Kapitel 15

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Der Thronsaal im Roten Bergfried wurde erfüllt von Gesprächsfetzen in den unterschiedlichsten Landessprachen und verstohlenem Geflüster hinter vorgehaltenen Händen. Es waren nicht alle Oberhäupter der 7 Königslande der Einladung von Daenerys Targaryen gefolgt, zwei von ihnen hatten nur ihre Botschafter entsandt. Ähnlich sah es bei den Lords und großen Lehnsherren aus, je nachdem wie sie zu dem Haus Targaryen standen waren sie persönlich erschienen – sie wollten ja Königin Daenerys ihre jahrelange Treue gegenüber dem Drachengeschlecht beweisen – oder sie hatten einen ihrer Vasallen nach Königsmund beordert – falls die neue Herrscherin ihnen ihre Untreue vorwerfen würde, müsste wenigstens nicht der eigene Kopf rollen. Zwischen den festlich gekleideten Adligen liefen kleine Jungen und Mädchen hin und her und bestaunten mit großen Augen die riesige Halle. Je länger sie sich den Thronsaal betrachteten, der mit seinen Ausmaßen alles übertraf was sie je an Räumlichkeiten gesehen hatten und je öfters ihr Blick auf den sagenumwobenen Eisernen Thron fiel, desto überzeugter wurden die Kinder, dass es eine Ehre sein musste das Mündel der Königin zu werden.

Fanfaren ertönten, die Gespräche im Saal verstummten. Kurz darauf betrat Daenerys den Thronraum, zu ihrer rechten bemühte sich Tyrion mit ihr Schritt zu halten und links von ihr ging Jon Schnee mit erhobenem Kopf. Grauer Wurm und einige der Unbefleckten folgten, wobei die Soldaten zu beiden Seiten der Königin aufschlossen, um sie vor eventuellen Angriffen zu schützen. Ein Dutzend der Dothraki stapfte hinterher, ihre Gesichter drückten Härte und Arroganz aus. Die jungen Zofen Daenerys' bildeten die Nachhut. Daenerys war komplett in silbrig-weißer Seide gekleidet, das mit dem Glanz ihrer kunstvoll gesteckten Haare konkurrierte. Auf der weißen Schleppe stach das schwarz-rote Drachen-Wappen der Targaryen ins Auge. Während Daenerys auf dem Eisernen Thron Platz nahm, wobei sie höllisch aufpassen musste ihre empfindliche Robe nicht zu zerreißen, wurde die Totenstille im Saal durch unterdrücktes Zischen und leises Flüstern unterbrochen. Zwei der Unbefleckten lösten sich aus ihrem kleinen Trupp und öffneten ein riesiges, eisernes Portal, das sich links neben dem Thron befand. Kurz darauf war das stampfende Dröhnen von schweren Schritten zu vernehmen und die Geräuschkulisse im Saal ,gepaart mit Lauten der Angst, schwoll erneut an. Als sich dann der schwarze Drachenkopf Drogons durch das Portal schob, fingen die Kinder an zu weinen, die Frauen stießen spitze Schreie aus und die Männer griffen instinktiv nach ihren leeren Schwert-Scheiden, allen war befohlen worden ihre Schwerter und andere Waffen abzugeben.

Bevor sich eine Panik ausbreiten konnte, erhob sich Daenerys und rief mit lauter Stimme:" Lords und Ladies, gute Bürger von Westeros, fürchtet euch nicht. Das ist Drogon einer meiner Drachen und er gehorcht mir aufs Wort. Ich garantiere euch, es wird euch nichts geschehen."

Die Menge begann sich zu beruhigen, nur vereinzelt waren Schluchzer zu hören. Nachdem wieder Ruhe eingekehrt war und Drogon sich lang hinter dem Eisernen Thron ausgestreckt hatte, begann Daenerys mit ihrer Ansprache. Sie bedankte sich für das zahlreiche Kommen und wie sehr sie sich freute, dass so viele Sprösslinge aus den einzelnen Häusern am Hof dienen wollten. Die Kinder, deren Entscheidung mit ihren Eltern nach Westeros zu reisen nicht immer ganz freiwillig gewesen war, sahen sie mit unschuldigen Augen an. Dann fuhr Daenerys fort, den Anwesenden ihre Vision von einem friedlichen, geeinigten Königreich darzulegen und dass der Krieg nun beendet sei. Nach ungefähr 10 Minuten hatte sich die beklemmende Anspannung gelegt und Daenerys beendete ihre Rede. Den Lords sollte die Möglichkeit gegeben werden, über das Gesprochene nachzudenken und miteinander zu diskutieren. Das allgemeine Getuschel schwoll erneut an und aus den einzelnen Gesprächen waren immer wieder "Jon Schnee", mit fragendem und "Der Gnom" mit missbilligendem Unterton zu hören. Wieder erhob sich Dany von ihrem Thron und ihre klare Stimme durchschnitt die einzelnen Gesprächsfäden. "Ich möchte Euch nun verkünden, wer mir in Zukunft als Hand dienen soll." Sie legte eine Pause ein und man hätte eine Stecknadel auf den Boden fallen hören können, so still wurde es. "Als neue Hand der Königin ernenne ich Jon, der König des Nordens, der als erster Lord von Westeros mir seine Treue geschworen hat und seitdem mir fest zur Seite steht." Ein Raunen ging durch die Menge und der Ausdruck "Bastard" erklang mehrmals.

"Er ist nicht länger nur der Bastard aus dem Hause Stark, sondern er hat seine Führungskraft schon lange als Lordkommandant der Schwarzen Mauer und als Oberhaupt von Winterfell bewiesen. Er hat seinen Titel "König des Nordens" zu meinen Gunsten geopfert und in Zukunft wird es nur einen "Wächter des Nordens" anstelle eines Königs geben, da auch Winterfell ein Teil dieses riesigen Reiches ist." Bei diesen Worten suchten ihre Blicke Lady Sansa in der Menge und entdeckten sie, wie sie sich bleich an eine graue Mauer lehnte. Jon neben ihr atmete schwer und sie glaubte zu spüren, wie sein ganzer Körper vor Anspannung bebte. Sie fuhr fort: "Ned Stark, Jons Vater, war eine gerechte und gute Hand des Königs gewesen. Er hatte die Machenschaften von Cersei Lannister und ihrem Bastard, der sich die Königswürde zu Unrecht angeeignet hatte, aufgedeckt und musste daraufhin mit seinem Leben bezahlen. Die Krone möchte dieses Unrecht wieder gutmachen, indem sie dieses hohe Amt seinem Sohn verleiht. Das Haus Stark soll von seinem ältesten und legitimen Nachkommen angeführt werden und das ist in diesem Fall," wieder richtete sie ihren Blick auf Sansa, die ihn voll Hass aber auch mit einer Spur Hoffnung erwiderte, "eine junge Frau: Lady Sansa. Da Lady Sansa in jungen Jahren verheiratet wurde, soll ihr gesetzlich angetrauter Ehemann der neue Wächter des Nordens werden: Lord Tyrion Lannister." Empörtes Gemurmel, gepaart mit unterdrücktem Gekicher wurde laut.

Tyrion, der die ganze Zeit neben ihrem Thron verharrt hatte, stieß ein erschrockenes Keuchen aus und er hatte das Gefühl, seine Beine würden gleich ihren Dienst versagen. "Auf ein Wort, Eure Majestät", brach er stockend hervor. "Gleich", zischte Daenerys. Sie warf Grauer Wurm einen Blick zu und dieser bat lautstark um Ruhe.

"Ich weiß," führte Dany im ruhigen Ton fort, "viele haben eine schlechte Meinung von Lord Tyrion, aber die Anschuldigung, dass er den falschen König Joffrey ermordet hat, ist falsch. Die wahre Identität des Mörders konnte ermittelt werden und er ist seiner gerechten Strafe unterzogen worden." Jaime hatte ihr von Lady Olenna Tyrells Geständnis berichtet, aber sie würde sich hüten diesen Namen heraus zu geben, das Haus Rosengarten war ein zu wichtiger Partner. "Ebenso ist das Gerücht falsch, dass Lord Tyrion seine Hand im Spiel beim Tod seines Vaters hatte, dieser wurde heimtückisch von seiner Konkubine ermordet." Tyrion begann neben ihr stark zu schwanken und Dany dachte: 'Lügen, wie oft muss eine Königin lügen, um den Frieden in ihrem Reich zu bewahren.'

"Was sagt Ihr da?", fragte Tyrion jegliche Höflichkeit vergessend.

"Wieso? Wollt Ihr euch beschweren?", flüsterte Dany zurück, "ich habe gerade euren Kopf gerettet."

Plötzlich fühlte sie sich leer. Sie ließ durch Grauer Wurm verkünden, dass sie gedachte sich zurück zu ziehen, um später wieder am Festbankett teilzunehmen. Sie drehte sich zu Jon. Er sah sie mit einem Ausdruck von Hoffnungslosigkeit und Niedergeschlagenheit an. "Geht zu Eurer Schwester, ich möchte sie sprechen. Kommt bitte gemeinsam in den Ratssaal in dem Tyrion und ich auf euch warten werden." Sie wollte noch ihre Hand auf seinen Arm legen, doch Jon wendete sich abrupt ab und eilte die Treppen herunter.

Der Winter des DrachensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt