Scharade

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Dr. Cooke

Wie geht es Henry?

Hallo Dr. Cooke,
Es geht ihm besser.
Er hat auch schon etwas
gegessen. Ich denke, wir
werden den Rest des
Tages im Zimmer bleiben.

Wie geht es dir, Max?

Mir geht es gut, danke.

Dann würde ich wieder
nach Hause fliegen, wenn
das in Ordnung ist.

Natürlich.
Und vielen Dank nochmal,
dass Sie so schnell
gekommen sind. Und für
Ihre Hilfe.

Das habe ich gern gemacht,
Max. Ihr kommt bitte beide
zum nächsten Termin.

Das werden wir. Versprochen.

Dann bis nächste Woche.

Bis nächste Woche und
vielen Dank nochmal.

Ich schalte mein Handy auf lautlos und lege es neben mir auf dem Nachttisch ab. Henry liegt neben mir zwischen den vielen weißen Kissen und blickt mich mit seinen braunen Augen mit den goldenen Flecken darin an.
„Jenny?" fragt er.
Ich schüttele den Kopf. „Dr. Cooke," erkläre ich. „Er fliegt wieder nach Hause, aber wir sollen nächste Woche zu zweit bei ihm erscheinen."
Henry hebt beide Augenbrauen und seufzt. „Ich schätze, Widerworte bringen da nichts," antwortet er.
„Das ist richtig. Ich möchte, dass du auf jeden Fall mitkommst. Er ist ein sehr guter Therapeut."
„Okay."
Ich lächele gefühlt seit Tagen zum ersten Mal wieder. Ich hatte mit einer Diskussion gerechnet, aber wieder einmal schafft dieser unglaubliche Mann es, mich zu überraschen.

„Möchtest du dir noch die Stadt ansehen?" fragt Henry mich.
„Möchtest du denn?"
„Ich frage dich."
Ich überlege kurz und stelle fest, dass es mir egal ist, was wir tun. Solange er mich nicht wieder wegschickt. Und genau das sage ich ihm.
„Es tut mir leid, dass ich dich so erschreckt habe, Maxwell," sagt Henry nun ernst. „Ich hätte es dir vorher sagen sollen, aber ich hatte Angst.."
„Wovor?"
„Dass du mich dann nicht mehr magst."
Entsetzt sehe ich ihn an. Er denkt, ich könnte ihn nicht mehr mögen?

Vorsichtig lege ich meine Hand an seine Wange. „Ich habe dir auch von meinem.. Zustand berichtet. Und du bist nicht davongelaufen. Das kann ich immer noch nicht glauben."
Er lächelt und schmiegt sein Gesicht an meine Hand. „Das stimmt. Ich hätte gar nicht weglaufen können. Du hast mich von Anfang an verzaubert."
Nun hebe ich meine Augenbrauen, denn mir erschließt es sich ganz und gar nicht, wie er von meiner langweiligen Art verzaubert sein konnte.

„Jetzt schau nicht so überrascht," kichert Henry. „Du bist faszinierend, du weißt es nur nicht."
„Wenn du das sagst," murmele ich verlegen. Ich bin es nicht gewöhnt, Komplimente zu bekommen.
„Also," sagt er, weil er zu spüren scheint, dass ich schon wieder beunruhigt bin. „Ich würde gern hier bleiben, etwas zu Essen bestellen, sinnlosen Quatsch im Fernsehen schauen und mit dir kuscheln. Wäre das okay für dich?"
Ich sehe in seine funkelnden Augen und muss lächeln. Er will mit mir kuscheln? Ich nicke vorsichtig.
„Können wir erst kuscheln?" fragt Henry und ich muss grinsen, denn insgeheim hatte ich gehofft, dass seine Reihenfolge nicht festgelegt ist.

Er robbt noch dichter an mich heran und legt seinen Kopf auf meinem nackten Oberkörper ab. Meine Hand wandert unwillkürlich in seine Haare und Henry seufzt wohlig, als ich durch die Strähnen streiche.
„Was war dieses Wort?" murmele ich schläfrig. Zwar habe ich an diesem Wochenende so viel geschlafen, wie schon seit langem nicht mehr, aber Henrys Gegenwart ist so beruhigend, dass ich schon wieder müde werde.
„Welches?" flüstert er. Seine Finger malen unsichtbare Muster auf meinem Bauch. Ich mag das Gefühl. Es kitzelt, aber nur ganz wenig und kurz fällt mir auf, wie leicht es mir plötzlich fällt, mich auch in wenig Kleidung vor Henry zu zeigen.

Wortliebe | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt