Kapitel 13

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Der kleine Stallbursche Piet rannte wie angestochen durch die Stallungen, die sich im hinteren Teil des Roten Bergfrieds befanden. Einige der Schlachtrösser und der edlen Zelter schnaubten erschrocken, als der Junge mit lautem Keuchen vor einer weißen Araberstute stoppte. Er gab dem Pferd einen leichten Klapps auf die Kruppe, sodass es ihm bereitwillig Platz machte. "Silberne", so solle sie von nun an heißen, hatte die Drachenkönigin gesagt. Natürlich nicht direkt zu ihm, sondern dem königlichen Stallmeister, der dem Stallburschen den Befehl erteilt hatte, die Araberstute für Ihre Majestät zu striegeln und zu satteln. Mit flinken Fingern fuhr er dem Tier durch die Mähne und rieb den Staub mit einer groben Bürste aus dem Fell. Der Junge hörte die Stimmen der anderen Stallburschen, die gerade den Pferdeunterstand betreten hatten wie sie sich laut unterhielten, wer welches Pferd satteln sollte. Heute fand der große Triumpfzug der Drachenkönigin statt und die Pferde sollten blankgeputzt den edlen Lords und Ladies bereitgestellt werden.

Sein bester Freund, Lukas, durfte den großen Rappen dieses Jon Snows satteln, ein richtiger Nordmann, der immer ernst dreinblickte und dem ein riesiger Wolf, wie ein Schoßhund gehorchte, zumindest munkelte man das. Pah, ihm hatte der Stallmeister das Pferd der Königin zugeteilt, das war tausendmal besser. Obwohl die Eroberung von Königsmund durch die Targaryen Königin schon einige Tage zurücklag, hatte Piet sie nie zu Gesicht bekommen. Während er der Stute den Sattel auflegte, versuchte er sich vorzustellen wie sie wohl aussehe. Alle sagten, sie hätte unendlich langes silberblondes Haar und wäre wunderschön. 'Ob sie wohl Drachenflügel besitzt?', fragte sich Piet und kam zu dem Schluss, dass es so sein müsste.

"Warum ich?" hörte Piet den pummeligen Toniono fragen. Toniono war der jüngste unter den Burschen und musste immer die Arbeit machen, die keiner wollte. "Ich will nicht für den Zwerg den Gaul fertigmachen."

"Weil ich es dir sage!", blaffte ihn der Stallmeister an, "Wenn's nach mir ginge, könnte der Sippenmörder auch auf einem Esel reiten, obwohl der sogar für ihn noch zu schade wäre." Schniefend und vor sich hin protestierend begab sich Toniono zu der alten Mähre, die in der hintersten Ecke des Stalls vor sich hindöste.

Piet musste ein Kichern unterdrücken, er hatte es doch richtig gut getroffen.

Es begann leicht zu nieseln, als sich der Zug aus Reitern und Fußsoldaten aus der Toröffnung des Roten Bergfrieds schlängelte. Daenerys ritt nicht, wie sie zuvor beabsichtigt hatte, an der Spitze, sondern ein Dutzend ihrer Blutreiter marschierten ihr voran.

Tyrion hatte ihr erklärt, dass sie sich der Bevölkerung von Königsmund zeigen musste und sie solle nicht allzu lange damit warten, denn die Gerüchte trieben schon seltsame Blüten. Hinter vor gehaltener Hand wurde geflüstert, sie sei gar keine Frau, sondern ein Mann mit Schuppen anstatt Haut und sie wäre halb Mensch halb Drache.

Grauer Wurm hatte sofort seine Bedenken geäußert, es sei viel zu gefährlich für seine Königin, direkt durch die Stadt zu reiten, wie leicht könnte ein Attentäter sie so angreifen. Daenerys hatte das Argument gleich vom Tisch gewischt, sie wolle keine Königin sein, die sich hinter Burgmauern verschanzt und die das Volk nie zu sehen bekommt. Ihr würde schon nichts passieren, wenn sie von den Unbefleckten flankiert würde, ein Trupp Dothraki ihr den Weg durch die Stadt frei machte und Jon mit einem Teil seiner Männer hinter ihr her ritt. Aber zwei Stunden vor Beginn des Triumpfzuges entschied sie sich, Drogon während ihres gesamten Rittes in der Luft über sie kreisen zu lassen. Ihre mentale Verbindung zu dem Drachen war nach der Eroberung so vertieft worden, dass das gewaltige Tier ihre Wünsche erahnte.

Nun blickte sie nach oben, während die Schimmelstute unter ihr durch die Straße schritt und hielt Ausschau nach dem Drachen. Er ließ sich nicht blicken.

Neben ihr saß Tyrion auf einem alten Klepper und schaute missmutig drein, er hasste Reiten. Dicht hinter ihr ritten zwei ihrer neuen Zofen. Auf dem Rücken ihrer Pferde waren große Beutel befestigt, voll mit gebackenen Süßigkeiten, welche unter dem Volk verteilt werden sollten. Daenerys Schimmel trug ebenso solche Tragekörbe, nur waren diese mit Silbermünzen gefüllt. 'Bestechung', ging es ihr durch den Kopf, 'Bestechung fürs Volk, damit es sich nicht länger vor seiner Königin fürchtet.

Der Winter des DrachensWhere stories live. Discover now