Kapitel 8

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»Was ist passiert?« Mikas Vater stand die Sorge ins Gesicht geschrieben.

Was sollte er sagen? Die Wahrheit?

»Da waren zu viele Wachen. Alles ist abgeriegelt. Ich habe keine Stelle gefunden, an der man fliehen könnte.« Warum log er seinen Vater an? Aber insgeheim wusste es Mika. Er hatte Angst, als Feigling dazustehen, dabei wollte er nur das Beste für seine Familie. Für seine Geschwister Yuki und Gia.

»Verdammt.« Sein Vater biss sich auf die Lippe. »Was machen wir jetzt nur?«

»Wer ist da?« Yuki kam angelaufen. Mist. Wenn Yuki ihn sehen würde, ... Aber eigentlich war es egal. Yuki würde ihn eh sehen. Mika hatte ja nicht vor, zu fliehen.

Sein Vater schien zu überlegen. »Komm rein.«

»Mika!« Yuki strahlte, als er Mika sah. »Ich dachte, du musst weg.«

Mika lächelte. »Noch nicht. Noch ist es nicht so weit.«

Sein Vater holte sich ein Glas Wasser aus der Küche. »Yuki, lässt du uns mal kurz alleine?«

»Okay.« Yuki flitzte wieder weg, in sein Zimmer.

Sein Vater setzte sich an den Tisch, Mika neben ihn. Lange Zeit saßen sie einfach nur da und schwiegen. Keiner von ihnen wusste, was sie nun tun sollten.

»Ich werde es morgen noch einmal probieren. Vielleicht hat sich die Lage dann beruhigt.« Mika wollte Zeit gewinnen. Was er dann tun würde, wusste er noch nicht. Sollte er sich stellen?

Sein Vater schwieg immer noch. Er hatte wohl auch keine Idee, was Mika tun sollte. Was wiederum gut für Mika war. Er musste um jeden Preis dafür sorgen, dass er abgeholt werden würde.

»Was machen wir mit deiner Mutter?«, fragte sein Vater. Sie war bestimmt eh schon mit den Nerven am Ende. Wenn Mika jetzt auch noch wiederkam, um dann erneut zu gehen, würde sie das vielleicht nicht verkraften. Ganz zu schweigen davon, dass sie sich Sorgen um Mika machen würde.

»Wir müssen es ihr sagen. Sonst werden es Yuki und Gia ausplaudern.«

Sein Vater nickte. Sie hatten beide keine Ahnung, wie sie es ihr beibringen sollten, aber auch keine andere Wahl. Wohin sollte Mika sonst gehen?

Mika seufzte, dann ging er auf sein Zimmer. Sein ehemaliges Zimmer. Eigentlich sollte er ja nicht mehr hier sein. Er legte die wenigen Gegenstände, die er auf seiner Flucht mitnehmen wollte, auf den Boden und legte sich aufs Bett, um kurz zu schlafen. Er war erschöpft.

Am Abend kam seine Mutter von der Arbeit zurück. Mika und sein Vater hatten sich überlegt, was sie sagen wollten.

Seine Mutter kam in die Wohnung herein. »Lucius? Yuki? Gia?«

Sein Vater tat, als hätte er nicht bereits auf sie gewartet. »Setz dich doch. Wir müssen über etwas reden.«

Ihr Gesicht wurde bleich. Erwartete sie das Schlimmste? Mika und sein Vater wollten es ihr so schonend wie möglich beibringen, aber Mika zweifelte, ob es ihnen gelingen würde.

»Mikas Flucht ist missglückt.« Seine Mutter japste bei diesem Satz. Sein Vater bemühte sich sichtlich, sie zu beruhigen. »Aber er ist hier. Alles ist gut. Morgen wird er es erneut versuchen.«

Langsam beruhigte sich seine Mutter. »Warum ist er nicht hier, Lucius?«

»Wir wollten es dir schonend beibringen, Amalia.« Sein Vater rang um Fassung. Jetzt war Mikas Moment. Er ging in die Küche und setzte sich wortlos an den Tisch. Keiner von ihnen wagte das Schweigen zu brechen.

Bis seine Mutter fragte: »Wo sind die Kinder?« Die Kinder. War er denn nicht mehr ihr Kind? Hatte sie sich so schnell schon damit abgefunden?

AußenseiterWhere stories live. Discover now