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Das Erste woran ich dachte, als ich meine Augen am nächsten Morgen öffnete, war Yoongi. 

Ich dachte nicht daran, dass ein weiterer leidvoller Tag bevorstand. Nicht an Euthanasia. Nicht an meinen Selbstmord. Da war einfach nur Yoongi.

Ich hatte ihn doch eigentlich gestern erst kennengelernt und trotzdem ging er mir nicht aus dem Kopf. Es verwirrte mich ein wenig und ich sagte mir, dass es einfach daran lag, weil ich wirklich glaubte, dass er derjenige war, der mir helfen könnte.

Eine Zeit lang blieb ich noch liegen und versuchte weiterzuschlafen, was mir aber nicht gelang und ich stand auf, um mich fertig zu machen und zu sehen, ob Euthanasia schon on war. Vielleicht hatte Yoongi mir eine Nachricht geschickt. Was ich insgeheim wirklich hoffte.

Gerade als ich aus dem Badezimmer kam, nachdem ich mich für den Tag fertig gemacht hatte, klingelte es an meiner Haustür. Ich blieb sofort wie angewurzelt stehen und verhielt mich mucksmäuschenstill. 

Das tat ich immer, wenn jemand unangekündigt bei mir klingelte. Ich stellte mich einfach tot, in der Hoffnung, dass dieser jemand sich einfach verziehen und mich in Ruhe lassen würde.

Erneut klingelte es und ich schlich zur Tür. Auf Zehenspitzen näherte ich mich dieser und lugte absolut geräuschlos durch den Spion. Entsetzt riss ich die Augen auf, als ich direkt vor meiner Haustür Yoongi erkennen konnte, der seinen Blick genau auf meinen Spion und somit auf mich gerichtet hatte.

Er grinste und hielt einige Einkaufstüten hoch. Sofort wich ich zurück und schaute verdutzt gegen die Tür. Dann öffnete ich diese ein wenig widerwillig und Yoongi stand direkt vor mir. "Woher weißt du wo ich wohne?", war das Erste, was mir in den Sinn kam.

"Dir auch einen wunderschönen guten Morgen. Ich habe dich gestern nach unserem Date nach Hause gebracht, erinnerst du dich nicht?", entgegnete er mir und ich sah ihn immer noch absolut irritiert an. Eine Weile standen wir uns reglos gegenüber und es musste auf ihn fast so wirken, als hätte ich noch nie in meinem Leben Besuch empfangen.

Mit einem Mal kam er auf mich zu und drängte mich mit seinen Tüten zur Seite. "Darf ich mal", fragte er unnötigerweise, da er schon längst reingekommen war und gleich darauf seine Tüten auf der Küchentheke meiner offenen Küche abgelegt hatte.

"Ehm...", brachte ich nur hervor und schloss die Tür, während ich ihn ungebrochen beobachtete. Langsam lief ich ebenfalls zur Küche und sah ihm dabei zu, wie er sogleich geschäftig in einer Tüte kramte und frische duftende Brötchen auf der Theke ablegte. Gleich darauf wühlte er in meinen Schränken und holte Teller, Tassen und einen Topf heraus.

"Du kennst dich aber ganz schön gut aus", bemerkte ich, als er den Topf mit Wasser füllte und auf den Herd stellte. "Na ja, irgendwie sind doch alle Küchen gleich, oder", meinte er und grinste mich kurz an. "Machst du schon mal Kaffee?", bat er mich. Ich ging, wenn auch zögernd, zur Kaffeemaschine und tat was er sagte.

Als ich mich umdrehte stand Yoongi plötzlich genau vor mir und blickte auf mich herab. Ich fuhr innerlich zusammen und sah mit offenem Mund zu ihm auf. Seine plötzliche Nähe machte mich irgendwie nervös.

"Magst du deine Eier hart?", fragte er und meine Kinnlade klappte entgeistert nach unten. Meine Augen weiteten sich und ich geriet unweigerlich ein wenig ins Schwitzen. 

"M-meine... Eier...!?", hakte ich vollkommen überfordert nach und ein leichtes Grinsen huschte über sein Gesicht. Sodann hielt er eine Packung Hühnereier hoch. "Hart oder weich?", fragte er noch einmal.

"Ohhhh... ehh.... weich... weich bitte..", stammelte ich und wurde knallrot. Yoongi grinste und wendete sich direkt von mir ab, um die Eier in den Topf zu legen. Peinlich berührt presste ich fest meine Lippen aufeinander und lief zur Küchentheke, um zu sehen, was er noch so alles dabei hatte.

Ich holte aus seinen Einkaufstüten Wurst, Käse, Butter, Marmelade und Milch hervor. Er hatte an alles gedacht und ich lächelte ein wenig, während ich in seine Richtung schaute. Gleich darauf nahm ich seinen nächsten Einkauf aus der Tasche und als mein Blick darauf fiel, ließ ich das Paket wie von der Tarantel gestochen fallen. "Holy shit!", rief ich und Yoongi drehte sich um.

"Was ist los?", fragte er und kam auf mich zu. Sein Blick fiel auf die Packung, die er gleich darauf in die Hand nahm. Fassungslos sah ich ihm dabei ins Gesicht. Sein Augen richteten sich auf die meinen. "Das sind Rasierklingen", meinte er dann seelenruhig.

"Ja, das sehe ich. Warum liegen die in der Tüte mit dem Frühstück!?", fragte ich ihn und er sah mich weiterhin ganz entspannt an. "Warum sollten die nicht darin liegen. Die sind für dich", sagte er, warf die Packung auf die Theke und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Topf zu.

"Für mich...?", fragte ich ihn ungläubig und richtete meinen Blick langsam wieder auf die Rasierklingen. "Hm-hm", machte Yoongi und war gerade dabei die Eier mit kaltem Wasser abzuschrecken.

Dann legte er die Brötchen auf unsere Teller und sah mich lächelnd an. "Aber die gibt es erst nach dem Frühstück, okay?" Ungläubig sah ich ihm weiter dabei zu, wie er unsere Teller und Tassen füllte. Zeitlupenartig nahm ich sodann ihm gegenüber Platz und blickte ihn weiter unverwandt an.

Yoongi nahm zunächst einen Schluck Kaffee, dann schmierte er sich ein Brötchen und biss davon ab. Kauend und mit großen Augen sah er mich irgendwann an. "Willst du denn gar nichts essen?", fragte er dann und kaute langsam weiter.

"Mir ist der Appetit irgendwie vergangen..", sagte ich leise und mein Blick fuhr hinüber zu den Rasierklingen, die immer noch auf der Theke lagen, als sei das mein Nachtisch. Dieser Gedanke bereitete mir Unbehagen. Obwohl ich mein Leben doch eigentlich beenden wollte, drehte sich mir unweigerlich der Magen um und mir wurde schlecht.

Plötzlich packte Yoongi die Rasierklingen und stopfte sie in die Tüte, die er sofort neben sich auf den Boden verfrachtete. Dann biss er von seinem Brötchen ab und wischte sich mit seiner Serviette über den Mund.

"Mmh, wir sollten vielleicht zunächst eine Aufstellung machen", meinte er dann und trank noch einen Schluck Kaffee. Auch ich zog nun langsam meine dampfende Kaffeetasse zu mir rüber und sah ihn dann fragend an.

"Was für eine Aufstellung?", fragte ich und nippte an meiner Tasse.

"Pro und Contra Selbstmord", erwiderte Yoongi.

Can you hold me? ---YoonminWhere stories live. Discover now