Kapitel 30: Kassadya

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Ich verspürte keine Panik, keinen Schmerz, keine Furcht. Und das mitten in einem gnadenlosen Feuersturm. Zum ersten mal seit tausend Jahren hatte ich keine Angst vor den Flammen.

Nicht nur das, ich nahm sie kaum wahr, obwohl sie hell und bunt um mich herum tanzten und Schmerzen in mir auslösen, gegen die meine Verbannung nur ein schwacher Hauch war. Aber nichts von alledem interessierte mich.

Das einzige, was meine Aufmerksamkeit bekam war sie, gehüllt in Flammen. Nein nicht gehüllt, sie bestand aus Flammen, sie bestand aus reinem Feuer. Ihr Haar wehte flackernd in den Himmel, ihr Kleid umwehte ihren flammenden Körper.

Aber das schönste, das atemberaubenste und zuleich zerstörerischste waren ihre Flügel, die alles, was sie nur streiften augenblicklich in Asche verwandelten.

Sie waren riesig, größer als alle Engelsflügel, größer als die Bäume, die sie verbrannten und sie wuchsen immer weiter, wie als wollten sie die ganze Welt in ihre zerstörerische Umarmung schließen.

Und sie trugen den hellen, leuchtenden Körper meiner Geliebten hoch in den Himmel, wo sie wie eine Feuergöttin über allem schwebte. Dieser Anblick raubte mir nicht nur den Atem, sondern auch den Verstand.

Sie füllte alles aus, meinen Kopf, meine Gedanken. Mein Körper kribblte über den Schmerz hinweg, meine Haare und Kleidung versengten, aber ich konnte nur mit offenem Mund in den Himmel starren und die heiße Luft einatmen, die meine Lungen zu schmelzen schien.

Das Tosen des Feuers füllte meine Ohren und ein undefinierbares Gefühl überflutete mich. Ich wollte zu ihr aufsteigen, sie in die Arme schließen, wohl wissend, dass sie mich verbrennen würde, lange bevor ich auch nur in ihre Nähe kam.

Dennoch breiteten sich meine lädierten Flügel wie von selbst aus, wollten mich hoch tragen, durch den Feuersturm zu meiner brennenden Geliebten und in meinen sicheren Tod.

Verstand und Logik waren längst aus meinem Hirn herausgebrannt und ich wollt nur noch zu ihr. Aber zwei Arme, gehüllt in Magie hielten mich fest, hielten mich auf den blutigen Steinplatten des Balkons.

Ich wollte mich wehren, aber die Hitze und meine Verletztungen schwächten mich und ich ließ mich von Nathaniel mit einem Schutzschild aus Magie umgeben.

Kaum berührten die Flammen nicht mehr meine Haut, fühle ich mich leer, als würde etwas fehlen, aber mein Freund ließ mich nicht los und ich spürte, wie er neue Magie um uns sammelte, wahrscheinlich, um zu teleportieren.

Ich wollte mich wehren, wollte nicht von diesem quälend schönen Feuer weg, wollte das es mich umschloss und nie wieder losließ, wollte bei ihr sein.

Doch innerhalb des Schutzschildes traten andere körperliche Schmerzen wieder in den Vordergrund. Ich spürte alle Schnitte und Stiche auf meiner verbrannten Haut, meinen aufgerissenen Rücken, der nur langsam wieder heilte, aber dennoch wollte ich die Flammen wieder fühlen, wollte das sie mich verbrannten, wie ich es verdient hatte.

In dem Moment kam Wind auf, viel stärker als der Feuersturm, ein Tosen, dass selbst die knisternden Flammen übertönte. Die Flammen verwirbelt im Wind, die Feuerflügel Iannas, die sich auflösten und wie vereinzelte Federn in einem Sog nach unten gezogen wurden, die Flammen, die sich immer weiter in einen Strudel verstrickten, der sie wegzog, weg von ihr.

Der Anblick war so traurig, brutal und wunderschön zugeich. Wir waren umgeben von so viel mächtiger Magie, die langsam aber sicher auch Nathaniel die Kraft raubten. Ich spürte wie das Kribbeln nachließ, sein Schutzschild sich auflöste, die Flammen meine Haut streiften und sie schmerzhaft liebkosten.

Eine Stimme rief, rief einen Namen, der mir so bekannt vorkam und es dauerte eine Weile, bis ich realiesierte, dass es meiner war. Und das Nate ihn rief.

Panik und Schmerz verzehrten sein Gesicht und schütteten einen Eimer Eiswasser in meine Gedanken. Angst stieg in mir auf, aber nicht um mich.

Ich hüllte ihn in meine Flügel, kratzte alles an Magie zusammen, was mir noch geblieben war und sammelte es um ihn, wie ein Konkon, mich selbst dem Feuer schutzlos ausgesetzt.

Aber mein Verstand, mein Überlebenswille hatte wieder eingesetzt. Ich würde nicht verbennen. Ich hatte schon mal ein Feuer überlebt, ich würde es wieder tun.

Auch, wenn Himmelsfeuer im Vergleich hierzu nicht viel mehr als ein zahme Kerzenflamme war. Ich spürte nun endlich die Schmerzen, nahm sie wahr und ertrug sie. Vermutlich schrie ich auch, aber das einzige, was ich hörte war das Tosen der Flammen im Wind, der sie immer weiter nach unten riss, sie verwehte, versuchte, sie zu löschen.

Mein Mund wurde trocken, mein Flügel versengten und ich war kurz davor den Verstand zu verlieren also richtete ich meinen Blick nach oben, sah sie um ihre Flammen kämpfen, sah, wie ihre wunderschönen Flügel zerfetzt wurden, durcheinader wirbelten und sie verließen.

Sie kämpfte um die Flammen, versuchte sie zu behalten, aber der übernatürliche Wind riss sie unerbittlich fort. Immer weiter, bis sie nicht mehr da waren, bis ihr Körper nicht mehr aus Flammen bestand, sondern aus Fleisch un Blut und die letzten Flammen in dem Wirbelsturm untergingen.

Schmerzen explodierte in meinem Inneren, als die letzten Flammen an mir vorbei zogen und ich konnte nicht sagen, ob es emotional oder körperlich war.

Nun Ihres Feuers und ihrer wunderschönen Flügel beraubt, fiel sie. Raste auf die Erde zu, ohne etwas, dass sie aufhalten würde. Das war der Momet, in dem schlussendlich auch die Panik und Angst in mein inneres zurückfanden und den Schmerz betäubten.

Ich riss meine zerstörten Flügel hoch, zwang sie, mich zu ihr zu tragen, immer schneller, bevor sie auf der Erde aufschlug. Die Flammen waren vollständig erloschen, hinterließem nichts als Asche und Staub und ein angenehm kühler Wind riss an den kläglichen Überbleibseln meiner Federn.

Ich spürte selbst, wie meine Flügelschläge schwächer wurden, wie ich immer mehr absackte und Richtung Boden sank.

Doch ich gab nicht auf, steckte meine schmerzenden Arme nach ihr aus, spürte ihre Fingerspitzen unter meinen. Nicht mehr kalt wie Stein, sondern aus Fleisch und Blut, warm, weich und unversehrt.

Ich packte ihren Arm, zog sie zu mir in eine Umklammerung, spürte wie Erleichterung meinen Körper durchfloss, sie endlich wieder in den Armen zu halten.

Doch meine Flügel hielten das zusätzliche Gewicht nicht aus. Ich sank gefährlich schnell richtung Boden, schaffte es noch, uns so zu drehen, dass sie auf mir landete, bevor wir schmerzhaft auf der verbrannten Fläche aufkamen, die ihr Feuer hinterlassen hatte.

Schmerz schoss durch meine Flügel und explodierte in meinen Rücken, sodass ich aufkeuchte, aber das war mir egal. Ich lockerte meine Umklammerung und blickte auf dieses wunderschöne Wesen in meinen Armen.

Ihre Haut so markellos, wie Porzellan, ihre Haare in dunklen Wellen, die ihren Körper umschmeichlten. Sogar das weiße Gewand war unversehrt geblieben.

Dann öffnete sie ihre Augen, diese leuchtenden Smaragde, die mir immer wieder den Atem raubten, von denen ich nie gedacht hatte, die jemals wieder zu sehen.

Ein sanftes Lächeln erschien auf ihren Lippen und Glück und Erleichterung durchfluteten mich.

Dann spürte ich Castiels Präsenz und im nächsten Moment seine tödliche Magie, die gnadenlos auf uns niederschlug.

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