkelt und auf das andere gelegt blätterte er in der Zaubererzeitung herum, doch fand keine spannenden Artikel. Letztes Schuljahr hatte dieses Schmierblatt wenigstens noch Potter heruntergemacht und Dumbledore als Anwärter des Ministeramtes dargestellt, diese Artikel hatte er gerne gelesen. Aber nun? Die ganze Zeitung war voll mit Artikeln die bejahten, dass Lord Voldemort zurückgekehrt war, Interviews mit Auroren und allerlei magischen Tipps und Tricks sich zu verstecken. Als wenn das die Todesser aufhalten würde, dachte Draco und lachte in sich hinein. Er war selbst kein Todesser, noch. Gelangweilt knüllte er den Tagespropheten zusammen und warf das Papier in den lodernden Kamin. Einige der sich bewegenden Bilder wollten ihre Geschichte noch zu Ende erzählen und motzten herum oder schrien, doch das war dem Slytherin-jungen herzlich egal. Auf dem Sofa neben ihm saßen Crabbe und Goyle, die beide an den letzten Hausaufgaben in Verteidigung gegen die dunklen Künste verzweifelten. Die beiden sollten doch wenigstens in diesem Fach gut sein, bei der Erfahrung ihrer Eltern, dachte sich Draco und sah den beiden eine Weile dabei zu wie sie mit spitzer Feder auf dem Pergament herum kritzelten und keine zwei Sekunden später alles wieder durchstrichen. Seine Hausaufgaben in Verteidigung gegen die dunklen Künste hatte er schon lange beendet, seit Snape den Unterricht von Dolores Umbridge auch noch übernommen hatte waren seine Noten zwar etwas gesunken, aber der strenge Lehrer bevorzugte Slytherin und besonders ihn weiterhin. Draco war um ehrlich zu sein froh, Professor Umbridge los zu sein, auch wenn er im Inquisitionskommando endlich die Macht gehabt hatte, die er sich immer gewünscht hatte. Aber die ganz in rosa gekleidete Frau war ziemlich lästig gewesen, vor allem war es dem hellblonden Jungen durch ihre vielen neuen Regel schwerer geworden diese zu brechen, ohne bemerkt zu werden. Sicherlich wäre es besser gewesen, wenn Voldemorts Gegner weniger Zeit gehabt hätten um sich auf die kommende Zeit vorzubereiten, aber nun war es so, wie es eben war.

Die Steine der magischen Tür zum Gemeinschaftsraum öffneten sich und Draco drehte seinen Kopf zum Eingang. Das neue Mädchen kam gerade mit einem Stapel Bücher hindurch, dicht gefolgt von Daphne Greengrass. Sie waren wohl in der Bibliothek gewesen, denn alleine Susette trug mehr Bücher als ihre zarten Arme eigentlich aushalten konnten. Draco stand auf. „Argent, kann ich dich sprechen?" fragte er und sah sie eindringlich an. „Natürlich, Draco." sagte sie und betonte dabei besonders seinen Vornamen, was ihm nicht zu gefallen schien. Er wollte nicht, dass es so rüber kam als hätten die beiden irgend eine andere Beziehung als die eines Vertrauensschülers zu einer Schülerin seines Hauses, doch Susette konnte das förmliche Getue nicht ab. Mit einer Bewegung suggerierte Draco dann seinen beiden Leibwächtern, dass sie verschwinden sollten und ohne eine einzige Frage zu stellen packten die beiden zusammen und verschwanden in ihrem Schlafsaal. „Ich bringe die Bücher mal in unser Zimmer." sagte Daphne dann und nahm Susette die Bücher ab, welche sie auf ihren eigenen Stapel legte. Schwankend ging auch sie in ihr Zimmer und während sich Susette noch ein Mal zu ihr umdrehte, nachdem das Geräusch von vielen fallenden Büchern vernommen werden konnte, ignorierte Draco das andere Mädchen gänzlich. Mit einer Geste bat er Susette nun einen Sessel am Fenster des nun komplett leeren Gemeinschaftsraumes an und setzte sich auf den gegenübergelegenen. „Was wird das hier, ein Bewerbungsgespräch?" fragte Susette, als sie sich so gegenüber saßen. Vielleicht waren sie keine Freunde, aber sie hatte das Gefühl den großen, weißblonden Jungen ein wenig zu kennen. Und so hatte sie auch seine emotionslose Art bemerkt, auf die Susette nun anspielte. „Könnte man fast schon sagen." erwiderte Draco und lies sich nicht ansehen, wie sehr in der Spruch doch überrascht hatte. „Die peitschende Weide kann ganz schön austeilen, was?" fragte er dann in einem leiseren, fast schon gefährlich klingenden Ton. Sein Blick hatte sich auf die zwei kleinen, roten Striemen geheftet, die auf Susettes Wange deutlich zu erkennen waren. „Woher...?" fragte sie ihn, doch wurde von einem kleinen Lachen seinerseits unterbrochen. „Du solltest schon erkannt haben, dass die Sperrstunde für mich nicht wirklich zählt." sagte er dann und innerlich verdrehte Susette die Augen. Hoffentlich hatte sie niemand sonst gesehen als dieser durch die Flure irrende Slytherin. „Und was hast du in den Gängen zu suchen?" fragte Susette, als sie sich wieder etwas gefangen hatte. Schon wieder Wiederworte, das Mädchen schien sich von seiner geheimnisvollen Art gar nicht beeindrucken zu lassen. Er ging einfach nicht auf ihre Frage ein. „Ich kenne den Teamkapitän des Quidditch-Teams und kann dich ihm gerne vorstellen. Nicht jeder entkommt diesem Haufen Zweigen. Vor allem fliegt kaum jemand vorsätzlich in diesen hinein." fügte er dann noch hinzu. Das war es also, worauf Draco hinaus wollte. Susette erkannte, dass sein Vorschlag, ihr den Teamkapitän des Hauses Slytherin vorzustellen, wohl eher zweitrangig war. Es ging eher darum wie viel er gesehen hatte, er wollte es sie wissen lassen. Vielleicht wollte er sie sogar damit einschüchtern, doch das Mädchen ging nicht auf seine Psychospielchen ein. „Danke, aber ich denke nicht das ich im Moment Zeit für Quidditch habe." sagte sie zu ihm und merkte, wie schwer es ihm fiel keine Regung in seinen hellgrauen Augen zu zeigen. Eigentlich hätte sie gerne mal mit einem richtigen Team Quidditch gespielt, aber sie musste Prioritäten setzen. Sie hatte schließlich Aussicht auf außerschulischen Zaubertränke-Unterricht und der würde ihre volle Freizeit in Anspruch nehmen. „Es kommen schließlich schwierige Zeiten auf uns zu." fügte Susette noch hinzu, bevor sie ohne ein weiteres Wort aufstand und den Weg zu ihrem Schlafsaal einschlug. Dracos Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, doch seine Hände ballten sich fast wie von selbst zu Fäusten. Die meisten Slytherin mit denen er zu tun hatte, hatte er unter Kontrolle. Seine Probleme hatte er eher mit den Gryffindors und dort mit einer ganz bestimmten Gruppe, aber doch nicht mit Personen aus seinem Haus. Diese hatten entweder Angst vor ihm oder ließen sich von ihm wie seine persönlichen Sklaven herum schicken. Sie benahm sich anders, , verdammt noch mal, das passte ihm nicht.

Der Raum für Verteidigung gegen die schwarzen Künste war schon gefüllt, als Susette kurz vor Professor Snape durch die Tür huschte und sich auf ihren Platz setzte. Er warf ihr nur einen missbilligenden Blick zu, doch zog keine Hauspunkte ab. Vielleicht lag es an dem Stress, den er als Lehrer für zwei Fächer hatte, aber Snape wirkte fast so, als machte er sich nicht mehr die Mühe einige Lappalien zu bestrafen. Natürlich fiel das besonders den Slytherin-Schülern auf, die nun noch mehr bevorzugt wurden, schließlich lies Snape keine Chance aus einem Gryffindor mit einem gehässigen Spruch ins Wort zu fallen. Snape baute sich vor der Klasse auf, die inzwischen ruhig und gesittet auf ihren Plätzen saß. „Dank Ihrer unglaublich schlechten Aufnahmefähigkeit, machen wir weiter mit unserem Langzeitthema: Gegenflüche." begann Snape den Unterricht. Die Schatten unter den Augen verstärkten das Bild einer Fledermaus noch mehr, welches er bei den Schülern hervorrief. „Als erstes jedoch möchte ich von jedem von euch die Pergamentrollen zu den eigenständigen Zaubern, die als Gegenflüche funktionieren können, sehen." sagte er dann und sammelte mit einer ausgestreckten Hand die Hausaufgaben ein. Draco legte sein, natürlich ausformuliertes Blatt, über die schandhaften Schmierereien von Crabbe und Goyle und sah dabei in das Gesicht seines Lehrers, welches jedoch einen gleichgültigen Ausdruck hatte. Sofort legte Hermine Granger ihre Ausführungen auf das Pergament des Slytherin und verdeckte sie damit, doch trotz ihres triumphierenden Lächeln, der aus ihrer Ansicht perfekt gemachten Hausaufgaben, verzog Snape weiter keine Miene. Wieder vorne an seinem Pult angekommen, legte er den Stapel Papier ab und wandte sich wieder um. „Kann mir jemand sagen, für welche Flüche es keine Gegenflüche gibt?" fragte er dann in die Runde und sein Blick huschte von Reihe zu Reihe. Dracos Hand war tatsächlich schneller in der Luft als Hermines, welches ihr Unbehagen zu bereiten schien. Doch das wäre Snape gleich gewesen, er hätte auch ohne eine weitere Hand in der Luft das aufsässige, kleine Gryffindor-Mädchen nicht dran genommen, für ihre besserwisserischen Vorträge hatte er einfach keinen Nerv. „Für die unverzeihlichen Flüche gibt es keine Gegenflüche." sagte Draco, als Snape ihn mit einem Kopfnicken dran genommen hatte. Hermines Hand war immer noch oben, daher gab der schwarzhaarige Lehrer nun auf und schenkte ihr das Nicken, welches sie aus dem Schweigen erlöste. „Nicht ganz. Die magische Energie eines wirksamen Todesfluchs ist so stark, dass sie entgegengesetzte magische Energien überwindet. Ebenfalls der Cruciatusfluch kann nicht durch einen Gegenfluch aufgehalten werden, sondern lediglich dadurch, dass der magische Folterer selbst seinen Zauberstab senkt. Auch der Imperiusfluch kann von Betroffenen nicht durch einen Gegenfluch gestoppt werden, weil der Fluch selbst die magische Energie der Opfer beeinträchtigt, aber es gibt wahrscheinlich Möglichkeiten, dass Unbeteiligte eine erkannte Imperiushörigkeit aufzuheben vermögen." sagte Hermine und atmete tief aus, als sie mit ihrem Wortschwall fertig waren. Doch statt von ihrem Lehrer ein Lob oder auch nur ein wohlwollendes Nicken zu vernehmen, hörte die Schülerin nur ein „Argent." durch den Raum halle. Die blonde Slytherin hatte ihre Hand ebenfalls erhoben und Snape gewährte ihr prompt das Rederecht. „Damit wurde Malfoys Aussage nicht widerlegt. Es gibt keinen Gegenfluch zum Imperiusfluch." sagte Susette. „Richtig." kam es von Snape und er drehte sich zur Tafel um den viel zu langen Text Grangers und die Aussagen von Malfoy und Argent in Stichworte zu verwandeln, damit die Klasse sie aufschreiben konnte. Hermine warf Susette währenddessen einen genervten Blick zu, denn sie wusste, dass Susettes Aussage korrekt war, wenn man es genau nahm. Der rothaarige Junge neben Hermine verdrehte nur die Augen und flüsterte Harry Potter, welcher eine Reihe hinter ihnen saß etwas zu. Dieser nickte nur, ebenfalls sichtlich genervt. Auch andere Schüler hatten einen verächtlichen oder mindestens gelangweilten Gesichtsausdruck aufgesetzt. Nur Draco Malfoys Mundwinkel zogen sich leicht nach oben, nachdem die Neue ihn vor der neunmalklugen Granger verteidigt hatte.

Zwei Drachen (Harry Potter Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt