3.5 Captain Obvious ist zurück

9.2K 478 135
                                    

Weil ich die ganze Zeit ins Nichts starrte und versuchte, alle Geräusche um mich herum auszublenden, verpasste ich beinahe die erste wichtige Information des Tages. Die hatte es allerdings in sich, weckte mich unsanft aus meinem Wachschlafstadium und liess mich in absoluter Panik zurück.

«Schreibt euch bitte auf, dass wir zusammen mit einer 5. Klasse den Stark Tower besuchen werden. Am Montag in vier Wochen, den ganzen Tag. Nehmt bitte euer Mittagessen, sowie etwas zu schreiben mit, denn wir wollen alles, was wir erfahren haben, dann noch einmal besprechen." Die Lautstärke stieg erschreckend schnell, als alle freudig begannen, miteinander zu reden, so schnell, dass die letzten Worte vom Lärm verschluckt wurden. Die Lehrerin war allerdings noch nicht fertig und hatte grosse Mühe, die Klasse zu übertönen. "Das war noch nicht alles!", meinte sie, beinahe schreiend, was alle wieder zu Verstand kommen liess. Als sie weitersprach, waren alle wieder ruhig, allerdings nicht für lange, denn kaum hatte sie den Satz beendet, gingen die Gespräche wieder los, dieses Mal doppelt so laut wie zuvor. "Uns wird die Ehre zu Teil, von Tony Stark persönlich herumgefürt zu werden!», ihr stolzer Unterton verriet, dass sie wohl Himmel und Hölle in Bewegung versetzt hatte, um das zu erreichen.

Während alle verzückt nach ihren Heften griffen, sich darüber unterhielten, wie cool es wohl sein würde, sich Iron Man persönlich gegenüber zu finden und sich das Datum rot anstrichen, blieb ich stocksteif sitzen. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Hatte Stark herausgefunden wer ich war und versuchte jetzt, mich verhaften zu lassen? War er vielleicht so sauer, dass er mich persönlich schnappen wollte, war das der Grund, dass noch kein Polizist vor meiner Türe gestanden hatte? Ich versicherte mir selbst immer und immer wieder, dass ich nur zu viele Filme gesehen hatte, aber ich war so geschockt, dass Logik nur schwer zu mir durchdrang. Als es zur Pause klingelte, war ich die Erste, die aus dem Klassenzimmer stürmte. Natürlich hatte ich vergessen, mir das Datum zu markieren.


In der Mensa packte ich wie immer die Sandwiches aus, die ich vom Waisenhaus mitgebracht hatte und versuchte, nicht darüber nachzudenken, was da wohl drin war. Um uns die Arbeit abzunehmen, belegten sie immer der Koch und sein Sous-Chef, die auch sonst für uns kochten. Ich ging ihren experimentellen Gerichten normalerweise aus dem Weg, trotz der Tatsache, dass ich selbst einen ziemlich eigenen Geschmack hatte, aber da ich die Mensa für widerlich befand, wählte ich das kleinere Übel, in meinem Fall die Sandwiches.

Ich überlegte gerade, an welchen Tisch ich wohl dieses Mal gehen sollte, als mir jemand zuwinkte. Ich schlenderte etwas misstrauisch zu dem Tisch hinüber und erkannte überrascht den Jungen, mit dem ich heute Morgen zusammengestossen war. Er grinste. «Es wäre mir eine grosse Ehre, wenn Ms. Sherlock Holmes sich zu meiner Wenigkeit Captain Obvious und/oder Forrest Gump an den Tisch setzten würde. Interesse?»

Ich zog eine Augenbraue hoch, einerseits überrascht von seiner Freundlichkeit und seinem Angebot, andererseits überrumpelt von seiner Referenz. Er schien wirklich nicht doof zu sein. Und ein gebildeter Popkulturist war er auch. Ich konnte allerdings nichts dagegen machen, dass mir: «Sherlock ist ein Männername», herausrutschte. Ich schämte mich sofort dafür, ihn schon wieder korrigiert zu haben, aber es schien ihn nicht zu stören.

«Ich kann dich auch Sherlockine nennen, wenn dir das besser gefällt. Aber so besserwisserisch wie du bist, passt auch Hermine.»

«Hermine. Ganz definitiv Hermine.»

Er seufzte melodramatisch. «Da werde ich einmal kreativ und dann wird das Produkt gleich verschmäht. Jetzt bin ich ganz offiziell beleidigt.»

«Ich hoffe», erwiderte ich, «dass du nicht oft so kreative Schübe hast. Sonst setzte ich mich ganz bestimmt nicht zu dir. Ist ja grauenhaft!»

Stark Chronicles: First TryWhere stories live. Discover now