Kapitel 12

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Als Mika am nächsten Morgen erwachte, schmerzte sein ganzer Körper. Er konnte sich kaum aufrichten. Die harte Arbeit in der Nacht hatte Spuren an ihm hinterlassen. Er seufzte.

Die anderen Arbeiter schliefen noch, auch von Vikar war nichts zu sehen. War dieser vielleicht irgendwo hingegangen? Das Getreide verkaufen? Egal. Mika rappelte sich stöhnend auf. Er musste mal an die frische Luft.

Draußen vor dem Zelt herrschte reges Treiben. Der Tag war kaum angebrochen, doch riesigen Mengen von Menschen gingen durch die Wege zwischen den Zelten entlang. Mika hatte keine Ahnung, was ein Großteil von ihnen tat. Schließlich konnte nicht jeder auf dem Feld arbeiten, auch wenn es riesig war.

Die Erinnerungen von letzter Nacht kamen wieder hoch. Irgendetwas war doch faul gewesen. Vielleicht sollte er einfach noch einmal zum Feld gehen.

Mika blickte sich um. Noch immer schliefen die anderen und von Vikar war weiterhin nichts zu sehen. Er schlüpfte aus dem Zelt und eilte die Gassen entlang. Wo genau war dieses Feld noch einmal?

Mika drückte sich an einer Frau vorbei, die mit ihrem Kind mitten im Weg stand. Sie diskutierte mit einer anderen Frau und gestikulierte dabei wild.

»He, pass doch auf, junger Mann!«, rief sie ihm wütend hinterher, doch Mika war bereits aus ihrem Sichtfeld verschwunden. Dort vorne war das Feld. Bei Tageslicht war es noch imposanter als bei Nacht.

Abrupt blieb Mika stehen. Aber ... In seinem Kopf ratterten seine Gedanken. Er spielte verschiedene Möglichkeiten durch. Doch eigentlich war ihm nun klar, was an der Sache faul gewesen war.

Er rannte zurück, fassungslos darüber, was Vikar ihm verschwiegen hatte. Dieser verlogene Dreckskerl. Er hatte Mika ausgenutzt. Er hatte sie alle ausgenutzt. Oder wussten die anderen Arbeiter davon? Hatte Vikar es ihnen schon gesagt? Oder hatten sie es vielleicht auch herausgefunden wie er?

Wie dem auch sei, er hielt es hier nicht mehr aus. Und er würde nicht mehr für Vikar weiterarbeiten, sollte der sich doch querstellen wie er wollte.

Er lief auf direktem Weg zurück zu Vikars Zelt. Dort angekommen, war Vikar wieder zurück, von wo auch immer er gewesen war.

»Mika, wo warst du? Du kannst nicht einfach gehen und kommen, wann du willst.« Seine Stimme klang hart und streng, aber nicht wütend.

»Wann hatten Sie es vor, mir zu sagen?« Dieser Satz brachte Vikar sichtlich aus dem Konzept. Er blinzelte überrascht mehrfach auf. Mikas Stimme wurde lauter. »Wann wollten Sie es mir sagen?«

Vikar blinzelte immer noch verdutzt. »Was sagen?«

»Stellen Sie sich nicht dumm!« Mika schrie mittlerweile. Es war unklug, aber er konnte nicht anders. Vikar hatte ihn angelogen und benutzt, um ihn etwas machen zu lassen, dass er nicht tun wollte.

Vikars Gesichtszüge verhärteten sich. »Sprich nicht so mit mir!« Er hatte sich wieder gefasst und seine Stimme klang noch härter als zuvor. »Du bist mein Eigentum! Ich kann dir befehlen, was ich will. Ich kann dir sagen, was ich will. Ich bin dir gegenüber keiner Rechenschaft schuldig! Also verschone mich mit deinem unwichtigen Gerede und arbeite lieber.«

Mika war fassungslos. Das konnte nicht Vikars Ernst sein. Ihm war immer klar gewesen, dass Vikar kein anständiger Mann war, obwohl er das vorgab. Aber Vikar war mehr als nur unanständig. Er war ein Lügner. Ein Feigling, der sich nicht einmal für das rechtfertigte, was er getan hatte.

»Ich werde nicht mehr für sie arbeiten. Das wars. Ich bin raus.« Mika drehte Vikar provokativ den Rücken zu und starrte aus dem Zelt hinaus. Dennoch ging er nicht. Noch nicht. Er wollte Vikars Reaktion hören.

AußenseiterOù les histoires vivent. Découvrez maintenant