Kapitel 5: Damien

100 10 16
                                    


Kennt ihr diese wundervollen Momente, in denen ihr zwar wach seid, aber wisst, dass ihr nicht aufstehen müsst? Ich leider nicht.

Immerhin war es draußen nicht mehr stockfinster, als mich Xaviers lautes Krächzen aus dem Bett quälte.
"Sie kommt, sie kommt, sie kommt"
,flötete er.

Wobei, das Flöten eher dem Geräusch von Nägeln, die über eine Tafel gezogen werden ähnelte. Ich hätte ihm echt eine schönere Stimme geben sollen, als ich damals das Experiment vergeigt habe.

"Wer kommt?", fragte ich mürrisch. Durch das offene Fenster zog ein kalter Wind und ich war noch nicht bereit, mein warmes Bett zu verlassen.

"Deine Schwester, deine Schwester", kam die unmelodische Antwort. "Hör auf, alles tausendmal zu wiederholen, du bist kein Papagei!",schimpfte ich.

"Und was wenn sie mich normal sprechen hört? Ich erinnere dich gerne daran, dass du wolltest, dass niemand hiervon erfährt. Wenn sie mich jetzt hört, kannst immerhin noch behaupten, du hättest mir das sprechen antrainiert oder so was in der Art", rechtfertigte er sich.

"Wenn Isabella es rausfinden würde, wäre das eh nicht so schlimm. Ich war sogar öfter mal kurz davor, es ihr zu sagen", meinte ich und schlurfte langsam, noch in meine Bettdecke gehüllt zum Fenster, um es endlich zu schließen.

Isabella war zwar nicht meine einzige Schwester, aber durchaus die einzige, die zu mir kommen würde. Auch die einzige, die ich freiwillig in mein Zimmer ließ. Ich würde uns nicht direkt als beste Freunde bezeichnen, aber wenn ich mich jemandem aus der Familie anvertrauen müsste, wäre sie diejenige.

Sie war die zweitjüngste und wir verstanden uns recht gut. Dennoch fragte ich mich, was sie so früh von mir wollen könnte. Sie hatte es eigentlich nicht so mit früh aufstehen oder Pünktlichkeit.

Aber diese Frage wich schnell blanker Panik, als Xavier nochmal das Wort ergriff: "Es ist nicht Isabella du Dumpfbacke. Bei der würde ich dich nicht extra aufwecken. Es ist Damara."

Damara. Meine älteste Schwester. Wir sprachen ungefähr so viel wie eine Promqueen und ein Außenseiter. Gerne dürft ihr raten wen ich in dieser Metapher darstelle.

Ich war noch nie so schnell angezogen. Innerhalb von Sekunden hatte ich schwarze Jeans und ein halb zugeknöpftes Hemd an als es klopfte. Ich fluchte innerlich und öffnete die Tür.

Ihre Augen glitzerten mich wie zwei schwarze Obsidiane kalt an. Sie entsprachen genau dem Klischee von Dämonenaugen. "Vater will dich sehen", sagte sie bloß, nachdem sie ihre Musterung beendet hatte.

War ja klar. Ich fluchte erneut in Gedanken, aber zum Glück wusste ich, wie ich mein Pokerface beibehielt. "Gut, bin gleich fertig", erwiderte ich ebenso kalt.

Sie nickte,"Kann ich reinkommen?" Warte Was!? Nein! "Von mir aus", nuschelte ich dennoch und trat zur Seite. Was zur Hölle wollte sie in meinem Zimmer!?

Ich hatte mich noch nie so unwohl in meinem Zimmer gefühlt wie jetzt, als ich vermutlich etwas zu hastig meine restlichen Kleider auf dem Boden aufsammelte.

Damara sah sich beim Eintreten interessiert um. In diesem Moment fragte ich mich, ob sie jemals in meinem Zimmer gewesen war. Ich konnte mich jedenfalls nicht erinnern.

Nachdem ich hastig mein Hemd fertig zugeknöpft und meine Jacke, Socken und Schuhe angezogen hatte, konnten wir endlich mein Zimmer verlassen.

Schon früher hatte ich es nie leiden können, wenn andere Leute mein Zimmer betraten. Sogar bei meiner Mutter war mir nicht immer wohl dabei gewesen.

Elijah, mein menschlicher Alchemielehrer, war die erste Person, bei der es mir wirklich absolut nichts ausgemacht hatte. Isabella ging gerade so und Xavier zählte nicht, denn er war keine Person.

Fallen Angel Where stories live. Discover now