39. Über den Feind, den Freund und den nahezu Unbekannten

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Das Mädchen, dass aus dem silbernen, unauffälligen Auto stieg, war noch ziemlich jung und trotzdem trug sie eine Sonnenbrille, die so gross war, dass sie ihr halbes Gesicht verdeckte. Die Reporter erkannten sie trotzdem von den Bildern, die sie zugeschickt bekommen hatten und stürmten auf sie ein. Ihre aufdringlichen Fragen begannen, das zuversichtliche Lächeln auf den Lippen der Kleinen zusehends verrutschen zu lassen. Man sah nur allzu gut, dass sie es nicht gewohnt war, mit der Presse konfrontiert zu sein.

«Hey, Kayla, Kayla, hierher! Wie hast du dir Tony Starks Vertrauen erschlichen?»

«Ist es wahr, dass du mehr als ein halbes Jahr die Schule geschwänzt hast?»

«Hast du tatsächlich Tony Starks Handy geklaut?»

«Wie stehst du zu den Anschuldigungen von Katy Mathilda, sie grundlos beleidigt und richtiggehend gemobbt zu haben?»

«Wie kommt jemand wie du, mit einem IQ von knapp 60, mit einem Supergenie wie Tony Stark aus? Gibt es Verständigungsprobleme?»

«Hast du von Tony Stark verlangt, eine Klasse zu überspringen oder hat er es selbstständig getan um dich zu puschen?»

«Wie kommst du, trotz deines IQs, an so gute Noten? Bei wem schreibst du ab? Verändert Tony Stark dir zuliebe das Notenbild?»

Der Mann, der vor dem Fernseher sass, schüttelte ungläubig den Kopf. «Mr. Slattery? Das müssen Sie sehen!» Die riesige Lagerhalle, die zum neuen Hauptquartier umgebaut worden war, war hellerleuchtet. Trotz der Grösse hörte man überall, wenn jemand etwas sagte, was manchmal praktisch war und manchmal nicht.

So ging es also nicht lange, bis der Mandarin hinter dem Mann vor dem Fernseher auftauchte. «Was ist, Lincoln?», fragte er unwirsch. Lincoln nickte in die Richtung des Fernsehers, auf dem das Mädchen gerade so schnell sie konnte zur Schule lief. Der Mandarin schnaubte und fuhr mit der linken Hand an die drei Ringe, die seine Finger schon wieder schmückten. «Was interessiert mich dein Promiklatsch? Wieso lässt du mich für irgendsoeine Göre von einem Star hierherkommen?»

Lincoln liess ein dünnes Lächeln sehen. «Genau das ist es. Das ist die Göre von einem Star und zwar nicht von irgendeinem: Das ist die Adoptivtochter von Tony Stark.»

Stille. Der Mandarin starrte seinen treuen Anhänger an. «Tony Stark hat eine Tochter?», fragte er vollkommen überrascht. Lincoln nickte und machte den Ton lauter. Der Reporter berichtete gerade davon, woher die ganzen Informationen über das kleine Mädchen kamen: Einem Dossier, dass von einem unbekannten Absender stammte. Sie hatten scheinbar schon versucht, es zurückzuverfolgen, es hatte allerdings nicht geklappt. Lincoln wartete auf die Reaktion seines Bosses. Der Mandarin schien tief in Gedanken versunken zu sein und für einen kurzen Moment war sich Lincoln nicht sicher, ob die Nachricht gut oder schlecht von seinem Anführer aufgenommen wurde. Dann schlich sich ein teuflisches Grinsen auf das Gesicht des Mandarins. «Tony Stark hat also eine Tochter.» Er lauschte einige Sekunden dem Reporter, dessen Stimme immer noch aus dem Fernseher plärrte, dann nickte er Lincoln anerkennend zu. «Und auch noch eine geistig etwas zurückgebliebene Tochter... Ich denke, damit hat sich unser geliebter Tony Stark sein eigenes Grab geschaufelt. Was meinst du?»


«Kein Wort. Kein einziges Wort! Kayla, mein Gott, hättest du mir nicht wenigstens... keine Ahnung, einen Hinweis darauf geben können? Das du Tony Starks Tochter bist?»

«Adoptivtochter», korrigierte ich Peter, der wie ein aufgescheuchtes Huhn in seinem Zimmer hin und herlief. Ich sass auf seinem Bett und starrte das Star Wars Poster an der Wand an, viel zu schuldbewusst, um Peter selbst anzusehen.

«Das macht doch keinen Unterschied! Kayla, das waren jetzt Monate!» Er war wirklich aufgebracht.

Ich seufzte tief. «Ich weiss. Ich wollte es dir sagen, aber es hat sich irgendwie nie die Möglichkeit ergeben. Ausserdem wollte Tony eben genau verhindern, dass es an die Presse gelangt.»

Stark Chronicles: First TryWhere stories live. Discover now