Kapitel 17

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Am Donnerstag durfte ich dann endlich wieder auf mein Zimmer. Auch in den Unterricht durfte ich wieder und mit den anderen essen war jetzt auch wieder angesagt. Wir quasselten ununterbrochen und ich war wirklich froh nicht mehr alleine in einem Zimmer zu liegen. Dort ist alles so langweilig gewesen und die weißen Wände ließen mich vermuten, das ich in einer Irrenanstalt war. Als Stefanie mich dann wieder sah ermordete sie mich förmlich mit ihren Blicken und ich genoss es ihr eins auswischen zu können. Mein Handy, meine Zeichnungen und mein Buch hatte ich schon wieder auf meinem Zimmer und ich wurde informiert, das man sich von seinen Eltern holen lassen konnte. Ich überlegte schon einige Zeit, ob ich sie anrufen sollte und sie fragen sollte, ob sie mich holen würden. Es war ja schon extrem verlockend.

Überall im Schulhaus hingen unserer Ballflyer und ich stellte zufrieden fest, das noch keiner abgerissen wurde. "Hey!", rief Eric und kam auf mich zu. Wir schlugen einander in die Hände und gingen dann ein Stück zusammen. Von einem Snackautomaten holten wir uns jeder eine kleine Packung Chips und lungerten dann gemeinsam draußen rum. Ich holte meinen zweiten Zeichenblock heraus, den ich immer in meiner Tasche trug und begann einen kahlen Baum zu zeichnen. "Du kannst es echt gut.", stellte mein Kumpel fest und ich grinste. "Danke.", sagte ich geschmeichelt und konzentrierte mich wieder auf mein Blatt. "Muss dann mal. Hab noch Strafarbeiten zu erledigen.", erklärte er augenverdrehend und verschwand. Keine Ahnung wie lange ich draußen stand und den Baum zeichnete, doch nach einiger Zeit wurde mir kalt und ich machte mich auf den Weg nach drinnen. Diese Winterlandschaft sah so schön aus. Und wie auf Kommando fing es an zu schneien. Kelly machte gerade Sport und Linda lernte mit Steve. Von Jessi wusste ich das sie gerade mit ihren Eltern wegen Weihnachten telefonierte und ich hing in der Eingangshalle herum und zeichnete eine alte Rüstung. Die große Eingangstür ging auf und der kalte Winterwind fegte herein, mitsamt dem Schnee. Die Person die eingetreten war schüttelte sich kurz und sah dann auf. Das ich ihn nicht sofort erkannt hatte wunderte mich. Thomas stand mit Schnee in den Haaren vor mir und ich schmunzelte. Er entdeckte mich und kam sofort auf mich zu. "Hi.", sagte er und ließ sich neben mich fallen. Der Schnee auf seinen Klamotten und in seinen Haaren begann zu schmelzen und ich erwiderte seinen Gruß. Es kostete mich viel Überwindung ihn etwas zu fragen, doch ich tat es dann doch. "Darf ich dich zeichnen? Jetzt?", fragte ich aufgeregt und er stimmte verdattert zu. Eilig blätterte ich nach einem neuen Blatt und fing an ihn zu zeichnen. Seine Augen glitzerten frech, seine Wangen waren rot von der Kälte draußen, der Schnee in seinen Haaren hinterließ kleine Wassertropfen und das Lächeln, dass seinen Mund umspielte war einfach entzückend. "Halt still!", ordnete ich an und sah dann stolz auf meine Zeichnung hinab. "Zeig!", verlangte er und drehte mich so, dass er über meine Schulter sehen konnte. Einen Moment war es still und mir wurde bewusst, das zwischen meinem Rücken und seiner Brust nur wenige Zentimeter Abstand waren. Sein Bein berührte meinen Rücken, da ich im Schneidersitz und er leicht seitlich auf der Bank saß. Ich spürte seinen Atem an meinem Ohr und als er leise sagte:"Wow." Musste ich ein Schaudern unterdrücken. Was tat dieser Junge gerade mit mir? Ich ging wieder etwas auf Abstand und grinste verlegen. "Willst du's?", fragte ich, aber ich hoffte er würde nein sagen, denn ich wollte es behalten und nochmal farbig zeichnen. Als wüsste er es, schüttelte er den Kopf und stand dann auf. "Ich geh mich mal umziehen.", murmelte er und lächelte mich an. Schon trottete er davon und auch ich machte mich auf den Weg auf mein Zimmer.

Kaum dort angekommen setzte ich mich schon an meinen Schreibtisch und malte das Bild nochmal. Die perfekte Farbe für seine Haare hinzukriegen war echt schwierig und ich war extrem stolz als ich es hin bekommen hatte. Unsere Zimmertür wurde aufgerissen und ich fuhr erschreckt herum. Kelly kam mit verheulten Augen auf mich zu und ich nahm sie schweigend in den Arm. Wir setzten uns auf ihr Bett und ich wollte wissen was passiert war. "Miri hat mich beim Sport gesehen und mir zugebrüllt, dass das bei mir doch eh nichts helfen würde und ich immer so fett bleiben würde.", erzählte sie mir und ich wurde wütend. Wie konnte sie es wagen, meine Freundin so zu beleidigen?! "Wo ist diese behinderte Kuh?! Ich bring sie eigenhändig um!", fauchte ich, was Kelly wieder zum Lachen brachte. Aber das war kein Scherz. Ich würde diese blöde Kuh wirklich umbringen, wenn sie mir nur einmal über dem Weg lief. Irgendwie hatte es Kelly aber dann doch geschafft mich zu beruhigen und deshalb zeigte ich ihr meine Zeichnungen. "Hast du noch welche?", fragte sie und ich errötete. Etwas schüchtern zeigte ich ihr die beiden Bilder von Thomas und sie verfiel wieder in einen Quietschanfall, der extrem schrill war. Wie kam diese Mädchen mit ihrer Stimme nur so hoch? "Der zwanzigste ist schon in fünf Tagen!", kreischte sie und mir wurde auch bewusst, was das hieß. Ich würde in nur fünf Tagen mit Thomas tanzen und ich konnte es noch immer nicht richtig, denn ich war krank, wenn wir Tanzkurs hatten oder er hatte etwas zu erledigen. "Kelly bring mir das Tanzen bei!", rief ich und drehte passende Musik auf. Ich zog meine hohen Schuhe an und so hilfsbereit wie meine Freundin war stand sie mir zur Seite. Als die anderen beiden dann kamen wechselte ich immer wieder Partner und am Ende des Abends hatte ich schmerzende Füße und keine Energie mehr. "Ich tanze nie wieder!", stöhnte ich und krabbelte unter meine Decke. Hätte mir jemand gesagt, dass tanzen so anstrengend war, dann hätte ich es nie versucht. Ich war zu faul um mich umzuziehen und deshalb schlief ich in meinen Klamotten ein.

Das Internat (Thomas Sangster FF)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora