Kapitel 13 - Weitergabe des Wissens

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Endlich waren die Tage auf der Krankenstation für Susette Vergangenheit, auch wenn sie Madam Pomfrey versichern musste, sobald sie irgendetwas spürte, was sie als ‚nicht normal' einstufen würde, zu ihr zu kommen. Zum Glück hatte sie keine Schwierigkeiten wieder in den Unterricht ein zu steigen, denn Daphne hatte ihr freundlicherweise alle ihre Mitschriften gegeben. Natürlich hatte sie auch vom Unterricht erzählt, doch dabei war das braunhaarige Mädchen mit den grazilen Gesichtszügen so oft vom Thema abgewichen, dass Susette es irgendwann nicht mehr geschafft hatte zuzuhören. Aber nun saß sie, nach ihrem Unterricht im Gemeinschaftsraum der Slytherins über ihren Hausaufgaben. Gerade war eine Stunde Geschichte der Zauberei an ihr vorbei gegangen, was nun wirklich nicht ihr Lieblingsfach war. Professor Binns, welcher als Geist seinen Unterricht an Hogwarts leitete, war es allerdings nur wichtig, dass sein Unterricht geregelt und ordnungsgemäß verlief. Alles andere schien ihm egal zu sein und so hatte Susette wenigstens in diesem Fach keine weiteren Aufgaben zu erledigen. Allerdings saß sie an ihren Hausaufgaben im Fach Verwandlung, die Verwandlungen von Menschen, welche sie im Moment durchnahmen, wurden mit der Zeit auch immer anspruchsvoller. Susette hatte sich einen gemütlichen Platz am Fenster ausgesucht, ein Stück von den anderen Schülern entfernt. Pansy Parkinson saß auf dem Sofa und versuchte Draco Malfoy in ein Gespräch zu verwickeln, doch es schien ihn nicht besonders zu interessieren. Blaise Zabini, ein dunkelhäutiger Einzelgänger aus ihrem Jahrgang, spielte mit einem anderen Susette kaum bekannten Mädchen Zaubererschach, wobei hin und wieder ein Klirren vernommen werden konnte, wenn Blaise die Figuren des Mädchens nacheinander schlug. Einige Erstklässler rappelten sich gerade auf, um sich in ihre Schlafzimmer zurück zu ziehen, als die Steinwand auseinander ging. Hinter den grauen Steinen kam Snapes fledermausartige Erscheinung zum Vorschein, sofort war es still im Raum. Sogar Pansy Parkinson brach mitten in ihrem Satz ab, was Draco erleichtert ausatmen lies. „Miss Argent?" fragte Snape nur und bemühte sich keiner Begrüßung der anderen Schüler. „Kommen Sie bitte mit mir." sagte er dann nur und drehte sich auf seinem Absatz um. Susette machte, dass sie hinterher kam, sie wollte ihren Lehrer schließlich nicht warten lassen. Die anderen Schüler sahen ihr hinterher, was hatte Snape nur vor? Es war noch nie vorgekommen, dass er den Gemeinschaftsraum betrat, es sei denn, er hatte wichtige Informationen, die nur seine Schüler etwas angingen. Wenn er jemanden bestrafen wollte, dann teilte er dies der Person in seinem Unterricht mit, vor allen anderen Schülern natürlich. Doch Snape hatte ganz und gar nicht aufgebracht geklungen, das hatten die Slytherins alle bemerkt. Viel mehr ruhig und, für Snapes Verhältnisse, beinahe freundlich.

Snape ging schnell durch die Flure des unterirdischen Teils Hogwarts, während Susette versuchte mit einigem Abstand Schritt zu halten. Kaum waren sie im Unterrichtsraum für Zaubertränke angekommen, blieb Snape stehen und machte hinter dem Mädchen schnell die Tür wieder zu. „Sie haben mir deutlich gezeigt, dass sie viel Talent für Zaubertränke haben." sagte Snape, denn er hatte tatsächlich Respekt vor der Verwandlung in einen Animagus, den Trank würde er dafür allerdings auch selbst perfekt zusammen mischen können. Doch das war für eine Schülerin der sechsten Klasse nicht selbst verständlich. Susette stand in der Mitte des Raumes und verschränkte ihre Finger in einander. Der Lehrer war ihr immer noch unheimlich, auch wenn sie ihn wegen seiner Fähigkeiten bewunderte. „Aber der Trank für ihre Verwandlung nehme ich als erste Prüfung, schließlich wollen wir herausfinden.... wie weit ihr Talent reicht." sagte Snape noch. Susette hatte alles stehen und liegen gelassen, ihre halbfertigen Hausaufgaben würde Daphne wahrscheinlich später finden und freundlicherweise in ihr Zimmer legen. Dennoch war das blonde Mädchen ganz bei der Sache, als der Professor drei kleine Fläschchen auf eine Halterung stellte, und sie leicht zu dem Tisch schob, auf dem er das kleine Regal aufgebaut hatte. Seine Hand auf ihrem Rücken fühlte sich durch ihre Robe kalt an. „Bestimme diese drei Tränke." sagte Snape und stellte sich neben den Tisch in eine Position aus der er sie gut beobachten konnte. Sie hatte mehr Talent als viele andere Schüler, aber wie viel, das wollte er heraus finden um dieses dann auszubauen. Tief in sich drin hatte der Mann mittleren Alters das Gefühl, in seiner Position im Geschehen um Lord Voldemort nicht an Altersschwäche zu sterben. Und er selbst wusste, dass er nie eigene Kinder haben würde, das könnte er nicht. Jeden einzelnen Tag seines Lebens dachte er zurück an Lily. Ob er nun ihren Gerechtigkeitssinn, ihre Loyalität oder ihren Charme in seinen Schülern, besonders in Harry, wiedererkannte, oder sie jede einzelne Nacht im Traum tot in seinen Armen lag. Er würde sie niemals vergessen könne, und das wusste er.

Susette ging einen Schritt nach vorne und betrachtete das erste Fläschchen kurz, bevor sie es in ihre Hand nahm. Als sie den Korken heraus zog, stieg ein leichter blauer Rauch auf. Susette hatte schon eine Ahnung, roch aber dennoch an dem Trank. „Beschreibe mir alle deine Schritte, nur zu." sagte Snape dann. Susette räusperte sich leicht. „Dieser Trank ist der Wolfsbanntrank, der Werwölfen hilft in ihrer Werwolf-Gestalt ihr menschliches Bewusstsein zu behalten." sagte sie und ihr Lehrer erkannte, dass sie nicht nur in Zaubertränke, sondern auch in Verteidigung gegen die dunklen Künste gut aufgepasst haben musste. „Das erkennt man nicht nur am blauen Rauch, sondern auch an dem bitteren Geruch von Wolfswurz. Er ist allerdings schon kalt und daher nicht mehr ideal für die Einnahme." sagte sie und stockte, sie war sich zwar ziemlich sicher bei ihrer Erläuterung, doch Snape war immer für eine Überraschung gut. „Weiter." sagte Snape nur mit seiner öligen Stimme und nickte dem Mädchen kurz zu. Dieses verkorkte das Fläschchen wieder und stellte es zurück in die Halterung, nur um mit der anderen Hand die nächste Flasche zu greifen. Die Flüssigkeit war durchsichtig und unscheinbar, als sie den Trank hin und her schwenkte geschah nichts, ebenso, als sie die Flasche öffnete. Ein markanter Geruch ging von der Flüssigkeit nicht aus. Als Susette den Trank gegen das Licht hielt, welches von einer der vielen brennenden Kerzen kam, erkannte sie in der durchsichtigen Masse leichte Schlieren. Ganz feine, grau-blaue Linien zogen sich durch die Flüssigkeit. Snape hatte schon eine Augenbraue hochgezogen, doch Susette stellte zielsicher die Flasche in die Halterung zurück. „In dieser Flasche befindet sich Veritaserum." Sie lächelte. „Es gibt keinen Geruch und keinen Geschmack, was sehr wichtig ist. Dieser Trank dient dazu, einer Person die Wahrheit zu entlocken und sie auch Gedanken aussprechen zu lassen, die sie nur unterbewusst hat." Snape nickte ihr wieder leicht zu. „Woran hast du es erkannt?" fragte der Lehrer und stand so aufrecht wie zuvor. „Der Trank scheint noch nicht fertig zu sein, man erkennt im Gegenlicht die schwindenden Reste von Jobberknoll-Federn." sagte Susette und drehte sich direkt zum nächsten Trank um, doch stockte als sie ihn sah. Im Glas brodelte es und eine schwarze, dicke Masse stieg so stark auf, dass man meinen könnte, sie wolle selbst den Deckel der Flasche öffnen. Susette hatte so einen Trank noch nie gesehen, doch erinnerte sich an einige Zeilen in Draco Malfoys Buch. Sie hatte dieses in den Tagen auf der Krankenstation verschlungen, auch wenn sie wahrscheinlich in Hogwarts nicht die Chance bekam diese schwarz-magischen Heiltränke selbst zu brauen. In dieser Hinsicht fand sie das Schulsystem deutlich überholt. „Das..." Susette stockte erneut. Sie wusste nicht, wie sie ihre folgenden Sätze am besten formulieren sollte. „Das ist ein schwarz-magischer Trank, der grauenhafte Schmerzen verursacht. Die Konsistenz kommt durch menschliches Blut zustande." Susette wagte nicht das Glas an zu fassen, wenn sie den Deckel löste, hatte sie ein Problem. „Der Trank macht sich selbstständig, was man gut erkennen kann..." fügte sie dann noch hinzu und versuchte ihre Angst herunter zu schlucken. „... und ohne den richtigen schwarz-magischen Heiltrank, kann er nicht aufgehalten werden." sagte sie dann. Sie hatte Glück, dass Draco ihr dieses Buch gegeben hatte. Es war ein verrückter Zufall, aber darüber konnte das Mädchen gerade nicht nachdenken. Snape nickte wieder. Beim letzten Fläschchen hätte ihm die Aussage, es sei ein schwarz-magischer Trank, schon ausgereicht. Als Schülerin durfte sie diesen Trank eigentlich gar nicht kennen, aber ihre Auffassungsgabe war bewundernswert. Sie schien viel über Zaubertränke zu wissen und sich auch in ihrer Freizeit damit zu beschäftigen, anders als die meisten faulen Schüler, die der Hauslehrer von Slytherin zu unterrichten hatte. „Sehr richtig, Miss Argent." sagte Snape und sammelte die Fläschchen wieder ein und lies sie in den Taschen seiner Robe verschwinden. Es herrschte kurz Stille im Raum. „Ich würde dich gerne privat unterrichten, jeden Abend eine Stunde, nach dem Abendessen." sagte er dann. Susette grinste in sich hinein, sie hatte es wirklich gehofft. Seine Anspielungen auf weiteren Unterricht hatten sie weiter angespornt, auch wenn sie sich selbst wie ein Streber fühlte – beinahe wie diese Granger. „Danke, Sir." antwortete Susette. „Es ist mir eine große Ehre." Snape nickte, das Mädchen konnte sich zudem auch noch gut ausdrücken. „Für heute denke ich, ich zeige dir, wie man einen dieser Tränke braut." überlegte der Professor laut. „Welcher soll es sein?" fragte er sie dann. Es würde sich seine strenge Art natürlich auch im privaten Unterricht beibehalten, dennoch war die Atmosphäre in diesem Raum anders, wenn er nur eine Schülerin hatte. Er musste niemanden bloßstellen oder Fehler bei den Gryffindors suchen, daher ging er auch ein wenig mehr auf Susette ein. „Den schwarz-magischen Trank, wenn das in Ordnung ist." kam es von Susette wie aus der Pistole geschossen zurück. Auf Snapes Gesicht zeigte sich eine leichte Regung, fast schon ein Lächeln. Er hatte in Susette die richtige Schülerin gefunden.

Zwei Drachen (Harry Potter Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt