Kapitel 23 - Erinnerungen

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Der kalte Boden unter ihren Füßen gab kein Stückchen nach, als sie aus der Tür schlich und das Licht ihres Zauberstabes erlöschen lies. Das Stimmengewirr war noch dort, aus dem kleinen Spalt zum Salon, konnte Susette deutlich Mr. Malfoy und auch Dracos Stimme heraushören. Doch sie verstand nicht, worum es ging. Sie wollte gerade wieder einen Fuß auf die Treppe setzten, als sie im Dunkeln gegen etwas stieß. Es war Stoff, Stoff eines dunklen Mantels. Und als sich ihre Augen langsam an die Dunkelheit gewöhnten, erkannte sie auch um wen es sich handelte. Sofort machte sie einen Schritt zurück. Ihr Mund stand ein Stück offen, während sie ihren Professor versuchte auszumachen. Sein Gesicht lag noch komplett im Dunkeln, eingerahmt von den schwarzen Haaren, die sogar schwärzer als die Nacht zu sein schienen. Sie bekam keinen einzigen Ton heraus, was ihr bei der drohenden Gefahr vielleicht auch ganz recht war, doch auch Snape sagte kein Wort. Er griff sie nur grob beim Handgelenk und schleifte sie fast schon mit sich, doch keineswegs in den Salon. Eine weitere Tür im Erdgeschoss führte in eine Art Besenkammer. Sie war immer noch recht geräumig, doch es schien als wurde hier nur allerlei Geräte für Haus und Garten aufbewahrt. „Was machen Sie hier, wenn ich fragen darf?" grollte Snapes Stimme durch die Kammer, als er die Tür geschlossen hatte und sie endlich losließ. Susette rieb sich ihr Handgelenk, der Mann hatte einen ziemlich starken Griff. „Das könnte ich Sie genau so frag, Professor. Ich verbringe hier nur meine Ferien." gab Susette zurück, Rückzug und Kleinbeigeben schien ihr keine gute Strategie zu sein. „Ebenfalls könnte ich Sie fragen, warum Sie nicht zusammen mit Dumbledore das Schloss sichern und sich lieber mit ihren Todesser-freunden treffen?" Susette merkte, dass sie eine Grenze überschritten hatte. „Das geht Sie gar nichts an." zischte Snape. „Sie dürften hier nicht sein, was machen Sie nur?" fragte er und wirkte wirklich zornig. „Sie machen alles kaputt!" „Was bitte mache ich kaputt, wenn ich die Ferien bei einem Freund verbringe?" fragte sie ihren Lehrer, sie verstand nicht ganz, warum er so wütend auf sie war. Sicher, sie sollte das, was auch immer die Todesser da taten, nicht stören, aber sie war schließlich kein Feind von ihnen. Sie hatte sich ja schon immer neutral verhalten, sie hatte nichts dafür übrig diese Organisation zu unterwandern, oder was auch immer sich Snape vorstellte. Snapes Mundwinkel zuckten, er war angespannt und der Zorn den er spürte galt nicht nur Susette, sondern auch sich selbst. „Die Todesser und vor allem Lord Voldemort sind gefährlich. Es ist für dich nicht sicher mit ihnen unter einem Dach zu wohnen. Sie werden hierbleiben, eine ganze Weile. Es ist gefährlich!" Er versuchte sich zu beruhigen, doch seine Stimme bebte immer noch. „Sir, bei allem Respekt, aber so wie ich das sehe, sind sie selbst einer von ihnen." bemerkte Susette, schließlich stand er gerade vor ihr, im Malfoy Manor. Snape sah das Mädchen nur an, er wusste nicht wie er seinen Standpunkt verdeutlichen sollte, sie dazu bewegen konnte, das Haus so schnell es ging zu verlassen. Es war einfach unpassende Zeiten und vor allem ein unpassender Ort für sie, er hatte sie doch beschützen wollen. Und nun befand sie sich in einem Haus mit dem Gefährlichsten, was dieses Zeitalter zu bieten hatte. Die Prophezeiung würde sich hier erfüllen, zumindest der Teil, in dem der Drache starb. Und das musste der große, schwarzhaarige Mann unbedingt verhindern. „Im ernst, ich will nicht in die ganze Sache hinein gezogen werden, aber ich kann doch wohl die Ferien hier verbringen? Und wenn ich nur in dem Zimmer bleibe, das ich bekommen habe!" Susette verstand nicht, was er daran auszusetzen haben könnte. „Susette." Seine Stimme klang deutlich ruhiger, aber man sah seine Wut noch in seinen Augen Blitzen. Oder war es eher Verzweiflung? „Du kannst nicht hier bleiben, es sind etwa zwanzig Todesser in diesem Haus. Sie haben keine Skrupel unverzeihliche Flüche anzuwenden, ebenso wie andere schwarze Magie..." begann Snape, doch wurde von seiner Schülerin unterbrochen. „Die Magie die Sie mich lehren?" fragte sie in einem schnippischen Ton. „Ich denke nicht, dass ihre übertriebene Fürsorge gerechtfertigt ist!" sagte Susette dann ein wenig lauter. Snape seufzte, das Mädchen war gut darin ihren Willen durchzusetzen. Er wusste ihre Standhaftigkeit sonst sehr zu schätzen, doch diese Eigenschaft von ihr fiel ihm nun in den Rücken. „Ich wollte das eigentlich nicht tun..." murmelte er nur und hielt sich den Zauberstab an seine Schläfe. Langsam, ganz langsam zog er mit diesem einen Gedankenschleier heraus und träufelte sie in ein Reagenzglas, von denen er immer ein paar dabei hatte. Es sah aus wie eine wabernde, silbrige Flüssigkeit. Mit seinem Zauberstab zeigte er auf einen mit Wasser gefüllten Putzeimer und flüsterte einen kaum verständlichen Zauberspruch, bevor er die Gedankenschleier hineintropfen lies. Offensichtlich hatte er den Eimer zu einem kurzzeitig verwendbarem Denkarium gemacht. Susette sah ihn verwirrt an, doch er machte nur eine Geste, dass sie den Eimer gefälligst benutzen sollte. Sie tauchte als ihren Kopf in das Wasser. Ein Bild entstand vor Susettes Augen, ein Haus zwischen vielen Wiesen. Es war eher klein und wirkte etwas verloren in der weiten Landschaft. Es waren Snapes Erinnerungen, Susette sah die Situation aus seinen Augen. Er ging schnell auf das Haus zu, neben ihm lief eine Frau mit schwarzen, gelockten Haaren und zerrissener, dunkler Kleidung. Ihr Grinsen war hämisch, fast schon verrückt und in ihren Augen glitzerte die Freude auf das was kam. Nun sah Susette auch einen weiteren Mann, oder zumindest ein Wesen, welches mit schnellen Schritten vor ihm lief. Glatzköpfig und gekleidet in dunkelgrüne Gewänder, erkannte man kaum was oder wer er war. Susette runzelte die Stirn, doch der Film vor ihren Augen lief weiter. Die Tür des Hauses wurde magisch geöffnet und Susette sah, wie Snape es gesehen hatte, in einen gemütlich aussehenden Raum. Eine Frau saß dort am Tisch, ihre grauen kurzen Haare und das eingeklemmte Monokel ließ sie diszipliniert und streng aussehen, sie war definitiv eine Autoritätsperson. Und irgendwoher kannte Susette diese Frau, ihre strengen Gesichtszüge waren ihr bekannt, doch sie wusste nicht woher. Erst jetzt richtete Snape den Blick auf eine weitere Frau, die bei der Öffnung der Tür aufgesprungen war. Es war Susettes Mutter, mit ihren blonden, honigfarbenen Haaren und ihrem beigen Kostüm. „Du hattest recht, Edeline." sagte die laute Stimme, der streng aussehenden Frau. Und nun erinnerte sich Susette leicht, sie schon ein paar Mal gesehen zu haben. Es war Amelia Bones, eine gute Freundin ihrer Mutter, die sie als Kind ein paar Mal besucht hatte. „Wir hätten gehen sollen." sagte ihre Stimme dann noch, bevor ihrem Zauberstab eine Beinklammer entwich, direkt auf Snape zukommend. Doch dieser wendete sie schnell ab. Es war seltsam den Kampf aus seiner Sicht zu sehen. Susette stand nun das Entsetzen immer weiter ins Gesicht, Blitze flogen hin und her, verschiedenste Zauber wurden ausgesprochen und abgewehrt. Snape schien sich nur zu verteidigen, er sendete keine eigene Flüche aus. Doch dann formte die wild aussehende Frau neben Snape die Worte ‚Avada Kedavra'. Ab dem Zeitpunkt richtete sich Snapes Blick nur noch auf den von ihr ausgehenden Zauber. Der Mann mit der Glatze und der ungesund gefärbten Haut jagte Mrs. Bones die Treppe hinauf, nachdem sie sich versuchte in ihrem verwinkelten Haus zu retten, während der Todesfluch ihre Mutter traf. Ihr Schrei hallte durch Susettes Kopf, während sie die letzten Bilder von Snapes Erinnerung einfach an sich vorbeiziehen lies. Wie sie zu Boden sank, ihr Zauberstab aus ihrer Hand rollte und auf dem unebenen Steinboden liegen blieb.

„Wenn Sie das alles wussten, warum haben Sie es mir nicht gesagt?" fragte Susette entsetzt und nach Luft ringend. Die, aus der Küche entwendeten, Kräuterdöschen in ihrer Hand fielen zu Boden und schlugen mit einem dumpfen, allerdings kaum hörbaren Geräusch auf. Diese Kräuter brauchte sie nun eh nicht mehr, das Adrenalin hatte den Schwindel komplett vertrieben. Sie hatte nie dieses gute Band zu ihrer Mutter gehabt, wovon andere Mädchen ihr oft erzählt hatten. Sie war keine Freundin für sie gewesen, viel mehr eine geduldete Aufsichtsperson. Aber sie war ihre Mutter. Deshalb hatte sie keinen Brief bekommen, ihre Mutter hatte gar keinen mehr schreiben können. Sie atmete schwer und war kurz davor zu hyperventilieren. „Es tut mir leid." sagte Snape nur, eine Entschuldigung kam wirklich selten über seine Lippen. Aber dieser Unfall war leider nötig gewesen, auch Amelia Bones war ein Opfer, welches gebracht werden musste. Dass Susettes Mutter genau zu diesem Zeitpunkt ihre alte Freundin besuchte, war natürlich ein fataler Zufall. Doch Snape konnte nicht wegen einer Person Dumbledores und seinen Plan aufgeben, auch wenn er es noch so gerne getan hätte. „Ich hoffe du verstehst jetzt, warum du hier nicht bleiben kannst." sagte Snape noch. Susette sagte gar nichts, sie starrte ihren Professor einfach nur an. Sie wusste, das Lord Voldemort kein rechtschaffener Mann war. Aber sie hatte immer Abstand von der ganzen Sache genommen und nun, nun hatte diese Sache so viel mit ihr selbst zu tun. Susette versuchte ihre Gedanken zu ordnen, doch es gelang ihr nicht. Sie fühlte zwei große Hände auf ihren Schultern, die ihr Halt zu geben schienen. „Bitte, verschwinde von hier." hörte sie Snapes ölige Stimme nur sagen. Susette willigte endlich ein, sie nickte. „Holen Sie Draco für mich da raus?"

Zwei Drachen (Harry Potter Fanfiction)Where stories live. Discover now