Kapitel 8

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Jessica sollte in den nächsten drei oder vier Tagen wieder bei uns ankommen und in dieser Zeit startete ich noch einige Versuche, um von der Schule zu fliegen. Sie klappten alle. NICHT! Kaugummi im Unterricht kauen, offensichtlich irgendwohin kleben, unhöflich sein. Immer wieder stellte ich etwas an und einmal ließ ich mich sogar beim Sprayen erwischen. Das schlimmste was ich erhielt war eine Verwarnung!

Jessi kam wieder bei uns an und dann mussten sie mir natürlich gleich ihre Ball-Dates zeigen, weil ich darauf bestand. Es waren drei sehr nett aussehende Typen und ich war gespannt wie sie sich benahmen. Lindas Date hieß Steve. Er war ungefähr einen halben Kopf größer, als sie und hatte dunkle Augen. Kellys Verabredung hatte hellbraune Haare und trug den Namen Daniel. Jessicas Junge entpuppte sich als höflicher Gentleman mit dem Namen Joseph. Er hatte blon-braune Haare und war richtig süß. Und zu meinem Unglück waren sie alle mit Thomas befreundet oder kannten ihn gut. So unauffällig, wie meine drei Freundinnen waren fragten sie:"Wisst ihr ob er eigentlich schon eine Verabredung hat?" Natürlich wusste das perfekte Trio, so nannte ich sie in Gedanken, das er noch niemanden hatte aber wahrscheinlich mit Stefanie aufkreuzen würde. "Tja.", machte ich etwas lahm und Daniel sagte grinsend:"Los schnapp ihn dir." Genervt drehte ich mich um und rannte voll gegen eine harte Brust. Das mit dem coolen Abgang würde nichts werden.

Wie sich herausstellte hatten die drei Thomas eingeladen, auch zu kommen und er fragte:"Wen soll sie sich schnappen?" Er hielt mich kurz an meinem Arm fest, damit ich nicht stolperte. "Jemanden für den Ball.", rief Linda und hielt sich dann kichernd an Steves Arm fest. Ich warf ihr einen meiner gut einstudierten Todesblicke zu, doch Thomas Stimme riss mich von ihr los, als er vorschlug, dass wir doch zusammen hingehen könnten. Perplex starrte ich ihn an und er setzte eilig hinzu:"Nur als Freunde natürlich!" Ich brauchte einen Moment um zu verdauen was gerade passiert war, dann als ich das geschafft hatte stimmte ich sprachlos zu. Die drei Mädchen und Jungen warfen sich triumphierende Blicke zu. Irgendwie war ich wütend, denn eigentlich wollte ich gar nicht mit ihm hingehen... Aber vielleicht steigerte das meine Chancen zu fliegen. Ja, ich dachte immer noch daran, doch langsam rückte dieser Gedanke in den Hintergrund. Die Pärchen verabschiedeten sich, bis nur noch Thomas und ich da standen. Schweigend schauten wir uns an, bis er auf einmal sagte:"Schöne Jacke." Ich hatte seine Jacke an und zog sie schnell aus. "Da!", ich drückte sie ihm in die Hand und er lächelte. "Du musst sie nicht zurückgeben. Sie steht dir und du hast mal wieder nur ein T-Shirt an." Ich verdrehte die Augen und fragte:"Mal Zeit laufen zu gehen? Dann können wir uns besser kennen lernen." Er nickte und wir verabredeten uns für heute Abend 17:30 am Schultor.

Umgezogen und mit perfekter Frisur kam ich Punkt 17:30 am Schultor an. Mein Handy nahm ich diesmal nicht mit, denn ich hatte ja jemanden, mit dem ich reden konnte. Thomas lehnte schon an der Wand und sah mich an. "Hey.", lachte ich und er lächelte mich nur an. "Können wir los?", fragte er, doch ich schüttelte nur den Kopf. "Zuerst dehnen!", erinnerte ich ihn und begann damit. Genervt tat er es mir gleich und dann joggten wir los.

Ich legte eine Pause ein und lehnte mich dabei an einen Baum. Thomas sah mich fragend an und ich rechtfertigte mich:"Ich muss mehr tragen, als du!" Er fing an lauthals los zu lachen und ich verschränkte beleidigt meine Arme vor der Brust. "Tja Pech. Und jetzt komm mit.", lachte er und winkte mich zu sich. Langsam ging ich zu ihm, lief dann an ihm vorbei und versuchte ihn hinter mir zu lassen, doch er verstand es und versuchte mich am Arm zu packen. Ich wich gerade so zur Seite aus und fiel fast in den Graben. Wir spaßten noch ein bisschen rum und lachten noch wirklich viel, wodurch ich Seitenstechen bekam und wir wieder eine Pause machen mussten. "Wir sollten uns auf's Laufen konzentrieren.", sagte ich und versuchte wieder normal zu atmen. Es klappte nicht wirklich, denn es brachte mich sofort wieder zum lachen, als er mir seine Hand hin hielt, um mir vom Baum wegzuhelfen. "Was hast du denn?", fragte er schmunzelnd und packte meine Hand. "Keine Ahnung!", sagte ich und schnappte nach Luft. Gemeinsam joggten wir weiter und irgendwann setzten wir uns auf eine Bank und schwiegen einfach.

"Warum willst du unbedingt wieder weg?", fragte er leise und ich zuckte mit den Schultern. "Ich vermisse meine Freunde.", murmelte ich dann und er entgegnete:"Du hast hier doch deine Zimmergenossinnen und..." Er schien zu überlegen und ich wartete, wie er weiter sprechen würde. "Und mich." Ich sah auf und blickte in seine braunen Augen. "Wir sind Freunde?", fragte ich ehrlich verwundert. "Ja natürlich! Ich würde nicht mit irgendeinem Mädchen joggen gehen oder ihr meine Jacke geben.", lachte er und ich drückte seine Hand. Er war ganz anders als mein alter bester Freund. Der hatte mir nie seine Jacke oder sonst was gegeben. Wenn ich meine alten Freunde, mit meinen Jetzigen verglich kamen mir meine Neuen viel besser vor.

Wir saßen noch einige Zeit auf der Bank, bis uns auffiel, dass es schon dunkel wurde. "Scheiße!", kreischte ich lachend und sprang auf. "Hast du dein Handy dabei?", wollte er wissen und ich verneinte. "Wir laufen einfach den selben Weg zurück.", sagte ich und rannte los. So schwer konnte es ja nicht werden zurück zu finden. Irgendwann kamen mal Straßenlaternen und wir kamen wirklich noch bei der Schule an.

Thomas war so ein Gentleman, dass er mich sogar noch zu meinem Zimmer brachte. "Pass auf, sonst erwischt dich noch jemand.", ermahnte ich ihn gespielt ernst und er verdrehte die Augen. "Gute Nacht.", sagte er und drückte nochmal kurz meine Hand. Dann verschwand er den dunklen Gang hinab und ich flüsterte ihm nach:"Gute Nacht, Thomas." Ich lehnte mich gerade leicht gegen die Tür, als sie auch schon aufgerissen wurde. Hunderte von Fragen prasselten auf mich ein und ich konnte keiner Antworten, denn kaum hatte ich angesetzt kam auch schon die Nächste. Zusammen saßen wir auf meinem Bett und ich erzählte schön nach der Reihe, was sich alles ereignet hatte. "Du hast ihn ausgelacht?", fragten sie fassungslos und ich nickte grinsend. Jetzt im nachhinein fand ich das echt unhöflich. Er war den ganzen Abend über total nett zu mir und ich lachte ihn ohne ersichtlichen Grund aus.

In meinem Bett starrte ich noch gefühlte Stunden an die Decke und dachte einfach an das Joggen. Ich holte mein Handy raus, tippte meinen Pin ein und ging in meine Kontakte. Schweigend suchte ich nach meiner besten Freundin und ging dann hinaus auf den Gang. "Hallo?", fragte die Stimme meiner Freundin ins Telefon und ich sagte:"Hi, Laura." Schweigen entstand und für einen Moment dachte ich sie hatte aufgelegt, doch dann hörte ich ihren Atem und fragte:"Was geht bei euch so?" Wir quasselten eine Weile, dann musste ich auflegen und ins Bett gehen. Es hatte gut getan ihre Stimme zu hören, doch es fühlte sich nicht mehr wie früher an. Als wir zusammen gelacht hatten. Wir hatten uns voneinander distanziert und irgendwie kam ich damit klar. Ich hätte das nie gedacht, dass ich damit klar kam, dass ich meine beste Freundin verlor.

Das Internat (Thomas Sangster FF)Where stories live. Discover now