Kapitel 12: Damien

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Eine kalte innere Leere hatte sich in mir breit gemacht, nur gefüllt mit Trauer und Schmerz.

Ich saß reglos auf meinem Bett. Es war schon dunkel, aber ich hatte mir nicht die Mühe gemacht, dass Licht anzuschalten. Meine Kraft hatte mich schon vor Stunden verlassen.

Vielleicht auch vor Minuten. Ich hatte in der Dunkelheit jegliches Zeitgefühl verloren. Ich wusste nur, dass der Druck in meiner Brust unerträglich war.

Xaviers kleiner Körper lag vor mir. Er wirkte verloren, ein einsamer, schwarzer Fleck auf meiner weißen Bettdecke. Mein Labor war aufgebaut, aber mein Zimmer war die Unordnung in Person.

Tausend Bücher über Nekromantie und Unsterblichkeit und sogar ein erste Hilfeset lagen verstreut auf dem Boden.

Dazu Spritzen, Tränke, zerbrochene Reagenzgläser, Phiolen und weitere Dinge dieser Art.
Aber nach alldem musste ich mir eine Sache eingestehen.

Die Toten zurückzuholen gehörte nicht zu meinen Fähigkeiten.
Es war schlichtweg unmöglich.

Langsam begann sich der Druck in meiner Brust weiter aufzubauen und verwandelte sich schließlich in bodenlosen Zorn.
Ich hatte keine Ahnung, warum Loriana Xavier das angetan hatte.

Eigentlich, wenn ich genauer darüber nachdachte, konnte ich mir nicht mal sicher sein, dass sie es gewesen war.

Aber es blieb dabei.
Ich mochte dieses Mädchen nicht.
Jetzt hasste ich sie sogar abgrundtief.

Aber umbringen konnte ich sie natürlich nicht.
Aus zweierlei Gründen. Das schlimmste an der Sache war, dass ich mir nichtmal in Gedanken ausmalen konnte, sie zu töten, wie meine Geschwister das vermutlich gemacht hätten, wären sie in meiner Situation.

Was merkwürdig war, denn als ich sie gegen die Wand gedrückt hatte, hatte ich keine Übelkeit verspürt.

Nur Zorn und Trauer.
Erst, als mir langsam bewusst geworden war,was ich da tat und sagte, war die Übelkeit gekommen.

Und sie war schlimmer geworden.
Aber es war nicht das erste Mal, dass ich mich in eine Wandnische in unserem Anwesen übergab, und ich wusste wie man das schnell und unauffällig wieder wegkriegt.

Einfach weggehen und die Bediensteten sich drum kümmern lassen. Ich hatte mich direkt danach in mein Zimmer begeben, zum Glück war ich währendessen niemandem begenet, und hatte mich eingeschlossen.

Dann hatte ich angefangen, nach einer Möglichkeit zu suchen, Xavier wiederzuerwecken. Auch, wenn er es mir sehr übel genommen hätte.

Aber das war jetzt auch egal, denn es war bereits mitten in der Nacht und ich hatte Nichts, aber auch wirklich gar nichts, gefunden.

Langsam spürte ich, wie mir die Tränen kamen.
Verdammt.
Sogar weinen muss ich.
Vorbei war es mit dem stoischen herumsitzen.

Was war ich doch nur für ein erbärmlicher Dämon. Ich drehte mich auf den Bauch und vergrub mein Kopf in den Kissen, was die Tränen allerdings nicht stoppte, sondern nur noch heftiger laufen ließ und schließlich konnte ich selbst meine Schluchzer nicht mehr unterdrücken.

Ein Dämon, der in seinem Zimmer eingeschlossen rumheult,
wie erbärmlich, hörte ich die Stimme meines Vaters in meinem Kopf.

Zum Glück konnte er mich nicht so sehen. Zum Glück konnte niemand mich so sehen.

Warum konnte ich nicht einfach sein, wie Damara?
Gefühlskalt und grausam.

Dann wäre alles so viel einfacher. Ich hätte nicht diesen unerträgliche Schmerz in der Brust, der sich nicht ignorieren kließ und sich anfühlte, als müsse mein Herz herausspringen.
Ich könnte die Tränen stoppen, die in Sturzbächen mein Kissen durchtränkten.

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