Kapitel 20 - Die Geheimnisse des Manors

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Es war später Abend gewesen, als Susette im Herrenhaus der Malfoys angekommen war, daher war sie nach dem Gespräch mit Lucius gleich in ihr Gästezimmer. Es hatte eine angespannte Ruhe im Raum gelegen, nachdem sich Dracos Vater vorgestellt hatte. Das blonde Mädchen hatte gewusst, dass sie ein wenig fehl am Platz war, zudem wollte sie nicht zwischen die Fronten der beiden Malfoy-Männer geraten. Sie beide wirkten nicht temperamentvoll oder streitlustig, ganz im Gegenteil: Susette würde sie als perfekte Gentlemen bezeichnen, trotz Dracos Drang hin und wieder ausfallend zu wirken. Aber dies war er wohl kaum bei seinem Vater, kaum hatte er das Manor betreten hatte er schon seine Haltung korrigiert. Dennoch wollte Susette bei einem Gespräch zwischen Draco und Lucius nicht anwesend sein, wobei es höchst wahrscheinlich auch noch um sie ging. Sie hatte sich höflich verabschiedet und mit der Hilfe der kleinen Hauselfe, die sie schon an der Tür begrüßt hatte, auch gleich den Weg zu ihrem Zimmer gefunden. Sie hatte kaum Zeit gehabt die altmodische aber gut gepflegte Einrichtung zu bewundern, denn sie war wie ein Stein in das große Himmelbett gefallen. Die Fahrt nach London und dann auch noch ins Manor hatte sich ganz schön hingezogen, Susette war unglaublich müde gewesen.

Und nun, am nächsten Morgen, wachte sie erst auf, als sie kleine, trippelnde Schritte vernahm. „Ich hoffe ich habe Sie nicht geweckt, Miss Argent." piepste eine Stimme, als sich Susette streckte und gegen das Sonnenlicht, welches durch die großen Fenster kam, blinzelte. Erst jetzt bemerkte sie die Hauselfe, die in ihren kleinen Händen ein Tablett trug, welches viel zu groß für sie schien. „Aber nicht doch, ist das Frühstück für mich?" fragte Susette noch ungläubig, ihre Familie hielt keine Hauselfen und so war sie den Luxus dieser Bedienung nicht gewöhnt. „Aber natürlich, Miss Argent. Mister Malfoy Junior bestand darauf, Sie ausschlafen zu lassen." sagte die Hauselfe. „Das ist wirklich sehr freundlich." sagte Susette und nahm ihr das Tablett ab, auf dem sich ein Teller mit Waffeln, Obst und Kakao befand. Eine gut Auswahl, dachte Susette. „Wie heißt du?" fragte sie dann die Hauselfe dann. „Alesa, Miss Argent." sagte die Hauselfe und wirkte ein wenig verunsichert, als sie sich leicht verbeugte. Kaum ein Gast fragte sie nach ihrem Namen. „Dann danke dir, Alesa, für das Frühstück." sagte Susette und lächelte das kleine Wesen an. Ein wenig tat sie ihr leid, die meisten Familien die Hauselfen anstellten behandelten diese nicht besonders gut. Das Volk wollte zwar als unbezahlte Bedienstete ihr Leben fristen, aber das hieß ja nicht gleich, dass man sie auch wie Dreck behandeln musste. Und trotzdem sahen selbst die wohlgenährten Hauselfen hier im Manor trauriger aus, als sie es eigentlich waren, mit ihren ein mal weiß gewesenen, kleinen Tüchern um den Leib. „Aber das ist doch selbstverständlich..." piepste Alesa, als sie sich immer noch verbeugend wieder aus der Tür ging. Einen Dank hatte sie nun wirklich nicht erwartet und das brachte die Hauselfe ein wenig aus dem Konzept. Sie war noch nicht lange bei den Malfoys angestellt, wie manche andere Hauselfen. Das Manor war groß, man brauchte schon einige Arbeitskräfte um das Haus sauber zu halten und die Familie zu bedienen. Aber sie selbst war erst hier, seitdem ein anderer Hauself befreit worden war.

Susette machte sich direkt über das leckere Frühstück her, als Alesa gegangen war. Die Waffeln schmeckte köstlich und der Kakao war noch warm. Nachdem sie es sich hatte schmecken lassen, ging sie erst ein Mal duschen. Dieses Zimmer hatte ein eigenes Badezimmer und langsam fragte sich Susette, wie reich die Malfoys wirklich waren. Und wie viele solcher Gästezimmer hatten sie nur, wenn die Hauselfe gestern erwähnt hatte, dass es mehr als dieses eine waren? Frisch geduscht und deutlich wacher, zog sie schnell ein schwarzes Kleid an. Irgendwie hatte sie das Gefühl sich im Manor vornehmer kleiden zu müssen als in Hogwarts, alleine die Ausstrahlung des Hauses brachte sie dazu. Kaum hatte sie sich die Haare gekämmt, öffnete sie eines der Fenster. Es dauerte etwas, bis sie die alten Griffe verstanden hatte und die kühle Winterluft den Raum erfüllte. Wie auf ein Zeichen zeichneten sich dunkelbraune Schwingen am Himmel ab und Mystral landete auf der Fensterbank aus weißem Marmor. „Noch immer kein Brief?" fragte Susette, fast schon flüsternd. Doch der große Uhu drehte nur seinen Kopf ein Stückchen zu ihr und sah sie mit großen Augen an. Susette konnte sich die Frage selbst beantworten, schließlich waren seine Klauen leer. Sie seufzte. „Dann viel Spaß beim über die weiten Felder fliegen." sagte sie und rang sich ein Lächeln ab, bevor sie ihrem Haustier über den Kopf strich und dann wieder einen Schritt zurück ins Zimmer trat. Als hätte er es verstanden tänzelte Mystral kurz von einem Bein aufs andere und flog dann mit einigen Flügelschlägen davon. Susette schloss das Fenster, langsam wurde ihr auch wieder wärmer. Hier war es zwar kalt, aber der Schnee war schon wieder geschmolzen. Sie war sich aber sicher, dass es diesen Winter noch öfter schneien würde und schon bald eine neue Schneedecke die Welt bedeckte.

Susette beschloss Draco suchen zu gehen, vielleicht könnte er ihr ja das Manor zeigen. Für eine Führung hatte die Zeit gestern nicht mehr gereicht. Als Susette die Tür öffnete, trat sie in einen großen Flur. Links und Rechts gingen Türen ab und alleine dadurch fühlte sie sich schon etwas verloren. Das Kerzenlicht machte alles etwas schummrig, aber man konnte die hübschen Landschaftsgemälde und die teuren Beistelltische noch sehr detailreich erkennen. Gerade wollte sie einige Schritte auf die große Treppe zu machen, die sie am Ende des Ganges erkannte, da öffnete sich eine der alten Türen. „Guten Morgen, Susette. Du bist schon auf?" fragte Draco und kam aus einem der Zimmer am Ende des Ganges. Er trug eine einfache, schwarze Hose und ein graues Hemd und wirkte, trotz der Schlichtheit, einmalig elegant. „Guten Morgen, Draco." entgegnete das blonde Mädchen. „Ich habe wirklich gut geschlafen, danke, dass du mich hast ausschlafen lassen. Ich war ziemlich müde." sagte sie. Draco kam auf sie zu. „Das dachte ich mir." Er zog seine Mundwinkel leicht nach oben. „Wie wäre es mit einer Führung durch das Manor? Ich denke, es gibt hier viele Räume die dir gefallen könnten – von meinem Schlafzimmer abgesehen." Er grinste frech. Susette musste leicht lachen. „Ich hatte gehofft, dass du das sagst. Also, das mit der Führung..." Doch sie brach den Satz ab, als sie Draco nur noch breiter grinsen sah. Doch statt sich weiter über ihr Gesagtes lustig zu machen, hielt er ihr galant den Arm hin. „Ich würde sagen wir beginnen mit der Bibliothek." sagte er dann und führte sie ein Stockwerk zu einer der großen Türen.

Die Bibliothek war beinahe so groß wie die von Hogwarts, wobei Susette die Größe der verbotenen Abteilung natürlich nicht kannte, und sie somit auch nicht in Relation setzen konnte. Dennoch stapelten sich hier Bücher und Pergamente in den Regalen übereinander und sie wusste gar nicht wohin sie zuerst sehen sollte. Hier lagerten fast nur schwarz-magische Bücher oder welche, die thematisch leicht in diese Richtung gingen. Alle Bücher sahen alt und vergilbt aus, dieser Raum war eine wahre Schatzkammer. „Wenn du das Buch interessant fandest, welches ich dir in der Krankenstation gegeben habe, dann ist das hier ein Paradies für dich." sagte Draco während er durch die Reihen der Regale schritt. „Ich selbst habe besseres zu tun als meine Nase andauernd in Bücher zu stecken. Aber du kannst die Bibliothek nutzen so viel du willst." „Wirklich? Ich werde nur noch hier sein!" sagte Susette euphorisch, während sie sich die Buchrücken einiger lederigen Bücher durchlas. „Das hoffe ich allerdings nicht..." sagte Draco und hatte wieder sein Grinsen aufgesetzt. Susette boxte ihm leicht in die Seite, was der junge Slytherin einfach so geschehen lies. Susette merkte, dass hier seine Anspannung von ihm ab zu fallen schien. In Hogwarts hatte er stets auf seinen Ruf achten müssen, doch hier schien er ein wenig entspannter zu sein. Was nicht hieß, dass er seine eiskalte Aura ablegte oder auch nur ein bisschen weniger selbstbewusst, fast schon selbstverliebt, war. Aber eine leichte Veränderung war wahrzunehmen, vielleicht lag dies aber auch nur an der Abwesenheit seines Vaters. Draco schritt weiter durch die Reihen, bis er am Ende vor einer steinernen Wand stand. Susette zögerte etwas zu sagen, sie wusste nicht so recht was er hier wollte. Diese Wand wäre der perfekte Ort für ein weiteres protziges Bild über einem gemütlichen Sofa gewesen, dennoch war sie leer. Sonst fiel dem Mädchen nichts weiter auf. „Eigentlich dürfte ich dir das gar nicht zeigen." sagte Draco nun. „Aber ich denke, ich kann eine Ausnahme machen." Susette verstand nicht ganz, doch dann berührte Draco mit seinem Zauberstab leicht einen bestimmten Stein in der Wand und die Steine gingen auseinander. Dieser Zauber lag oft auf Türen, zu geheimen Orten, besonders um dies vor der Muggelwelt zu verstecken. Hinter den Steinen tat sich ein Raum auf, in dem ebenfalls viele Regale zu erkennen waren. Mit einem geflüsterten ‚Lumos' erhellte Draco den Raum und hunderte Artefakte gaben sich ihren Augen preis. „Vaters Sammlung." stellte Draco diese nun vor. „Unglaublich." mehr bekam Susette nicht heraus, während sie sich einen silbernen Trinkpokal betrachtete, indem eine violette Flüssigkeit immer wieder die Worte ‚Trink mich' formte. Das würde sie auf keinen Fall tun, dachte sich Susette, in dieser hinteren Kammer war wohl alles mit tiefster dunkler Magie durchtränkt. Aber es war unglaublich interessant. Draco sah dabei zu, wie Susette mit ihren Augen alles verschlang, was ihr in den Sinn kam. „Was ist das?" fragte sie Draco nach einer Weile. „Die Hand des Ruhms, mein Vater hat sie erst kürzlich erworben." begann der Junge zu erzählen. „Wenn sie eine Kerze hält, brennt diese nur für den, der die Hand hält." „Wow." entfuhr es Susette nur. Hier lagerten so viele magische Dinge, die alle einen gewissen Nutzen hatten und sehr selten waren. Der Geruch erinnerte an eine muffige Bibliothek, doch Susette wusste, dass sie hier viel lieber sein würde, als in dieser.

Zwei Drachen (Harry Potter Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt