Kapitel 11 - Der Drache

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Es war der nächste Morgen und Susette saß, nach einem ausgiebigen Frühstück mit Toast, Eiern und Bacon, in ihrer ersten Stunde für diesen Tag: Zaubertränke. Snape war wohl nicht bei bester Laune, denn er lies seine Schüler einfach ein paar Seiten aus dem Lehrbuch abschreiben. Diese waren zwar wichtig, das erkannte Susette, aber anschaulicher Unterricht war es wohl nicht. Schnell, aber trotzdem in einer unverkennbaren Schönschrift, schwang sie ihre in Tinte getränkte Feder über das Papier. Wenn in Beauxbatons auf etwas wert gelegt wurde, dann auf Kleinigkeiten wie Schönschrift. Im Raum war es ganz still, während Snape vorne an seinem Pult saß und die Schüler beobachtete. Er konnte sie alle trotz des schummerigen Lichtes in seinem Klassenzimmer gut erkennen und warf Schülern, die seiner Meinung nach zu lange keinen Buchstaben aufs Papier gebracht hatten, einen erniedrigenden Blick zu, sodass sie gleich wieder den Kopf senkten und zu schreiben begannen. Mit einem Mal erhellte ein leichtes Rotes Licht den Raum und Susette bedeckte sofort die Quelle dieses Lichts, ihre Armbanduhr, mit ihren Fingern. Es schien immer noch ein wenig hindurch, doch nicht mehr so grell wie vorher. Sie hatte die magische Armbanduhr mit einem Zauber belegt, er ihr anzeigte, wenn es gewitterte. Dieser kleine Zauber galt als sehr nützlich, da man die Uhr mit diesem roten Licht alles mögliche anzeigen lassen konnte. „Sir?" fragte Susette sofort und hob den Arm, Snapes Augen verengten sich zu Schlitzen, als er ihr zu nickte. „Mir geht es nicht gut, wirklich nicht. Ich würde gerne Madam Pomfrey aufsuchen." sagte sie höflich. „Setz dich wieder hin." sagte der dunkel gekleidete Professor und zog die Wörter lange hin, das verhieß nichts gutes. Doch Susette, die eigentlich mit einer anderen Antwort gerechnet hatte, stand nun ganz auf. „Es tut mir wirklich leid, Sir, aber ich muss gehen." sagte sie und rannte aus dem Raum. Bevor die Tür hinter ihr ins Schloss fiel hörte sie Snape nur noch laut sagen: „Zehn Punkte Abzug für Slytherin." Auch von seinem eigenen Haus lies er sich nicht auf der Nase herum tanzen und diese Verhaltensweise war höchst respektlos gewesen. Was fiel ihr auch ein, seine Befehle zu missachten. Doch Snape dachte gar nicht daran, was der Grund für ihr schnelles Verschwinden gewesen sein könnte.

Susette rannte durch die Gänge, hinaus in den Hof des alten Schlosses. Die verzauberte Uhr hatte Recht gehabt, es regnete inzwischen nicht nur sondern der Donner grollte am Horizont. Kaum hatte sie einen Schritt aus Hogwarts raus gemacht, zuckten auch schon Blitze über den Himmel. Sie war jetzt schon komplett durchnässt und ihre Haare hingen wie Spagetti von ihrem Kopf, doch das war ihr egal, sie achtete gar nicht darauf. In Hogwarts hatte sie einige Schüler gesehen, die wohl eine Freistunde genossen, doch hier draußen war wegen des starken Gewitters nichts los. Auch in Hagrids Hütte brannte Licht, auch der Wildhüter Hogwarts schien bei diesem Wetter keinen Fuß vor die Tür setzen zu wollen. Susette rannte über die Wiese, wobei bald schon in ihren Schuhen das Wasser stand. Von einer kleinen Entfernung aus grub sie magisch ihre vergrabene Truhe wieder aus, doch weiter kam sie nicht. Nun stand sie an der Oberfläche, unter der peitschenden Weide. Wieso hatte sie noch mal genau dieses Versteck gewählt? Es gab sicher andere stille, dunkle Orte aber sie musste sich ja zusätzlich noch einen gefährlichen aussuchen, dachte das Mädchen, während der Regen an der Holzkiste abperlte und heruntertropfte. Susette nahm das Risiko auf sich und rannte zu der Kiste, wobei sie direkt wieder einem Ast ausweichen musste. Sie nästelte an dem Verschluss der Truhe herum, doch durch den Regen waren ihre Hände nass und kalt, wodurch sie zu sehr zitterte, um das Schloss zu öffnen. Mit einem Krachen schlug ein großer Ast der peitschenden Weide auf die Kiste ein und versetzte Susette in Schrecken. Holzsplitter flogen herum und die Kiste brach beinahe in zwei. Doch das Fläschchen war ganz geblieben und mit einem Griff hielt sie es auch schon schützend in ihrer Hand. Sie wollte sich schon umdrehen und außer Reichweite des aggressiven, magischen Baumes kommen, doch die Weide war schneller. Mit einem gezielten Hieb schleuderte sie das Mädchen von ihr weg, sodass Susette ein Stück durch die Luft flog und in der, inzwischen aufgeweichten, Wiese liegen blieb. Ihr Rücken tat ziemlich weh und ein pochender Schmerz breitete sich langsam aus. Langsam drehte sie sich auf den Rücken und lies den Regen in ihr Gesicht fallen. Ein weiteres Donnergrollen ertönte und Blitze erhellten immer noch den düsteren Himmel. Mit ihren kalten, zitternden Händen nästelte sie ihren Zauberstab aus ihrer Tasche und war heilfroh, dass wenigstens dieser ganz geblieben war. Ebenso wie der Zaubertrank, um den sie die andere Hand geklammert hielt. „Amato, Animo, Animato, Animagus." sprach Susette langsam, wobei ihr Brustkorb bei jeder Atempause höllisch wehtat. Dazu kam noch das Gefühl der zwei Herzen, die nun im Einklang schlugen, was für ihre eindeutig verletzten Rippen jedoch keine Freude war. Susette biss die Zähne zusammen, sie war so weit gekommen und nun raubte ihr der Schmerz beinahe den Verstand. Sie setzte die Phiole, deren Inhalt nun leuchtend rot geworden war, an ihre Lippen und trank. Susette konnte fühlen wie die Magie durch ihren Körper floss, als sie den Trank ausgetrunken hatte und mit einer letzten Bewegung das leere Fläschchen aufs Feld hinaus warf. Ihr Körper brannte, insbesondere der verletzte Brustkorb und Susette hatte Mühe nicht in Ohnmacht zu fallen. Sie hatte gewusst, dass der letzte Teil der Verwandlung schmerzhaft sein würde, und sie hatte sich geschworen diese Schmerzen auszuhalten. Trotzdem, in diesem Moment wünschte sie sich nichts lieber, als diese Herausforderung nicht auf sich genommen zu haben. Langsam verschwamm ihre Sicht und Susette dachte schon, den Schmerzen nicht mehr gewachsen zu sein. Doch als sich ihre Augen nach hinten rollte, sah sie ein anderes Bild klar vor sich. Fast schon geisterhaft tauchte ein Drache vor ihr auf, groß und gewaltig wie ein Drache nun mal war. Man erkannte seine großen Schwingen und die schuppige Haut, durch seine fast schon durchsichtige Gestalt aber keine Farben. Der Drache schwebte über ihr, schlug ein paar mal mit den Flügeln und spie einen großen Schwall Feuer auf Susette hinab. Als das Feuer sie in ihrer Vision erreichte flammte die Magie in ihren Adern noch ein Mal auf und es war, als würde sie lebendig verbrennen. Doch trotz ihrer Vision wurde ihr nun schwarz vor Augen und der Drache verblasste, doch genau so die Umgebung um sie herum.

Susette öffnete die Augen, der Schmerz ihrer Rippen war wieder deutlich zu spüren, aber der Rest des flammenden Gefühls war verschwunden. Sie wagte es erst nach einiger Zeit ihre Augen zu öffnen, und erkannte, dass sie nicht mehr auf der Wiese lag. Ihre Haare waren auch nicht mehr durchnässt, ebenso trug sie trockene Kleidung. Aber wo war sie nur? Als ihr Blickfeld sich wieder auf die normale Größe geweitet hatte, erkannte sie viele weiße Betten, in einem von ihnen lag sie selbst. „Ah schön, dass Sie aufgewacht sind." begann eine in weiß gekleidete Frau, die Susette schnell zuordnen konnte. Es war Madam Pomfrey und mit Sicherheit war sie dann auch im Krankenflügel des Schlosses. „Hier trinken Sie das." sagte die Frau und reichte Susette einen grün schimmernden Zaubertrank. Das Mädchen sah die Phiole mit argwöhnischen Augen an. Sie hatte um ehrlich zu seit erst ein Mal genug davon, Zaubertränke zu trinken. „Na los, ich habe deine gebrochenen Rippen schon geheilt, aber das sollte noch ein Mal gegen die Schmerzen helfen. Die Brüche waren ziemlich komplex..." sprach sie weiter und Susette nickte nur, bevor sie brav den Trank einnahm. Tatsächlich verursachte er ein warmes Gefühl und sie war sich sicher, dass der Trank helfen würde. Die Tür schwang auf und die einzigen beiden Personen in diesem Raum wandten ihren Kopf zu der Person, die sie geöffnet hatte. „Madam Pomfrey." begrüßte Snape, der mit wehendem Mantel den Raum betrat, die Krankenschwester. „Würden Sie mich mit Miss Argent kurz alleine lassen?" fragte er dann und Susette spannte jeden ihrer Muskeln an. Madam Pomfrey nickte jedoch nur und verschwand aus dem Raum, ihre Absätze hallten noch eine Weile über den Steinboden, bis man sie nicht mehr hören konnte. „Miss Argent, Sie hatten ein unglaubliches Glück, dass ich sie gefunden habe." sagte Snape, seine Stimme klang aufgebracht. „Nur weil ich Sie nach ihrem unhöflichen Verhalten in meinem Unterricht nicht im Krankenzimmer auffinden konnte, habe ich Sie vor dem Tode bewahren können. Was kann so wichtig sein, dass sie den Tod in Kauf nehmen?" fragte der Lehrer dann und stützte jeweils eine Hand an ihrem Bettpfosten ab. „Es ist ein Drache." sagte Susette nur und erkannte eine Regung in dem Gesicht ihres Lehrers, der ihre Antwort nicht ganz zu verstehen schien. „Mein Animagus ist ein Drache."

Zwei Drachen (Harry Potter Fanfiction)Where stories live. Discover now